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Vertretung in Deutschland
Presseartikel11. Oktober 2017Vertretung in Deutschland

EU-Kommission ruft auf, die Bankenunion bis 2018 zu vollenden

Von besser integrierten Finanzmärkten und einem stabileren Finanzsystem profitieren sowohl die Bürger als auch die Unternehmen. Die Kommission hat heute Pläne vorgelegt, um die Bankenunion zu komplettieren. Dazu gehören neue Maßnahmen, mit denen...

Bankenunion

Die Bankenunion muss vollendet werden, wenn sie ihr volles Potenzial entfalten und die Wirtschafts- und Währungsunion (WWU) stabiler und widerstandsfähiger machen soll. Gleichzeitig gilt es, eine Übernahme von Risiken durch die öffentliche Hand in Grenzen zu halten. Dies ist von Vorteil für den gesamten Binnenmarkt.

Aufbauend auf den bereits erzielten erheblichen Fortschritten veröffentlicht die Kommission heute eine Mitteilung, in der ein ehrgeiziger, aber realistischer Fahrplan aufgezeigt wird, wie eine Einigung über alle noch ausstehenden Elemente der Bankenunion auf der Grundlage der bestehenden Zusagen des Rates verwirklicht werden kann.

Die heutigen Pläne wurden auch als Zusammenfassung mit Blick auf den Euro-Gipfel im kommenden Dezember vorgelegt, wo die Bankenunion Teil der Erörterungen zum Thema „Vertiefung der WWU“ sein wird. Zusammen mit der Kapitalmarktunion wird eine vollständige Bankenunion zu einem stabilen und integrierten Finanzsystem in der EU führen.

In seiner Rede zur Lage der Union hatte Kommissionspräsident Juncker bekräftigt, dass die Bankenunion nur funktionieren kann, wenn die Begrenzung und das Teilen von Risiken Hand in Hand gehen. Die Kommission hat bereits Maßnahmen vorgeschlagen, um Risiken weiter zu verringern und das Risikomanagement zu verbessern. Bereits im vergangenen November hatte die Kommission ein umfassendes Maßnahmenpaket zur Verringerung der Risiken mittels Änderungen der Rechtsvorschriften für den Bankensektor vorgeschlagen. Die Kommission fordert das Europäische Parlament und die Mitgliedstaaten zu raschen Fortschritten auf.

Des Weiteren schlägt sie trotz des aktuell rückläufigen Trends bei notleidenden Krediten (NPL) neue Maßnahmen vor, mit denen notleidende Kredite abgebaut und Geldinstitute dabei unterstützt werden sollen, ihre Investitionen in Staatsanleihen zu diversifizieren. In Bezug auf die Risikoteilung legt die Kommission einige Vorschläge vor, um Fortschritte in den Beratungen des Europäischen Parlaments und des Rates über ein europäisches Einlagenversicherungssystem (EDIS) zu erleichtern.

Damit sollen die Einlagen der Bürgerinnen und Bürger in der Bankenunion auf zentraler Ebene abgesichert werden, ein entscheidendes Element, das zur Vollendung der Bankenunion noch fehlt. Ferner zeigt sie auf, wie rasche Schritte in Richtung auf eine gemeinsame finanzielle Letztsicherung unternommen werden können, auf die sich die Mitgliedstaaten bereits 2013 geeinigt hatten. Mit einer solchen Letztsicherung sollen die Stabilität des Finanzsystems gewährleistet und ausreichende Mittel für den einheitlichen Abwicklungsfonds (SRF) bereit gestellt werden, damit dieser selbst im Falle eines gleichzeitigen Zusammenbruchs mehrerer großer Banken wirksam intervenieren kann.

Valdis Dombrovskis, Vizepräsident der Kommission mit Zuständigkeit für Finanzstabilität, Finanzdienstleistungen und die Kapitalmarktunion, erklärte: „Eine vollständige Bankenunion ist unerlässlich für die Zukunft der Wirtschafts- und Währungsunion und für ein Finanzsystem, das Wachstum und Beschäftigung fördert. Wir wollen einen Bankensektor, der Krisen absorbiert und eine Risikoteilung im Privatsektor praktiziert, damit nicht immer zuerst der Steuerzahler zur Kasse gebeten wird. Heute legen wir pragmatische Vorschläge vor, wie Risikoteilung und Risikoeingrenzung parallel vorangebracht werden können. Wir hoffen, dass damit die Verhandlungen in den gesetzgebenden Organen über einen Konsens in den verbleibenden Fragen bis 2018 vorangebracht werden.“

