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Vertretung in Deutschland
Presseartikel2. Juni 2016Vertretung in DeutschlandLesedauer: 3 Min

Kollaborative Wirtschaft: EU-Kommission will rechtliche Klarheit für neue Geschäftsmodelle schaffen

Dienstleistungen und Portale der kollaborativen Wirtschaft sind in Europa in den vergangenen Jahren schnell gewachsen. Dazu zählen nicht nur bekannte Beispiele wieder Mitfahrdienst Uber und der Bettenvermittler Airbnb, sondern auch deutsche Portale...

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(2.6.2016) -Die heute vorgelegte Mitteilung „Europäische Agenda für die kollaborative Wirtschaft“ enthält Leitlinien, wie das bestehende EU-Recht in diesem dynamischen und sich schnell entwickelnden Bereich angewandt werden sollte.

Nationale und lokale Behörden reagieren auf die neuen Geschäftsmodelle mit einem Flickwerk verschiedener Regulierungsmaßnahmen. Ein Beispiel hierfür sind Kurzzeitvermietungen. Städte wie London, Paris oder Amsterdam gehen mit diesen Dienstleistungen relativ flexibel um, während das deutsche Zweckentfremdungsgesetz die Nutzung von Wohneigentum für andere Zwecke als die beabsichtigte Verwendung verbietet und ein sehr striktes regulatives Umfeld für Kurzzeitvermietungen vorsieht.

Der für Arbeitsplätze, Wachstum, Investitionen und Wettbewerbsfähigkeit zuständige Vizepräsident der Europäischen Kommission, Jyrki Katainen, erklärte zu den heute vorgestellten Leitlinien: „Die europäische Wirtschaft braucht Produkt- und Dienstleistungsinnovationen, wenn sie wettbewerbsfähig bleiben will. Der nächste Schritt könnte hier von der kollaborativen Wirtschaft ausgehen. Unsere Rolle ist, auf ein rechtliches Umfeld hinzuwirken, in dem sich neue Geschäftsmodelle entwickeln können und zugleich für Verbraucherschutz, gerechte Besteuerung und faire Arbeitsbedingungen gesorgt wird.“

EU-Kommissarin Elżbieta Bieńkowska, zuständig für Binnenmarkt, Industrie, Unternehmertum und KMU, sagte: „Wenn wir eine Zersplitterung des Binnenmarkts auf der Ebene der Mitgliedstaaten oder sogar auf lokaler Ebene zulassen, besteht die Gefahr, dass ganz Europa dabei verliert. Wir bieten jetzt Behörden und Marktteilnehmern rechtliche Orientierungshilfen für die ausgewogene und nachhaltige Entwicklung dieser neuen Geschäftsmodelle. Wir rufen die Mitgliedstaaten auf, ihre Vorschriften vor diesem Hintergrund zu prüfen, und sind bereit, ihnen dabei Hilfestellung zu leisten.“

Die Mitteilung bietet Klarstellungen zu wichtigen Fragen, mit denen sowohl Marktteilnehmer als auch Behörden konfrontiert sind, z. B.:

