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Vertretung in Deutschland
Pressemitteilung8. September 2022Vertretung in Deutschland

Kommission überprüft Umsetzung von EU-Umweltrecht in Deutschland und den anderen EU-Staaten

Auf dem Bild sieht man ein Piktogram innerhalb eines weißen Kreises. In der Mitte des Kreises ist die Erde dargestellt, unten recht sieht man im Kreis der Erde außerdem ein kleines Herz. Oben rechts wird der große Kreis des Piktograms durche einen kleineren Kreis durchbrochen, in dem sich dargstelle Blätter befinden. Unten links wird der große Kreis des Piktograms durch einen kleinen Kreis unterbrochen, in dem sich eine Darstellung (Blätter + eine Stecker) für grünen Strom befindet. Der Hintergrund ist lila

Deutschland kann generell eine gute Bilanz bei der Umsetzung von EU-Umweltrecht vorweisen, auch gibt es ein ausgeprägtes Umweltbewusstsein in der Bevölkerung. Die relativ hohe Bevölkerungsdichte und die intensive Landwirtschaft setzen allerdings Biodiversität und Wasserressourcen unter Druck. So ist die Grundwasserqualität in den vergangenen Jahren nicht gestiegen, und es bestehen anhaltende, akute Probleme mit der Eutrophierung von Nord- und Ostsee. Das zeigt die dritte „Überprüfung der Umsetzung der Umweltpolitik“ (Environmental Implementation Review, EIR), die EU-Umweltkommissar Virginijus Sinkevičius in Brüssel vorgestellt hat. Sie nimmt die Umsetzung von gemeinsam beschlossenem EU-Umweltrecht in den 27 EU-Staaten unter die Lupe.

Sinkevičius sagte zu den europaweiten Ergebnissen: „Die diesjährige Überprüfung ist ein Aufruf zum Handeln. Obwohl seit der letzten Überprüfung in einigen Bereichen Fortschritte zu verzeichnen sind, macht es mir Sorgen, dass sich die Umsetzungslücke in anderen Bereichen weiter vergrößert, wodurch unsere Verwundbarkeit durch Umweltverschmutzung und durch die damit verbundenen Risiken zunimmt. Durch die Analyse erhalten die Mitgliedstaaten die Instrumente und Informationen, die sie benötigen, um die Umweltvorschriften besser umzusetzen und unsere Gesundheit ebenso wie die Umwelt besser zu schützen. Diese Chance sollte nicht ungenutzt bleiben!“

Die Überprüfung der Umsetzung der Umweltpolitik beschreibt gemeinsame Trends und zieht Schlussfolgerungen, die auf der Auswertung von 27 Länderberichten zum Stand der Umsetzung des EU-Umweltrechts basieren. Sie enthält eine Fülle von Informationen darüber, wie gut die Regierungen in der EU die Qualität der Luft und des Wassers und die Natur zu schützen wissen.

Länderbericht Deutschland: Wichtigste Ergebnisse

Als zentrale Herausforderungen in Deutschland listet die Kommissionanalyse neben der Grundwasserqualität die folgenden:

  • Zustand der Oberflächengewässer: In Deutschland sind nur 8,1 Prozent aller Oberflächengewässer in gutem ökologischen Zustand. Bei vielen Gewässern wurden die Umweltziele bis zum Jahr 2021 nicht erreicht und könnten sogar 2027 verfehlt werden.
  • Biodiversität: Der Anteil von Lebensräumen und Arten, die sich in gutem Zustand befinden, ist leicht gestiegen, der Anteil von Arten in ungünstigem Zustand jedoch auch. Deutschlands Natura-2000-Netzwerk ist inzwischen beinahe vollständig, doch aus Sicht der Kommission sind die gesetzten Ziele und Maßnahmen für besondere Erhaltungsgebiete noch nicht zufriedenstellend.
  • Umweltsteuern: Die Verlagerung der Besteuerung von Arbeit auf Umweltbelastung und der Abbau umweltschädlicher Subventionen bleiben eine Herausforderung – relativ zum BIP zählt Deutschland zu den Mitgliedstaaten mit dem niedrigsten Umweltsteueraufkommen in der EU.

Die wichtigsten Fortschritte wurden hingegen in den folgenden Bereichen gemacht:

  • Luftqualität: Was die Luftqualität betrifft, konnten weitere Fortschritte verbucht werden. 2020 wurden bei Feinstaub (PM10) keine Grenzwerte mehr überschritten, und die Anzahl der Luftqualitätsgebiete, die überschrittene Grenzwerte für Stickstoffdioxid (NO2) meldeten, sank gegenüber 2017 von 35 auf 5.
  • Abfallmanagement: Beim Abfallmanagement hat Deutschland in puncto Wiederverwertung nach wie vor eine Führungsrolle. Deutschland war der erste EU-Mitgliedstaat, der im Rahmen der neu eingeführten Abfallvermeidungsmaßnahmen den Produzenten und Händlern eine allgemeine „Sorgfaltspflicht“ auferlegte, um zu vermeiden, dass zurückgegebene Waren als Abfall enden.
  • Klimaziele: Im Juli 2021 verschärfte Deutschland seine verbindlichen Klimaziele: Klimaneutralität bis 2045 und Senkung der Treibhausgasemissionen bis 2030 um 65 Prozent gegenüber 1990. Deutschland fährt öffentliche Investitionen deutlich hoch, unterstützt durch Mittel aus dem Aufbau- und Resilienzplan.

Europaweite Trends

Die Überprüfung der Kommission zeigt den Sachstand in den wichtigsten Bereichen der Umweltpolitik europaweit auf.

