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Vertretung in Deutschland
  • Presseartikel
  • 22. September 2020
  • Vertretung in Deutschland
  • Lesedauer: 5 Min

EU-Drogenbericht 2020: Rekordmengen an Kokain und Heroin beschlagnahmt

Die Zahl der Sicherstellungen von Kokain liegt auf Rekordniveau, die beschlagnahmte Menge an Heroin hat sich zuletzt fast verdoppelt. Das geht aus dem heute (Dienstag) vorgestellten EU-Drogenbericht 2020 hervor, der von der EU...

Kommissarin Johansson betonte weiter: „Die gestiegene Verfügbarkeit jeglicher illegaler Drogen erhöht die gesundheitlichen Risiken. Die neue EU-Agenda zur Drogenbekämpfung mit ihrem Aktionsplan für den Zeitraum 2021-2025 bildet den politischen und strategischen Rahmen für die wirksame und umfassende Bewältigung der drogenbedingten Herausforderungen für die Sicherheit und öffentliche Gesundheit durch den Einsatz aller einschlägigen Instrumente auf lokaler, nationaler, europäischer und globaler Ebene.“

Zu den neuen, im Bericht beschriebenen Entwicklungen gehören ein neuer Rekordwert bei den Kokainsicherstellungen und die Beschlagnahmung großer Heroinmengen, die zunehmende Herstellung synthetischer Drogen sowie Funde von hochpotentem Cannabis, neuen synthetischen Opioiden und Ecstasy-Tabletten mit einem hohen MDMA-Gehalt. Auf Basis von zeitnahen Studien der EMCDDA vom Frühjahr 2020 befasst sich der Bericht zudem mit COVID-19-bedingten Veränderungen in den Bereichen Drogenkonsum und Drogenmärkte. Die beobachteten Veränderungen könnten langfristig Auswirkungen auf die Arbeit europäischer Drogenhilfeeinrichtungen und Strafverfolgungsbehörden haben. Es wird befürchtet, dass für gefährdete Gruppen - zusätzlich zu den wirtschaftlichen Folgen der Pandemie - die während des Lockdowns entstandenen neuartigen Modelle der Drogenverbreitung die bereits bestehende problematische Drogenverfügbarkeit noch verschärfen könnten.

Die europäische Drogensituation bis zum Jahr 2020: die Kernthemen

In der diesjährigen Analyse traten folgende Kernthemen zutage:

Große Drogenlieferungen werden immer häufiger abgefangen. Die vermehrte Sicherstellung großer Mengen an Kokain, Cannabisharz und zunehmend auch Heroin, die auf dem Seeweg transportiert werden, lässt befürchten, dass organisierte kriminelle Gruppen die Lieferketten, Schifffahrtswege und großen Häfen infiltriert haben.

Kokain spielt beim Drogenproblem in Europa eine zunehmende Rolle. Der Reinheitsgrad von Kokain hat sich erhöht und mehr Menschen haben eine Erstbehandlung aufgenommen. Die Zahl der Sicherstellungen von Kokain liegt auf Rekordniveau (181 Tonnen, 110.000 Sicherstellungen).

Das Potenzial für einen vermehrten Heroinkonsum und die bereits bestehenden Schäden geben Grund zur Sorge . Im Jahr 2018 wurde fast doppelt so viel Heroin in der EU sichergestellt wie 2017 (ein Anstieg von 5,2 auf 9,7 Tonnen). Zudem gibt es weiter Berichte über die Herstellung von Heroin innerhalb Europas. Es ist daher mehr Wachsamkeit geboten, um die Anzeichen für ein wachsendes Konsuminteresse an dieser Droge zu erkennen. Opioidgestützte Substitutionsbehandlungen sind in einigen Ländern weiterhin nur begrenzt zugänglich.

Es ist wichtig, die Folgen von hochpotentem Cannabis und neuen Produkten für die öffentliche Gesundheit zu verstehen . Cannabisharz und Cannabiskraut weisen heute im Schnitt doppelt so viel THC auf wie noch vor zehn Jahren. Zu einer Zeit, da zudem neue Cannabisformen in Erscheinung treten (z. B. als konzentrierte oder essbare Droge), muss der Markt genau beobachtet werden.

Die Drogenherstellung in Europa hat zugenommen und ist vielfältiger geworden . Es werden weiterhin bekannte, aber auch neue Drogen in Europa hergestellt, und zwar für lokale sowie globale Märkte, belegt durch verstärkte Funde von Laboren und Produktionsstätten sowie eines breiteren Spektrums an Substanzen.

Die anhaltende Verfügbarkeit hochpotenter MDMA-Produkte belegt die Notwendigkeit einer besseren Aufklärung der Konsumierenden . Innovationen im Bereich synthetischer Drogen und deren verstärkte Herstellung in Europa zeigen sich in der anhaltenden Verfügbarkeit hochdosierter MDMA-Tabletten und von hochreinen MDMA-Pulvern, die ein erhebliches Gesundheitsrisiko für Konsumierende darstellen. Daher sind Maßnahmen zur Verhinderung von Schäden durch den Konsum von Drogen im Freizeitbereich erforderlich.