  • Welche Marktzugangsanforderungen können auferlegt werden? Eine Genehmigungs- oder Zulassungspflicht für Dienstleistungsanbieter sollte nur dann bestehen, wenn es im Sinne relevanter, im Allgemeininteresse liegender Ziele unbedingt erforderlich ist. Absolute Verbote einer Tätigkeit sollten das letzte Mittel bleiben. Plattformen sollten keinen Genehmigungs- oder Zulassungsanforderungen unterliegen, wenn sie lediglich als Vermittler zwischen Verbrauchern und den Anbietern der eigentlichen Dienstleistung auftreten (z. B. Beförderung oder Unterkunft). Außerdem sollten die Mitgliedstaaten zwischen Einzelpersonen, die gelegentlich Dienstleistungen erbringen, und gewerbsmäßigen Anbietern unterscheiden, beispielsweise anhand von Schwellenwerten für den Umfang der Tätigkeit.
  • Wer ist haftbar, wenn es zu Problemen kommt? Gemeinsame Plattformen können von der Haftung für Informationen, die sie im Namen von Dienstanbietern speichern, ausgenommen werden. Sie sollten jedoch nicht von der Haftung für von ihnen selbst angebotene Dienstleistungen wie Zahlungsabwicklungen ausgenommen werden. Die Kommission ruft die gemeinsamen Plattformen dazu auf, weiter auf freiwilliger Basis gegen gesetzeswidrige Online-Inhalte vorzugehen und das Vertrauen so zu stärken.
  • Wie werden die Nutzer durch das EU-Verbraucherrecht geschützt? Die Mitgliedstaaten sollten dafür sorgen, dass Verbraucher gut vor unlauteren Geschäftspraktiken geschützt werden, ohne dass unverhältnismäßige Pflichten für Privatpersonen entstehen, die nur gelegentlich Dienstleistungen erbringen.
  • Wann liegt ein Arbeitsverhältnis vor? Das Arbeitsrecht liegt überwiegend in der Zuständigkeit der Mitgliedstaaten und wird durch EU-Mindestsozialstandards und die EU-Rechtsprechung ergänzt. Die Mitgliedstaaten wollen bei der Entscheidung, ob jemand als Beschäftigter einer Plattform gilt, möglicherweise Kriterien wie das Vorliegen eines Abhängigkeitsverhältnisses, die Art der Arbeit und die Frage der Entlohnung heranziehen.
  • Welche Steuervorschriften finden Anwendung? Wie andere Marktteilnehmer auch müssen Dienstleistungsanbieter und Plattformen der kollaborativen Wirtschaft Steuern zahlen. Dabei handelt es sich um Einkommen-, Körperschaft- und Mehrwertsteuer. Die Mitgliedstaaten sind aufgerufen, die Anwendung der Steuervorschriften in der kollaborativen Wirtschaft weiter zu vereinfachen und klarer zu gestalten. Die Plattformen der kollaborativen Wirtschaft sollten uneingeschränkt mit den nationalen Behörden kooperieren, um Wirtschaftstätigkeiten zu erfassen und die Steuererhebung zu erleichtern.

In der Mitteilung werden die EU-Mitgliedstaaten aufgefordert, die bestehenden Rechtsvorschriften im Sinne der Leitlinien zu prüfen und gegebenenfalls zu ändern. Die Kommission wird das sich rasch ändernde rechtliche Umfeld und die wirtschaftlichen Entwicklungen überwachen. Sie wird Veränderungen der Preise und der Qualität der Dienstleistungen verfolgen sowie mögliche Hindernisse und Probleme aufzeigen, die auf voneinander abweichende nationale Regelungen oder Regelungslücken zurückgehen.

Weitere Informationen:

Pressemitteilung: Europäische Agenda für die kollaborative Wirtschaft

Häufig gestellte Fragen

Mitteilung zur europäischen Agenda für die kollaborative Wirtschaft

Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen: Europäische Agenda für die kollaborative Wirtschaft – Ergänzende Analyse

Die kollaborative Wirtschaft auf der Website der Kommission

Zusammenfassung der öffentlichen Konsultation zur kollaborativen Wirtschaft

Eurobarometer-Umfrage zur Nutzung gemeinsamer Plattformen

Pressekontakt: katrin [dot] ABELEatec [dot] europa [dot] eu (Katrin Abele), Tel.: +49 (30) 2280-2140

Anfragen von Bürgerinnen und Bürgern beantwortet das Team des Besucherzentrums ERLEBNIS EUROPA per frageaterlebnis-europa [dot] eu (E-Mail) oder telefonisch unter (030) 2280 2900.

Einzelheiten

Datum der Veröffentlichung
2. Juni 2016
Autor
Vertretung in Deutschland