Das Frühjahrspaket 2025 des Europäischen Semesters analysiert die wichtigsten wirtschaftlichen und sozialen Herausforderungen in der gesamten EU und bietet den Mitgliedstaaten politische Leitlinien zur Stärkung von Wettbewerbsfähigkeit, Wohlstand und Resilienz. Auf Basis detaillierter Länderberichte hat die Kommission länderspezifische Empfehlungen erarbeitet. Die Empfehlungen für Deutschland betreffen unter anderem die Verteidigungsausgaben, das Rentensystem, die Umsetzung des Wiederaufbau- und Resilienzplans, die Digitalisierung, den Ausbau erneuerbarer Energien, die Bildung und den Fachkräftemangel.
Stéphane Séjourné, Exekutiv-Vizepräsident für Wohlstand und Industriestrategie, erklärte: „Das Europäische Semester ist die Grundlage für einen stärker integrierten Ansatz der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten. Diese Kommission ist entschlossen, unsere Integration des Binnenmarktes zu vertiefen und die gemeinsamen Bemühungen um Wettbewerbsfähigkeit zu koordinieren. Die diesjährigen Empfehlungen sind die Kontinuität unserer Reformagenda und zielen darauf ab, die Mitgliedstaaten in ihrem Streben nach mehr Innovation, mehr dekarbonisierten Industrien und mehr strategischer Autonomie zu ermutigen.“
Die vorgelegten politischen Leitlinien kommen zu einer Zeit, in der das Handels- und Sicherheitsumfeld besonders volatil ist. Sie stehen in engem Zusammenhang mit dem Kompass für Wettbewerbsfähigkeit, dem Fünfjahresfahrplan der europäischen Kommission zur Stärkung der Widerstandsfähigkeit und des globalen Ansehens der EU.
Das vorgelegte Paket enthält auch die erste Bewertung der Fortschritte der Mitgliedstaaten im Rahmen des überarbeiteten Rahmens für die wirtschaftspolitische Steuerung und ihrer strukturellen haushaltspolitischen Pläne. Vor dem Hintergrund steigender Sicherheitsherausforderungen wird erstmals auch auf die nationale Ausweichklausel (NEC) im Rahmen des Stabilitäts- und Wachstumspakts zurückgegriffen. Ziel der Klausel ist es, den Übergang zu höheren Verteidigungsausgaben zu erleichtern und gleichzeitig die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen zu gewährleisten.
Gezielte Empfehlungen an die Mitgliedstaaten
In den Länderberichten 2025 werden die wirtschaftlichen, beschäftigungspolitischen und sozialen Entwicklungen in den einzelnen Mitgliedstaaten im Einklang mit den im Kompass für Wettbewerbsfähigkeit festgelegten Prioritäten bewertet. Die Mitgliedstaaten werden ermutigt, ihre Wettbewerbsfähigkeit zu steigern, indem sie die Innovationslücke schließen, die Dekarbonisierung im Einklang mit dem Clean Industrial Deal vorantreiben und übermäßige Abhängigkeiten verringern. Außerdem sollen sie die Sicherheit und Resilienz erhöhen, unter anderem durch den Aufbau von Verteidigungsfähigkeiten und die Förderung von Kompetenzen und hochwertigen Arbeitsplätzen, während gleichzeitig soziale Gerechtigkeit gewährleistet wird.
Um die Wettbewerbsfähigkeit in allen Sektoren zu fördern, werden im Kompass für Wettbewerbsfähigkeit fünf horizontale Voraussetzungen festgelegt, die sich auch in den länderspezifischen Empfehlungen widerspiegeln.
Die diesjährigen Länderberichten ziehen auch eine Bilanz der Umsetzung der Aufbau- und Resilienzpläne und der kohäsionspolitischen Programme. Da die Aufbau- und Resilienzfazilität (ARF) 2026 ausläuft, ist eine rasche und gezielte Umsetzung von entscheidender Bedeutung, wobei die meisten Mitgliedstaaten ihre Fortschritte beschleunigen müssen.
Parallel dazu veröffentlicht die Kommission heute eine Mitteilung über die Aufbau- und Resilienzfazilität bis 2026, um den Mitgliedstaaten Leitlinien für einen reibungslosen und erfolgreichen Abschluss des Instruments an die Hand zu geben. Die Kommission möchte auch die Umsetzung der Kohäsionspolitik beschleunigen und sich dabei auf die strategischen Prioritäten der Halbzeitüberprüfung konzentrieren.
