Die EU-Kommission will die EU besser rüsten, um einem Missbrauch des visumfreien Reiseverkehrs zu begegnen. Zu den Herausforderungen gehören etwa vermehrte irreguläre Einreisen infolge der mangelnden Angleichung an die EU-Visumpolitik, Staatsbürgerschaftsregelungen für Investoren in von der Visumpflicht befreiten Ländern oder hybride Bedrohungen wie die staatliche Instrumentalisierung von Migranten. Um entschlossener auf diese Herausforderungen reagieren zu können, hat die Kommission eine Überarbeitung des derzeitigen Visa-Aussetzungsmechanismus vorgeschlagen.
Kommissionsvizepräsident Margaritis Schinas sagte: „Der visumfreie Reiseverkehr ist ein wesentlicher Faktor, um direkte Kontakte zwischen den Menschen zu erleichtern und die geschäftlichen, sozialen und kulturellen Beziehungen zwischen der EU und ihren Partnerländern zu vertiefen. Um das Erreichte aufrechterhalten und auf weitere Länder ausweiten zu können, braucht es ständige Wachsamkeit. Deshalb schlagen wir heute einen stärkeren Mechanismus vor, der uns mit den entsprechenden Mitteln rüstet, um schnell gegen den Missbrauch des visumfreien Reiseverkehrs vorzugehen – insbesondere wo dieser zum Risiko irregulärer Migration oder zu Sicherheitsrisiken für die EU führt.“
Mit dem Vorschlag kommt Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ihrer Zusage im Vorfeld der Tagung des Europäischen Rates vom 20. März 2023 nach, den Mechanismus zur Aussetzung der Visumpflicht und die Überwachung der von der Visumpflicht befreiten Länder zu verstärken.
Stärkung des Visa-Aussetzungsmechanismus
Derzeit kann der Mechanismus nur in bestimmten Fällen ausgelöst werden, z. B. bei einem plötzlichem und beträchtlichen Anstieg der irregulären Migration oder Sicherheitsrisiken. Die vorgeschlagene Überarbeitung wird:
- die Gründe für die Aussetzung der Regelungen für visumfreies Reisen erweitern, etwa im Falle einer unzureichenden Angleichung an die Visumpolitik der EU, hybrider Bedrohungen und der Anwendung von Staatsbürgerschaftsregelungen für Investoren;
- die Dauer des derzeitigen Verfahrens verlängern, um Zeit für Abhilfemaßnahmen zu gewinnen. Es wird ein neues Dringlichkeitsverfahren eingeführt, um bei Bedarf – etwa bei einem starken Anstieg der Zahl der Neuankömmlinge oder einer Bedrohung der Sicherheit – schneller reagieren zu können;
- die Überwachungs- und Berichterstattungspflichten der Kommission gegenüber visumfreien Ländern stärken, in denen Herausforderungen festgestellt werden.
Sechster Bericht im Rahmen des Visa-Aussetzungsmechanismus
Dem Vorschlag beigefügt ist der sechste Bericht im Rahmen des Visa-Aussetzungsmechanismus.
Seit 2017 erstellt die Kommission im Rahmen des Visa-Aussetzungsmechanismus Jahresberichte. Der sechste Bericht befasst sich mit den Ländern des westlichen Balkans und der Östlichen Partnerschaft, die mit der EU einen Dialog über die Visaliberalisierung führen, sowie den Ländern im Pazifischen Ozean und in der Karibik, die über Staatsbürgerschaftsregelungen für Investoren verfügen.
Der Bericht kommt zu dem Schluss, dass alle acht Länder weitere Maßnahmen ergreifen müssen, um ihre Visumpolitik an die der EU anzugleichen, und ihre Bemühungen zur Verhinderung unbegründeter Asylanträge fortführen müssen. Weitere Anstrengungen sind zudem erforderlich, um irreguläre Migration zu verhindern sowie organisierte Kriminalität und Korruption zu bekämpfen. In dem Bericht werden auch die Bedenken der Kommission in Bezug auf Staatsbürgerschaftsregelungen für Investoren hervorgehoben, mit denen der visumfreie Zugang zur EU gefördert wird.
Nächste Schritte
Das Europäische Parlament und der Rat werden nun über den Kommissionsvorschlag zur Überarbeitung des Visa-Aussetzungsmechanismus verhandeln.
Hintergrund
Die EU verfügt derzeit über eine Regelung für visumfreies Reisen mit 60 Drittstaaten. Staatsangehörige dieser Länder können für Kurzaufenthalte von bis zu 90 Tagen je Zeitraum von 180 Tagen ohne Visum in den Schengen-Raum einreisen. Der Visa-Aussetzungsmechanismus wurde im Jahr 2013 mit dem Ziel eingeführt, im Falle eines plötzlichen und beträchtlichen Anstiegs der irregulären Migration eine vorübergehende Aussetzung der Befreiung von der Visumpflicht zu ermöglichen. Im Jahr 2017 wurde der Aussetzungsmechanismus überarbeitet, indem den Mitgliedstaaten die Mitteilung von Gegebenheiten, die zu einer Aussetzung führen können, erleichtert und der Kommission ermöglicht wurde, den Aussetzungsmechanismus auf eigene Initiative auszulösen.
Weitere Informationen:
Sechster Bericht im Rahmen des Visa-Aussetzungsmechanismus
Fünfter Bericht im Rahmen des Visa-Aussetzungsmechanismus
Verstärkter Visa-Aussetzungsmechanismus
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Einzelheiten
- Datum der Veröffentlichung
- 18. Oktober 2023
- Autor
- Vertretung in Deutschland