Die zunehmende Komplexität des Drogenmarktes birgt regulatorische Herausforderungen und gesundheitliche Risiken . Weniger verbreitete und nicht kontrollierte Substanzen scheinen in einigen Ländern zunehmend zum Problem zu werden, da größere Mengen an Ketamin, GHB und LSD sichergestellt wurden. Auch der Konsum von Distickstoffmonoxid (Lachgas) und neuen Benzodiazepinen bereitet Sorge.

Es sind neue Instrumente und innovative Strategien nötig, um die Behandlung von Hepatitis C zu unterstützen und auszuweiten. Menschen, die Drogen injizieren, müssen besseren Zugang zu Präventions-, Test- und Behandlungsmaßnahmen für Hepatitis C erhalten, um Infektionen in dieser Gruppe auszuschalten. Die Einführung besserer Diagnose- und Überwachungsmethoden zur Ermittlung von chronisch Infizierten ist für die gezielte Behandlung unerlässlich.

Drogenüberdosierungen sind zunehmend mit einer alternden Population verbunden. In der Gruppe der Über-50-jährigen nahm die Zahl der Überdosierungen von 2012 bis 2018 um 75 Prozent zu; 2018 starben in der EU schätzungsweise 8.300 Menschen aufgrund einer Überdosis. Todesfälle durch die Überdosierung von Opioiden lassen sich durch die rechtzeitige Gabe von Naloxon verhindern.

Neue psychoaktive Substanzen haben sich zu einem dauerhaften Problem entwickelt . In den vergangenen drei Jahren wurde nahezu wöchentlich eine Neue Psychoaktive Substanz (NPS) erstmals in Europa entdeckt; 2019 belief sich diese Zahl auf insgesamt 53.

Das Auftauchen neuer synthetischer Opioide demonstriert auf beunruhigende Weise die fortlaufende Anpassungsfähigkeit der Märkte . 2019 wurden acht neue nicht kontrollierte synthetische Opioide, einige davon aus diversen und neuartigen Gruppen, erstmalig entdeckt – eine mit Blick auf die öffentliche Gesundheit besorgniserregende Entwicklung.

Beschränkungen aufgrund von COVID-19: die Herausforderungen

Gestützt auf die Ergebnisse zeitnaher EMCDDA Studien zeigt der Bericht, wie zahlreiche Drogenhilfeeinrichtungen zu Beginn des Lockdowns zur Aufgabe oder Einschränkung ihrer Tätigkeit gezwungen waren, letztlich jedoch durch Anpassungen und Innovationen (z. B. Telemedizin) den schnellen Zugang zu Behandlungen und anderen Hilfsmaßnahmen sicherstellen konnten. Die Krise hatte anfänglich unterschiedliche Auswirkungen auf die Drogenkonsummuster. Es gab Hinweise auf ein nachlassendes Interesse an Stoffen, die häufig in Gesellschaft konsumiert werden (z. B. MDMA, Kokain), während der Konsum anderer Substanzen (z. B. Cannabis, neue Benzodiazepine) in einigen Gruppen zuzunehmen schien. Auf den lokalen Drogenmärkten war das Angebot zu Beginn eingeschränkt, was zu Verknappungen und Preisanstiegen führte. Dies dürfte sich mit der Lockerung der Maßnahmen zur sozialen Distanzierung jedoch wieder umkehren.

Der Bericht zeigt auch, dass organisierte kriminelle Gruppen ihr Vorgehen rasch änderten, besonders auf Ebene des Einzelhandels. Da der Straßenverkauf von Drogen durch die Einschränkung der Bewegungsfreiheit schwierig war, nutzten Konsumierende und Händler Onlinemärkte im Darknet, Social Media-Plattformen sowie Paket- und Heimlieferdienste. Die Beobachtung des Drogenmarktes zeigte, dass auf Großhandelsebene der Schmuggel auf dem Luftweg abnahm, während beim Schmuggel auf dem Seeweg gegenüber der Zeit vor der Pandemie keine Änderung erkennbar war. Auch die Herstellung synthetischer Drogen und der Cannabisanbau in Europa schienen weitgehend unbeeinflusst.

Weitere Informationen:

Vollständige Pressemitteilung: Gesundheit und Sicherheit in Europa durch Pandemiebeschränkungen und starken Drogenmarkt gefährdet

Drogenbericht 2020 (auf Englisch)

Pressekontakt: katrin [dot] ABELEatec [dot] europa [dot] eu ( Katrin Abele), Tel.: +49 (30) 2280-2140

Anfragen von Bürgerinnen und Bürgern beantwortet das Team des Besucherzentrums ERLEBNIS EUROPA per frageaterlebnis-europa [dot] eu (E-Mail) oder telefonisch unter (030) 2280 2900.

Einzelheiten

Datum der Veröffentlichung
22. September 2020
Autor
Vertretung in Deutschland