Unter Berücksichtigung der politischen Ziele der EU bieten die diesjährigen länderspezifischen Empfehlungen Leitlinien, die auf die spezifischen Bedürfnisse der einzelnen Mitgliedstaaten zugeschnitten sind. Sie spiegeln den Umfang und die Dringlichkeit der erforderlichen Maßnahmen in drei Schlüsselbereichen wider:
- Fiskalpolitik, einschließlich Reformen zur Steigerung der Wirksamkeit der Steuerpolitik und der öffentlichen Ausgaben;
- Umsetzung des Aufbau- und Resilienzplans und der kohäsionspolitischen Programme;
- noch ausstehende und/oder neu auftretende strukturelle Herausforderungen mit Schwerpunkt auf dem Kompass für Wettbewerbsfähigkeit.
Länderspezifische Empfehlungen für Deutschland
Zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit empfiehlt die Europäische Kommission Deutschland die folgenden Punkte:
- Verstärkte Verteidigungsausgaben und Absicherung des Rentensystems: Die Gesamtausgaben für Verteidigung sollen verstärkt werden und der gesamtstaatliche Schuldenstand soll mittelfristig einem plausiblen Abwärtspfad folgen. Die nationale Ausweichklausel für Verteidigungsausgaben kann dabei angewendet werden. Öffentliche Investitionen sollen durch Abbau von Planungs- und Umsetzungshemmnissen verbessert werden. Außerdem sollen Transfers an die Rentenkasse begrenzt, die Effizienz der Staatsausgaben erhöht und das Rentensystem langfristig gesichert werden – unter anderem durch Förderung längerer Erwerbstätigkeit und weniger Anreize für Frühverrentung. Eine verbesserte Steuerstruktur soll inklusives Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit fördern, besonders für Zweitverdiener.
- Umsetzung des Wiederaufbau—und Resilienzplans: Angesichts der geltenden Fristen soll der Wiederaufbau- und Resilienzplan, einschließlich des REPowerEU-Kapitels, wirksam umgesetzt werden. Die Umsetzung der Kohäsionsprogramme (EFRE, JTF und ESF+) soll beschleunigt und dabei die Chancen der Halbzeitüberprüfung genutzt werden. EU-Instrumente wie InvestEU und die Plattform für strategische Technologien Europas sollen bestmöglich eingesetzt werden, um die Wettbewerbsfähigkeit zu stärken.
- Innovation und Digitalisierung: Innovation soll durch bessere Nutzung von Forschungsergebnissen und mehr öffentliche Mittel für transformative Innovationen gefördert werden. Die Diversifizierung der Wirtschaft, Unternehmensdynamik und private Investitionen sollen durch Unterstützung von Unternehmertum, besseren Finanzierungszugang für Start-ups, weniger Bürokratie und einfachere Regeln gestärkt werden. Die Digitalisierung der Verwaltung soll beschleunigt und die digitale Versorgung sowie die Zusammenarbeit zwischen Behörden verbessert werden. Der Ausbau leistungsstarker digitaler Netze soll zügig vorangetrieben und dabei auch der Privatsektor eingebunden werden. Wohnungsinvestitionen sollen durch einfachere Verfahren, Reformen im Mietrecht und die Mobilisierung von Bauland erleichtert werden, um die Wohnkostenproblematik anzugehen.
- Ausbau erneuerbare Energie: Die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen soll weiter verringert und der Ausbau erneuerbarer Energien gefördert werden. Investitionen sollen auf effiziente, integrierte Energiesysteme fokussiert werden, etwa durch Modernisierung des Stromnetzes, um den Ausbau erneuerbarer Energien kosteneffizient zu unterstützen und flexible Anpassungen an schwankende Nachfrage und Angebot zu ermöglichen. Die Dekarbonisierung von Gebäuden und Verkehr, inklusive der Modernisierung des Schienennetzes, soll beschleunigt werden.
- Förderung von Bildung und Bekämpfung des Fachkräftemangels: Die Arbeitskräftezahl soll erhöht und der Fachkräftemangel bekämpft werden, insbesondere durch mehr Arbeitsstunden, bessere Grund-, Umwelt- und Digitalkompetenzen sowie gezielte Anwerbung und Bindung von Talenten aus Nicht-EU-Ländern. Die Bildungsergebnisse sollen verbessert werden, unter anderem durch Förderung von Spitzenleistungen und gezielte Unterstützung benachteiligter Gruppen. Die Verfügbarkeit und Qualität von frühkindlicher Bildung und ganztägigen Schulen soll ausgebaut werden, um vor allem Betreuungspersonen, meist Frauen, zur Erwerbstätigkeit zu ermutigen und Chancengleichheit für alle Kinder zu fördern.
