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Vertretung in Deutschland
  • Pressemitteilung
  • 16. Januar 2025
  • Vertretung in Deutschland
  • Lesedauer: 5 Min

Kartellrecht: EU-Kommission richtet ergänzende Mitteilung an Lufthansa, um Fluggäste auf der Strecke Frankfurt-New York zu schützen

Die Europäische Kommission hat Lufthansa eine ergänzende Mitteilung der Beschwerdepunkte übermittelt, in der sie ihre Absicht ankündigt, die Fluggesellschaft anzuweisen, Condor unter den von den beiden Fluggesellschaften im Juni 2024 vereinbarten Bedingungen wieder Zugang zu ihren Anschlussverbindungen vom und zum Flughafen Frankfurt zu gewähren.

Diese ergänzende Mitteilung und die etwaigen einstweiligen Maßnahmen sind Teil einer umfassenderen Untersuchung möglicher Wettbewerbsbeschränkungen auf den Atlantikverbindungen mehrerer Flughäfen des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) durch das transatlantische Gemeinschaftsunternehmen A++ von Lufthansa, United und Air Canada.

In der heutigen ergänzenden Mitteilung der Beschwerdepunkte, stellt die Kommission vorläufig fest, dass das transatlantische Gemeinschaftsunternehmen A++ den Wettbewerb auf der Strecke Frankfurt-New York beschränkt und dass mittels einstweiliger Maßnahmen, die es Condor ermöglichen, diese Strecke weiterhin zu bedienen, ein schwerer und nicht wiedergutzumachender Schaden für den Wettbewerb verhindert werden sollte.

Untersuchung des transatlantischen Gemeinschaftsunternehmens A++ durch die Kommission

Im Mai 2013 hatte die Kommission Verpflichtungszusagen von Air CanadaUnited und Lufthansa angenommen, mit denen die Unternehmen die vorläufigen Bedenken ausräumen wollten, dass ihr transatlantisches Gemeinschaftsunternehmen A++ den Wettbewerb bei der Erbringung von Beförderungsleistungen für Premium-Fluggäste auf der Strecke Frankfurt-New York beschränken könnte. Die Fluggesellschaften hatten sich damals u. a. verpflichtet, Wettbewerbern, die bereit waren, auf der Strecke Frankfurt-New York neu oder verstärkt tätig zu werden, Zeitnischen und Anschlussverbindungen zur Verfügung zu stellen. Diese Verpflichtungen waren zehn Jahre lang rechtsverbindlich.

Am 7. August 2024 leitete die Kommission ein Verfahren gegen Lufthansa, United und Air Canada ein, um einen möglichen Verstoß gegen Artikel 101 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) und/oder Artikel 53 des EWR-Abkommens in Form einer Wettbewerbsbeschränkung durch das transatlantische Gemeinschaftsunternehmen A++ auf den Atlantikverbindungen mehrerer EWR-Flughäfen zu prüfen.

Am selben Tag übermittelte die Kommission Lufthansa eine Mitteilung der Beschwerdepunkte, in der sie zu dem vorläufigen Schluss kam, dass einstweilige Maßnahmen erforderlich sein könnten, um die Wirksamkeit eines künftigen endgültigen Kommissionsbeschlusses zu gewährleisten.

Die einstweiligen Maßnahmen der Kommission

Unabhängig von den Verpflichtungszusagen von 2013 schlossen Lufthansa und Condor mehrere Vereinbarungen, die es Condor ermöglichten, zu besonderen Bedingungen Zugang zum Kurzstreckennetz von Lufthansa, das u. a. zur Versorgung ihrer Langstreckenflüge dient, zu erhalten (im Folgenden „spezielle Prorata-Vereinbarungen“). Im Jahr 2021 stieg Condor in den Wettbewerb auf der Strecke Frankfurt-New York ein und hat seinen Betrieb auf dieser Strecke seitdem nicht zuletzt dank ihres Zugangs zum Lufthansa-Kurzstreckennetz aufgrund der speziellen Prorata-Vereinbarungen ausweiten können.

Im Jahr 2020 setzte die Lufthansa Condor von ihrer Absicht in Kenntnis, die speziellen Prorata-Vereinbarungen zu kündigen. Allerdings trafen die beiden Gesellschaften Übergangsregelungen zur Aufrechterhaltung des Zubringerverkehrs für Condor durch Lufthansa, die nach verschiedenen Urteilen deutscher Gerichte im Dezember 2024 außer Kraft traten.

In diesem Zusammenhang hatte die Kommission Bedenken, dass Condor ohne die Übergangsregelungen nicht mehr in der Lage sein könnte, die Strecke Frankfurt-New York wirtschaftlich zu betreiben, und somit vom Markt verdrängt werden könnte. Damit dürfte sich die Wettbewerbsstruktur auf der Luftverkehrsstrecke Frankfurt-New York, die bereits durch den mit dem Gemeinschaftsunternehmen A++ einhergehenden Verlust des Wettbewerbs zwischen den A++-Partnern beeinträchtigt wird, voraussichtlich weiter verschlechtern.

