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Vertretung in Deutschland
Presseartikel27. April 2020Vertretung in DeutschlandLesedauer: 5 Min

Deutschland darf Fluggesellschaft Condor Staatshilfe zum Ausgleich von coronabedingten Einbußen gewähren

Die Europäische Kommission hat festgestellt, dass ein staatlich garantiertes Darlehen in Höhe von 550 Mio. Euro für die deutsche Charterfluggesellschaft Condor mit den EU-Beihilfevorschriften vereinbar ist. Mit der Maßnahme soll der...

Deutschland hat bei der Kommission eine Beihilfemaßnahme angemeldet, mit der die Einbußen teilweise ausgeglichen werden sollen, die der Charterfluggesellschaft Condor aufgrund der Annullierung oder Verschiebung von Flügen entstanden sind, seitdem Deutschland und viele Bestimmungsländer zur Eindämmung des Coronavirus Reisebeschränkungen verhängt haben.

Die Unterstützung wird in Form eines staatlich garantierten Darlehens in Höhe von 550 Mio. Euro von der deutschen Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) gewährt.

Die genaue Höhe der Einbußen, die Condor wegen des Coronavirus entstanden sind, wird nach Überwindung der Krise auf der Grundlage der Gewinn- und Verlustrechnung der Fluggesellschaft für das Jahr 2020 ermittelt. Die Methode zur Ermittlung der Einbußen muss zuvor von der Kommission genehmigt werden. Sollte die von Deutschland gewährte staatliche Unterstützung die Einbußen, die Condor tatsächlich aufgrund der Coronakrise erlitten hat, übersteigen, werden die zu viel gezahlten Beihilfen zurückgefordert. Mit anderen Worten muss also jeder Euro an öffentlicher Unterstützung, den Condor über die tatsächlich erlittenen Einbußen hinaus erhält, an Deutschland zurückgezahlt werden. Somit besteht keine Gefahr, dass Condor mehr staatliche Beihilfen erhält, als der Airline zusteht.

Die Kommission hat die Maßnahme auf der Grundlage von Artikel 107 Absatz 2 Buchstabe b des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) geprüft. Danach kann die Kommission Beihilfemaßnahmen für bestimmte Unternehmen oder Beihilferegelungen für Branchen genehmigen, die aufgrund außergewöhnlicher Ereignisse Einbußen erlitten haben.

Nach Auffassung der Kommission stellt der Ausbruch des Coronavirus ein außergewöhnliches Ereignis dar, da diese beispiellose Situation nicht vorhersehbar war und erhebliche Auswirkungen auf die Wirtschaft hat. Folglich sind Sondermaßnahmen der Mitgliedstaaten zum Ausgleich von Einbußen, die auf die Coronakrise zurückzuführen sind, gerechtfertigt.

Die Kommission hat festgestellt, dass mit der deutschen Maßnahme einen Teil der Einbußen von Condor ausgeglichen werden, die unmittelbar aus dem Ausbruch des Coronavirus resultieren. Außerdem ist sie zu dem Ergebnis gekommen, dass die Maßnahme angemessen ist, da der vorgesehene Ausgleich nicht über die erlittenen Einbußen hinausgeht.

Folglich steht die Maßnahme mit den EU-Beihilfevorschriften im Einklang.

Hintergrund

Condor ist eine deutsche Charterfluggesellschaft, die 126 Reiseziele in aller Welt bedient, wobei der Schwerpunkt auf Urlaubsreisen liegt.

Nach Einleitung der Abwicklung seiner Muttergesellschaft, der Thomas Cook Group, im Jahr 2019 befand sich Condor in einem Liquiditätsengpass und musste erhebliche Forderungen gegenüber anderen Unternehmen der Thomas Cook Group abschreiben, die nicht mehr eingetrieben werden konnten. Am 14. Oktober 2019 genehmigte die Kommission das Vorhaben Deutschlands, Condor ein Rettungsdarlehen von 380 Mio. Euro zu gewähren.

Seit dem Ausbruch des Coronavirus musste Condor – wie auch viele andere in der Luftfahrt tätige Unternehmen – seine Flugdienste stark zurückschrauben und verzeichnet daher hohe operative Verluste.

Die finanzielle Unterstützung aus EU- oder nationalen Mitteln für Gesundheitsdienste oder andere öffentliche Dienste zur Bewältigung der Coronakrise fällt nicht unter die Kontrolle staatlicher Beihilfen. Gleiches gilt für jegliche Finanzhilfen öffentlicher Stellen, die Bürgern direkt gewährt werden. Auch staatliche Unterstützungsmaßnahmen, die allen Unternehmen zur Verfügung stehen, wie z. B. Lohnzuschüsse oder die Stundung von Körperschaft- und Umsatzsteuern oder Sozialbeiträgen, fallen nicht unter die Beihilfenkontrolle und bedürfen keiner beihilferechtlichen Genehmigung der Kommission. In all diesen Fällen können die Mitgliedstaaten sofort handeln.