Wichtigste Punkte der Mitteilung

Rasche Einigung über das Bankenunion-Paket

Die Kommission ruft das Europäische Parlament und die Mitgliedstaaten auf, ihre Vorschläge zur Verringerung der Risiken und die Stärkung der Widerstandsfähigkeit der Banken in der EU so rasch wie möglich anzunehmen. Die Kommission hatte dieses umfassende Reformpaket im November 2016 vorgelegt. Die Vorschläge enthalten die verbleibenden Bestandteile der im Basler Ausschuss für Bankenaufsicht (BCBS) und im Rat für Finanzstabilität (FSB) vereinbarten Regeln. Sie sollen die infolge der Finanzkrise in die Wege geleiteten Reformen ergänzen und gewährleisten, dass die noch verbliebenen Gefahren für die Finanzstabilität angegangen werden. Gleichzeitig soll die Reform die Banken in die Lage versetzen, die Realwirtschaft weiterhin zu finanzieren.

Fortschritte in Bezug auf das europäische Einlagenversicherungssystem

Alle Einleger in der Bankenunion sollten unabhängig von ihrem Wohnort den gleichen Schutz genießen. Um die Schaffung eines einheitlichen europäischen Einlagenversicherungssystems (EDIS) und Fortschritte bei den laufenden Verhandlungen zu erleichtern, schlägt die Kommission jetzt mögliche Schritte in Bezug auf die Phasen und den Zeitplan des EDIS vor. Mit ihren Anregungen möchte die Kommission dazu beitragen, die im Europäischen Parlament und im Rat zutage getretenen Meinungsverschiedenheiten und Bedenken zu beheben. Insbesondere wird vorgeschlagen, die Einführung des EDIS gegenüber dem ursprünglichen Vorschlag vom November 2015 zu staffeln. Sie soll in zwei Stufen erfolgen und mit einer (kürzeren) Rückversicherungsphase beginnen, die dann in einer zweiten Stufe in eine Mitversicherung mündet. Allerdings würde der Übergang zu dieser zweiten Stufe an die Bedingung geknüpft, dass bei der Verringerung der Risiken Fortschritte erzielt wurden. In der Rückversicherungsphase des europäischen Einlagenversicherungssystems würde nur eine Liquiditätsdeckung für die nationalen Einlagensicherungssysteme bereitgestellt. Das heißt, dass das EDIS befristet Mittel zur Verfügung stellen würde, um die vollständige Auszahlung der besicherten Einlagen im Falle der Krise eines Geldinstituts sicherzustellen. Die nationalen Einlagensicherungssysteme müssten diese Mittel zurückzahlen und gewährleisten, dass etwaige Verluste weiter auf nationaler Ebene abgedeckt würden. In der Mitversicherungsstufe würde das EDIS zunehmend auch Verluste decken.

Eine fiskalische Letztsicherung für die Bankenunion

Bei Einführung des einheitlichen Abwicklungsmechanismus (Single Resolution Mechanism – SRM) waren sich die Mitgliedstaaten über die Bedeutung einer gemeinsamen Letztsicherung für den einheitlichen Abwicklungsfonds (Single Resolution Fund – SRF) für die Wahrung der Finanzstabilität einig. So soll gewährleistet werden, dass, nachdem die Privatanleger mittels des „Bail-In“ Verluste getragen haben, der Fonds über ausreichende Mittel verfügt, um die Abwicklung einer Großbank oder mehrerer Banken innerhalb eines kurzen Zeitraums bewältigen zu können. Die entstandenen Kosten werden vom Bankensektor zurückerlangt, um mittelfristig die Haushaltsneutralität der Maßnahmen zu sichern. Im Reflexionspapier der Kommission über die Vertiefung der Wirtschafts- und Währungsunion wurde eine Kreditlinie des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) als die wirksamste Option eingeschätzt. Diese Arbeiten sollten in das anstehende Paket der Kommission zur Vertiefung der WWU einfließen, zu dem auch ein Vorschlag zur Umwandlung des ESM in einen Europäischen Währungsfonds auf der Grundlage geltenden Unionsrechts zählen wird. In diesem Zusammenhang muss eine effiziente Beschlussfassung ermöglicht werden, damit die anvisierte Letztsicherung rasch eingesetzt werden kann, wenn sich das als erforderlich erweisen sollte.

Abbau der Bestände an notleidenden Krediten

Die Kommission arbeitet bereits an einem umfassenden Paket von Maßnahmen zum Abbau der notleidenden Kredite und zu ihrer Vermeidung in der Zukunft, wie am 11. Juli 2017 im Rat vereinbart. Das Paket, das im Frühjahr 2018 angenommen werden soll, wird Folgendes umfassen:

  • ein Modell für die nationalen Vermögensverwaltungsgesellschaften,

  • gesetzgeberische Maßnahmen zum weiteren Ausbau der Sekundärmärkte für notleidende Kredite und zur Verbesserung der Möglichkeiten der Kreditgeber zur Verwertung besicherter Darlehen,

  • einen Bericht über die Möglichkeit eines Gesetzgebungsvorschlags für gesetzlich vorgeschriebene aufsichtliche Rettungsschirme gegen die Unterausstattung neuer notleidender Kredite, und

  • einen Weg zur Förderung der Transparenz in Bezug auf notleidende Kredite in Europa.