Die Kommission hat daher beschlossen, ihre Mitteilung der Beschwerdepunkte vom August 2024 um eine weitere Mitteilung der Beschwerdepunkte zu ergänzen, in der sie vorläufig feststellt, dass das transatlantische Gemeinschaftsunternehmen A++ auf den ersten Blick den Wettbewerb im Linienverkehr auf der Flugstrecke Frankfurt-New York beschränkt und einstweilige Maßnahmen erforderlich sind, um zu verhindern, dass auf diesem Markt ein schwerer und nicht wieder gutzumachender Schaden für den Wettbewerb entsteht.

Um die Wirksamkeit eines abschließenden Beschlusses in der Untersuchung des transatlantischen Gemeinschaftsunternehmens A++ zu gewährleisten, vertritt die Kommission in ihrer heutigen ergänzenden Mitteilung der Beschwerdepunkte die Auffassung, dass Lufthansa die Übergangsregelungen über den Zubringerverkehr für Condor zum und vom Flughafen Frankfurt, auf die sich die beiden Fluggesellschaften im Juni 2024 geeinigt hatten, wieder in Kraft setzen sollte.

Hintergrund

Die weltweit aufgestellte Luftverkehrsgesellschaft Lufthansa mit Sitz in Deutschland bietet Passagier- und Frachtflüge im In- und Ausland an. Das Unternehmen betreibt ein Luftverkehrsnetz mit Drehkreuzen an den Flughäfen Frankfurt, München, Brüssel, Zürich und Wien. Die Lufthansa ist Mitglied des Transatlantik-Gemeinschaftsunternehmens A++ und der Luftfahrtallianz Star Alliance.

Die ebenfalls in Deutschland ansässige Condor bietet Personenbeförderungsleistungen im Kurz- und Langstreckenflugverkehr an. Condor führt Linien- und Charterflüge zwischen deutschen Flughäfen und Zielen im Mittelmeerraum, Asien, Afrika, Nordamerika, Südamerika und der Karibik durch. Ihr Hauptstützpunkt ist der Flughafen Frankfurt.

Das transatlantische Gemeinschaftsunternehmen A++ umfasst Lufthansa, United und Air Canada. Die drei Unternehmen arbeiten bei der Preisgestaltung, der Flugplanung, der Kapazität und der Vermarktung auf transatlantischen Strecken, die ihre Drehkreuzflughäfen verbinden, sowie bei Anschlussverbindungen zwischen diesen Drehkreuzen und weiteren Flughäfen in Europa und Nordamerika zusammen.

Unter Zubringerverkehr oder Anschlussverbindungen versteht man Flüge, mit denen Fluggäste zu einem Drehkreuzflughafen befördert werden, von dem aus sie Langstreckenflüge antreten. So dienen viele Kurzstreckenflüge vor allem dazu, das Langstreckennetz über das direkte Einzugsgebiet eines Drehkreuzflughafens hinaus anzubinden, was es der Fluggesellschaft ermöglicht, ihre Langstreckenflugzeuge besser auszulasten. Die wichtigsten Arten von Vereinbarungen über den Zubringerverkehr sind: a) Interlining-Vereinbarungen nach dem einschlägigen IATA-Muster, b) spezielle Prorata-Vereinbarungen, c) Codesharing-Vereinbarungen und d) Luftverkehrs-Allianzen.

Verfahrenshintergrund

Nach Artikel 101 AEUV und Artikel 53 des EWR-Abkommens sind Vereinbarungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, die den Handel beeinträchtigen und den Wettbewerb verhindern oder einschränken können, verboten. Wie Artikel 101 AEUV umzusetzen ist, regelt die Verordnung 1/2003. 

Nach Artikel 8 Absatz 1 der Verordnung 1/2003 kann die Kommission einstweilige Maßnahmen anordnen, wenn auf den ersten Blick eine Zuwiderhandlung gegen das Wettbewerbsrecht vorliegt und Schutzmaßnahmen dringend erforderlich sind, weil die Gefahr eines ernsten, nicht wieder gutzumachenden Schadens für den Wettbewerb besteht.

Für den Abschluss eines kartellrechtlichen Prüfverfahrens gibt es keine gesetzlich festgelegte Frist. Die Dauer eines solchen Verfahrens hängt unter anderem von der Komplexität des Falls, der Bereitschaft der betreffenden Unternehmen, mit der Kommission zu kooperieren, und der Ausübung der Verteidigungsrechte ab.

Weitere Informationen 

Vollständige Pressemitteilung

Website der Kommission zum Thema Wettbewerb im öffentlich zugänglichen Register unter der Nummer der Wettbewerbssache AT.40940

Pressekontakt: Martha Schillmöller, Tel.: +49 30 2280-2200. Mehr Informationen zu allen Pressekontakten hier

Anfragen von Bürgerinnen und Bürgern beantwortet das Team des Besucherzentrums ERLEBNIS EUROPA per frageaterlebnis-europa [dot] eu (E-Mail) oder telefonisch unter (030) 2280 2900. 

Einzelheiten

Datum der Veröffentlichung
16. Januar 2025
Autor
Vertretung in Deutschland