Wenn die Beihilfevorschriften hingegen gelten, können die Mitgliedstaaten im Einklang mit dem bestehenden EU-Beihilferahmen umfangreiche Maßnahmen zur Unterstützung bestimmter Unternehmen oder Wirtschaftszweige konzipieren, die von den Folgen des Coronavirus-Ausbruchs betroffen sind. Die Kommission hat am 13. März 2020 eine Mitteilung über eine koordinierte wirtschaftliche Reaktion auf die COVID-19-Pandemie angenommen‚ in der diese Möglichkeiten erläutert werden.

Laut dieser Mitteilung sind folgende Maßnahmen möglich:

  • Nach Artikel 107 Absatz 2 Buchstabe b AEUV können die Mitgliedstaaten bestimmte Unternehmen oder Branchen (über Einzelbeihilfen oder Beihilferegelungen) entschädigen, wenn diese durch außergewöhnliche Ereignisse, wie etwa durch den Coronavirus-Ausbruch, direkte Einbußen erlitten haben.
  • Zudem können die Mitgliedstaaten auf der Grundlage von Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe c AEUV Unternehmen unterstützen, die mit Liquiditätsengpässen zu kämpfen haben und dringend Rettungsbeihilfen benötigen.
  • Eine solche Unterstützung kann durch eine Reihe zusätzlicher Maßnahmen flankiert werden, z. B. im Rahmen der De-minimis-Verordnung oder der allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung‚ die von den Mitgliedstaaten ebenfalls unverzüglich und ohne Beteiligung der Kommission eingeführt werden können.

Zusätzlich zu den bereits im Rahmen des EU-Beihilferechts bestehenden Möglichkeiten hat die Kommission am 19. März 2020 einen Befristeten Rahmen angenommen, damit die Mitgliedstaaten den in den Beihilfevorschriften vorgesehenen Spielraum in vollem Umfang nutzen können, um die Wirtschaft nach dem Ausbruch des Coronavirus zu unterstützen. Der Befristete Rahmen wurde am 3. April 2020 geändert .

In diesem auf Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe b AEUV gestützten Rahmen wird anerkannt, dass das Wirtschaftsleben in der gesamten EU beträchtlich gestört ist. Zur Behebung dieser Störung sieht der Befristete Rahmen folgende Arten von Beihilfen vor: i) direkte Zuschüsse, rückzahlbare Vorschüsse und Steuervorteile; ii) staatliche Garantien für Bankdarlehen an Unternehmen; iii) vergünstigte öffentliche Darlehen an Unternehmen; iv) Zusicherungen für Banken, die staatliche Beihilfen an die Realwirtschaft weiterleiten; v) kurzfristige staatliche Exportkreditversicherungen; vi) Unterstützung für Forschung und Entwicklung (FuE) zum Coronavirus; vii) Unterstützung beim Bau und bei der Hochskalierung von Erprobungseinrichtungen; viii) Unterstützung für die Herstellung von Produkten, die für die Bewältigung des Coronavirus-Ausbruchs relevant sind; ix) gezielte Unterstützung in Form einer Steuerstundung und/oder Aussetzung der Sozialversicherungsbeiträge; x) gezielte Unterstützung in Form von Lohnzuschüssen für Arbeitnehmer.

Der Befristete Rahmen gilt bis Ende Dezember 2020. Um für Rechtssicherheit zu sorgen, wird die Kommission vor Ablauf dieser Frist prüfen, ob eine Verlängerung erforderlich ist.

Sobald alle Fragen im Zusammenhang mit dem Schutz vertraulicher Daten geklärt sind, wird die nichtvertrauliche Fassung des Beschlusses über das Beihilfenregister auf der Website der GD Wettbewerb der Kommission unter der Nummer SA.56867 zugänglich gemacht. Über neu im Internet oder im Amtsblatt veröffentlichte Beihilfebeschlüsse informiert der elektronische Newsletter State Aid Weekly e-News.

Weitere Informationen über den Befristeten Rahmen und andere Maßnahmen, die die Kommission zur Bewältigung der wirtschaftlichen Auswirkungen der Coronavirus-Pandemie ergriffen hat, sind hier abrufbar.

Pressekontakt: reinhard [dot] hoenighausatec [dot] europa [dot] eu (Reinhard Hönighaus), Tel.: +49 (30) 2280-2300

Anfragen von Bürgerinnen und Bürgern beantwortet das Team des Besucherzentrums ERLEBNIS EUROPA per frageaterlebnis-europa [dot] eu (E-Mail) oder telefonisch unter (030) 2280 2900.

Einzelheiten

Datum der Veröffentlichung
27. April 2020
Autor
Vertretung in Deutschland