Im ebenfalls heute veröffentlichten Beurteilungsbericht zum einheitlichen Aufsichtsmechanismus (SSM), in dem die Arbeit des SSM im ersten Jahr seines Bestehens insgesamt positiv beurteilt wird, erläutert die Kommission die Befugnisse der Aufsichtsbehörden zur Anpassung der Rückstellungen für notleidende Kredite für aufsichtsrechtliche Zwecke.

Mögliche Maßnahmen für Wertpapiere, die mit Staatsanleihen besichert werden

Um pragmatische Wege zur Lösung des Staaten-Banken-Nexus zu finden, verweist die Kommission auf die laufenden Arbeiten des Europäischen Ausschusses für Systemrisiken zur Verbriefung von Staatsanleihen (Sovereign Bond-Backed Securities – SBBS). Die Kommission wird die Ergebnisse dieser Arbeiten abwarten mit dem Ziel, im Jahr 2018 einen Vorschlag vorzulegen, der die Verbriefung von Staatsanleihen ermöglichen soll. Die Einführung von SBBS könnte dazu beitragen, dass die Banken ihre Bestände an Staatsanleihen diversifizieren. Sie könnten auch als eine neue Quelle hochwertiger Sicherheiten für grenzüberschreitende finanzielle Transaktionen dienen.

Eine Bankenaufsicht auf hohem Niveau erhalten

Wie in der Halbzeitüberprüfung der Kapitalmarktunion erwähnt wird die Kommission zudem im Dezember 2017 vorschlagen, dass große Wertpapierfirmen, die bankähnlichen Tätigkeiten nachgehen, als Kreditinstitute betrachtet und der Bankenaufsicht unterstellt werden. In der Bankenunion würden sie im Rahmen des einheitlichen Aufsichtsmechanismus (SSM) und damit auch durch die Europäische Zentralbank beaufsichtigt. Dadurch wird gewährleistet, dass die aufsichtsrechtlichen Vorschriften einheitlich angewandt werden und dass sowohl große Wertpapierfirmen als auch Kreditinstitute den gleichen hohen aufsichtsrechtlichen Standards unterliegen.

Hintergrund

Im Jahr 2012 legte die Kommission einen Vorschlag für eine Bankenunion vor, die den Bankensektor auf eine solidere Grundlage stellen und das Vertrauen in den Euro wiederherstellen sollte. Die Grundlage der Bankenunion sind strengere Aufsichtsanforderungen an die Geldinstitute. Zu ihren Bestandteilen zählen die Bankenaufsicht, Regeln für die Abwicklung notleidender Banken und ein besserer Einlegerschutz. Die beiden ersten Säulen wurden mit der Einrichtung des einheitlichen Aufsichtsmechanismus (SSM) und des einheitlichen Abwicklungsmechanismus (SRM) errichtet. Ein gemeinsames System für den Einlagenschutz wurde bislang jedoch noch nicht eingeführt. Im November 2015 hatte die Kommission einen Vorschlag für ein Europäisches Einlagenversicherungssystem (EDIS) vorgelegt.

Die Bankenunion kann nur dann voll zum Tragen kommen und alle erforderlichen Instrumente zur Bewältigung künftiger Krisen bereitstellen, wenn alle Teile vollständig eingeführt wurden. Im Bericht der fünf Präsidenten aus dem Jahr 2015 und im Reflexionspapier über die Vertiefung der Wirtschafts- und Währungsunion (WWU) wurde bereits die Vollendung der Bankenunion vor Ende des Jahres 2019 angemahnt. In der mit seiner Rede zur Lage der Union einhergehenden Absichtserklärung fordert Präsident Juncker die Vervollständigung aller Aspekte der Bankenunion bis 2018.

Weitere Informationen:

Fragen und Antworten zur heutigen Mitteilung

Factsheet

Mitteilung über die Vollendung der Bankenunion

Online-Informationen über die Bankenunion

Pressekontakt: reinhard [dot] hoenighausatec [dot] europa [dot] eu (Reinhard Hönighaus), Tel.: +49 (30) 2280-2300

Anfragen von Bürgerinnen und Bürgern beantwortet das Team des Besucherzentrums ERLEBNIS EUROPA per frageaterlebnis-europa [dot] eu (E-Mail) oder telefonisch unter (030) 2280 2900.

Einzelheiten

Datum der Veröffentlichung
11. Oktober 2017
Autor
Vertretung in Deutschland