Stärkung der Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen
Mit dem Frühjahrspaket des Europäischen Semester 2025 wird das erste volle Jahr der makroökonomischen Überwachung im Rahmen des überarbeiteten Governance-Rahmens abgeschlossen. Darin werden die Fortschritte der Mitgliedstaaten bei der Umsetzung ihrer im vergangenen Herbst vorgelegten mittelfristigen strukturellen finanzpolitischen Pläne bewertet. Die Kommission prüft die Einhaltung, indem sie das prognostizierte Nettoausgabenwachstum mit den vom Rat festgelegten oder in den nationalen Plänen festgelegten Obergrenzen vergleicht.
Das diesjährige Paket unterstreicht die Flexibilität des überarbeiteten Rahmens, um auf unerwartete Herausforderungen zu reagieren. Im Rahmen des im März 2025 vorgelegten ReArm Europe Plan/Readiness 2030 schlug die Kommission die Aktivierung der nationalen Ausweichklausel vor, die es den Mitgliedstaaten ermöglicht, die maximalen Wachstumsraten der Nettoausgaben vorübergehend zu überschreiten, um die Verteidigungsausgaben anzukurbeln. Auf Antrag von 16 Mitgliedstaaten (Belgien, Bulgarien, Kroatien, Tschechien, Dänemark, Estland, Finnland, Deutschland, Griechenland, Ungarn, Lettland, Litauen, Polen, Portugal, Slowakei und Slowenien) hat die Kommission heute Empfehlungen an den Rat zur Aktivierung der nationalen Ausweichklausel für die betreffenden Länder angenommen.
Steuerliche Überwachung
In Bezug auf Mitgliedstaaten, die sich im Verfahren bei einem übermäßigen Defizit (EDP) befinden, ist die Kommission der Auffassung, dass für Frankreich, Italien, Ungarn, Malta, Polen und die Slowakei zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine weiteren Schritte im Rahmen des EDP für diese Länder unternommen werden müssen.
Für Belgien hat die Kommission nach Vorlage ihres mittelfristigen Plans einen neuen Korrekturpfad empfohlen, dessen Annahme durch den Rat noch aussteht. Obwohl das prognostizierte Nettoausgabenwachstum Belgiens im Jahr 2025 die Obergrenze dieser Empfehlung überschreitet, bleibt es innerhalb der Flexibilität, die die nationale Ausweichklausel bietet.
Im Gegensatz dazu liegt das Nettoausgabenwachstum Rumäniens deutlich über der Obergrenze seines Korrekturpfads, was eindeutige Risiken für die Korrektur seines übermäßigen Defizits bis 2030 birgt. Die Kommission empfiehlt daher dem Rat, einen Beschluss zu erlassen, mit dem festgestellt wird, dass Rumänien keine wirksamen Maßnahmen ergriffen hat.
Die Kommission hat auch die Fortschritte bei der Umsetzung der mittelfristigen Pläne von 18 Mitgliedstaaten bewertet. 12 Mitgliedstaaten (Österreich, Bulgarien, Kroatien, Tschechien, Dänemark, Estland, Finnland, Griechenland, Lettland, Litauen, Slowenien, Schweden) werden als mit dem empfohlenen maximalen Nettoausgabenwachstum vereinbar eingestuft, wobei gegebenenfalls die Flexibilität im Rahmen der nationalen Ausweichklausel zu berücksichtigen ist. Portugal und Spanien sind weitgehend konform, mit begrenzten Abweichungen von ihren empfohlenen Pfaden. Für Zypern, Irland, Luxemburg und die Niederlande sieht die Kommission jedoch das Risiko einer Abweichung von den vom Rat empfohlenen maximalen Wachstumsraten.
Die Kommission hat ferner einen Bericht gemäß Artikel 126 Absatz 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) erstellt, um die Einhaltung des Defizitkriteriums des Vertrags für vier Mitgliedstaaten zu bewerten: Österreich, Finnland, Lettland und Spanien. Angesichts der im Bericht enthaltenen Bewertung ist die Einleitung eines defizitbasierten Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit für Österreich gerechtfertigt. Nach Prüfung der Stellungnahme des Wirtschafts- und Finanzausschusses beabsichtigt die Kommission, dem Rat vorzuschlagen, Defizitverfahren gegen Österreich einzuleiten, und dem Rat Empfehlungen zur Beendigung des übermäßigen Defizits vorzuschlagen.