Bei der Biodiversität ist demnach weiterhin ein Rückgang zu verzeichnen. Zu den Lebensräumen in der EU, deren Zustand besonders schlecht ist, zählen naturnahes Grünland, Moore, Sümpfe und Flachmoore. Die Wälder stehen unter enormem Druck. 

Bei der Erreichung eines guten Zustands des Wassers geht es nur langsam voran. In einigen Mitgliedstaaten kam es bei der Einführung der wichtigsten Instrumente, um dieses Problem in den Griff zu bekommen, zu Verzögerungen. Des Weiteren sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, zeitnah Hochwasserrisikomanagementpläne auszuarbeiten. Auch hinsichtlich der Durchführungsbestimmungen im Trinkwasserbereich besteht in einigen Ländern weiterhin Anlass zur Besorgnis. Hinzu kommt, dass die Umsetzung der EU-Vorschriften über Nitrat und über die kommunale Abwasserbehandlung wegen unzureichender Planung und Infrastruktur trotz der Verfügbarkeit von EU-Mitteln nur schleppend vorangekommen ist.

Zwar verfügen die meisten Mitgliedstaaten über nationale Strategien und Aktionspläne für die Kreislaufwirtschaft, aber die Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten in Bezug auf die Ressourcenproduktivitätsquote und den Anteil kreislauforientiert verwendeter Materialien sind beträchtlich. Die Abfallvermeidung stellt nach wie vor eine Herausforderung für alle Mitgliedstaaten dar und in einigen Ländern sind immer noch Deponien in Betrieb, die nicht den Vorschriften entsprechen.

Von der Luftverschmutzung geht weiterhin eine erhebliche Gefahr für die Gesundheit der Europäerinnen und Europäer aus. Die Mitgliedstaaten müssen die Anforderungen zur Überwachung der Luftqualität systematisch und kohärent erfüllen, um die Luftreinheit auf nationaler Ebene und in der gesamten EU zu gewährleisten.

Insgesamt ist die Umsetzung der Klimavorschriften in der gesamten EU gut vorangekommen. Jetzt gilt es das Maßnahmenpaket zu verabschieden und umzusetzen, mit dem das im Europäischen Klimagesetz festgelegte Ziel, die Netto-Treibhausgasemissionen bis 2030 um mindestens 55 Prozent zu verringern, verwirklicht werden kann. Die Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel müssen jedoch in jedem einzelnen Mitgliedstaat und auf EU-Ebene intensiviert werden, um seinen immer gravierenderen Auswirkungen zu begegnen. Geeignete Maßnahmen zur Vermeidung und/oder Minimierung der durch den Klimawandel verursachten Schäden bringen erhebliche wirtschaftliche, ökologische und soziale Vorteile mit sich.

Mehr Investitionen und besseres Umweltmanagement gebraucht

Etliche Mitgliedstaaten müssen dafür sorgen, dass mehr Finanzmittel zur Verfügung stehen, um den Investitionsbedarf im Hinblick auf die Verwirklichung der Umweltziele und -prioritäten zu decken. In der Überprüfung werden erstmals für jeden Mitgliedstaat die für die Umsetzung der Umweltpolitik verfügbaren Mittel mit dem Investitionsbedarf verglichen. Zur Verwirklichung der Umweltziele besteht in der EU ein Investitionsbedarf von 110 Milliarden Euro pro Jahr. Fast zwei Drittel der Investitionslücke im Umweltbereich betreffen die Bekämpfung der allgemeinen Umweltverschmutzung sowie den Schutz und die Bewirtschaftung der Gewässer.

Die Anpassung und der Ausbau der Verwaltungskapazität der Mitgliedstaaten sind für die Einhaltung und Umsetzung des EU-Umweltrechts ebenso wichtig wie ein wirksamer Zugang zu Gerichten auf nationaler Ebene. Dies sind die Grundpfeiler des Umweltmanagements. In den meisten Mitgliedstaaten besteht jedoch noch Verbesserungsbedarf in Bezug auf den Zugang der Öffentlichkeit zu Gerichten, um Entscheidungen, Handlungen oder Unterlassungen anzufechten, insbesondere wenn es um die Planung in den Bereichen Wasser, Natur und/oder Luftqualität geht. Die meisten Mitgliedstaaten müssen außerdem die Öffentlichkeit besser über ihre Rechte auf Zugang zu Gerichten informieren.

Hintergrund

Die erste Überprüfung der Umsetzung der Umweltpolitik wurde im Februar 2017 verabschiedet. Die Überprüfung ergänzt die Politik der Europäischen Kommission für eine bessere Rechtsetzung zur Verbesserung der Umsetzung bestehender Rechtsvorschriften und Strategien. Seit Einführung der Überprüfungen haben viele Mitgliedstaaten nationale Dialoge organisiert, um die in ihren Berichten herausgearbeiteten Prioritäten zu erörtern. Regionale und lokale Behörden sowie wichtige Interessenträger waren oftmals in den Dialog eingebunden.

Weitere Informationen:

Vollständige Pressemitteilung

Fragen und Antworten zur Überprüfung der Umsetzung der Umweltpolitik

27 Länderberichte

Factsheet Deutschland

Interaktive Karte der Verstöße gegen das EU-Umweltrecht

Website: Überprüfung der Umsetzung der Umweltpolitik

Pressekontakt: claudia [dot] guskeatec [dot] europa [dot] eu (Claudia Guske), +49 (30) 2280-2190. Mehr Informationen zu allen Pressekontakten hier.

Anfragen von Bürgerinnen und Bürgern beantwortet das Team des Besucherzentrums ERLEBNIS EUROPA per frageaterlebnis-europa [dot] eu (E-Mail) oder telefonisch unter (030) 2280 2900.

Einzelheiten

Datum der Veröffentlichung
8. September 2022
Autor
Vertretung in Deutschland