Bewertung makroökonomischer Ungleichgewichte
Die Europäische Kommission hat das Vorliegen makroökonomischer Ungleichgewichte in den zehn Mitgliedstaaten bewertet, die im Rahmen des Warnmechanismus-Berichts 2025 für eingehende Überprüfungen ausgewählt wurden. Während die wirtschaftliche Entwicklung im vergangenen Jahr dazu beigetragen hat, einige Ungleichgewichte in mehreren Mitgliedstaaten zu verringern, erhöht die zunehmende Unsicherheit bei der Verschiebung des Handelskontexts die Risiken.
Estland weist keine Ungleichgewichte auf, da die Schwachstellen im Zusammenhang mit der sich verschlechternden Preis- und Kostenwettbewerbsfähigkeit und den Wohnimmobilienpreisen derzeit begrenzt zu sein scheinen.
Zypern wird als Land mit „keinen Ungleichgewichten“ eingestuft, da die Anfälligkeiten im Zusammenhang mit der Auslands- und Privatverschuldung zurückgehen, was zum Teil auf ein starkes Wirtschaftswachstum zurückzuführen ist, während die Staatsverschuldung dank anhaltender Haushaltsüberschüsse abgebaut wird.
Deutschland wird auch als Land mit „keinen Ungleichgewichten“ eingestuft, da die Anfälligkeiten im Zusammenhang mit dem hohen Leistungsbilanzüberschuss im Laufe der Jahre zurückgegangen sind und in jüngster Zeit erhebliche politische Fortschritte angekündigt wurden.
Ungarn, Griechenland, Italien, die Niederlande, die Slowakei und Schweden weisen weiterhin Ungleichgewichte auf, da ihre Anfälligkeiten insgesamt nach wie vor relevant sind.
Rumänien weist weiterhin übermäßige Ungleichgewichte auf, da sich sein Haushalts- und Leistungsbilanzdefizit im Jahr 2024 vergrößerte und sich die Kostenwettbewerbsfähigkeit verschlechterte.
Beschäftigungspolitische Leitlinien und Herausforderungen im Bereich der sozialen Konvergenz
Im Rahmen des Europäischen Semesters 2025 schlägt die Kommission aktualisierte Leitlinien für die Beschäftigungspolitik der Mitgliedstaaten vor, mit denen fairere und inklusivere Arbeitsmärkte gefördert werden sollen. Aufbauend auf den im Dezember 2024 angenommenen beschäftigungspolitischen Leitlinien werden in der Aktualisierung 2025 die Kernprioritäten beibehalten und gleichzeitig an neue geopolitische Gegebenheiten und Initiativen wie die Union der Kompetenzen und den Kompass für Wettbewerbsfähigkeit angepasst.
Im Einklang mit dem Rahmen für soziale Konvergenz, der nun in den überarbeiteten Rahmen für die wirtschaftspolitische Steuerung eingebettet ist, hat die Kommission in jedem Mitgliedstaat eine zweistufige Analyse von Beschäftigung, Kompetenzen und sozialen Herausforderungen durchgeführt. Die Ergebnisse der ersten Stufe werden im Gemeinsamen Beschäftigungsbericht 2025 dargelegt, während die eingehendere Analyse der zweiten Stufe im April 2025 für zehn Mitgliedstaaten veröffentlicht wurde: Bulgarien, Estland, Griechenland, Italien, Litauen, Luxemburg, Rumänien, Spanien, Kroatien und Ungarn.
Insgesamt wurden in der zweiten Phase der Analyse Herausforderungen für die soziale Aufwärtskonvergenz in drei Mitgliedstaaten (Griechenland, Italien und Rumänien) ermittelt, wobei die politischen Reaktionen berücksichtigt wurden, die von den Mitgliedstaaten zur Bewältigung der festgestellten Risiken ergriffen oder geplant wurden. Die Ergebnisse der Analyse wurden im Mai vor der Annahme des Frühjahrspakets 2025 des Europäischen Semesters auch im Beschäftigungsausschuss und im Ausschuss für Sozialschutz mit den Mitgliedstaaten erörtert.
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Fragen und Antworten zum Frühjahrspaket 2025
Das Europäische Semester
Die Aufbau- und Resilienzfazilität
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Einzelheiten
- Datum der Veröffentlichung
- 4. Juni 2025
- Autor
- Vertretung in Deutschland