Bei der EU-Strategie zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität geht es vor allem darum, die Strafverfolgung und die justizielle Zusammenarbeit zu stärken, die Strukturen des organisierten Verbrechens und bestimmte Straftaten vorrangig zu bekämpfen, Erträge aus Straftaten einzuziehen und auf technologische Entwicklungen zeitgemäß zu reagieren.
EU-Strategie zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität
Organisierte kriminelle Vereinigungen entwickeln sich weiter und passen sich schnell an neue Gegebenheiten wie beispielsweise die COVID‑19-Pandemie an, wie die gestiegene Zahl an gefälschten Medizinprodukten und Online-Straftaten zeigt. In Europa tätige organisierte kriminelle Vereinigungen sind an einer Vielzahl krimineller Aktivitäten beteiligt, vor allem an Drogenhandel, organisierter Eigentumskriminalität, Betrug, Schleusung von Migranten und Menschenhandel. Die Einnahmen aus der organisierten Kriminalität in den bedeutendsten Kriminalitätsbereichen beliefen sich im Jahr 2019 auf 139 Mrd. Euro, was einem Anteil von 1 Prozent des BIP der EU entspricht.
Die EU-Strategie umfasst die Instrumente und Maßnahmen, mit denen die Geschäftsmodelle und Strukturen organisierter krimineller Vereinigungen in den kommenden fünf Jahren sowohl online als auch offline grenzüberschreitend zerschlagen werden sollen.
Mit der Strategie werden die folgenden Ziele verfolgt:
- Bessere Zusammenarbeit in der Strafverfolgung und Justiz: 65 Prozent der kriminellen Vereinigungen in der EU setzen sich aus mehreren Nationalitäten zusammen. Ein wirksamer Informationsaustausch zwischen Strafverfolgungs- und Justizbehörden ist somit in der gesamten EU wichtig, um die organisierte Kriminalität effektiv zu bekämpfen. Die Kommission wird die Europäische multidisziplinäre Plattform gegen kriminelle Bedrohungen (EMPACT) stärken, modernisieren und ihre Mittel aufstocken. EMPACT bringt seit 2010 alle einschlägigen europäischen und nationalen Behörden zusammen, um vorrangige kriminelle Bedrohungen zu ermitteln und gemeinsam zu bekämpfen. Die Kommission wird vorschlagen, den Prüm-Rahmen für den Austausch von Informationen über DNA, Fingerabdrücke und Fahrzeugregistrierung zu verbessern. Sie wird auch einen EU-Kodex für die polizeiliche Zusammenarbeit vorschlagen, der die unterschiedlichen EU-Instrumente und multilateralen Kooperationsabkommen rationalisiert, damit die Zusammenarbeit in der Strafverfolgung in der gesamten EU verbessert wird und auf Grundlage eines zeitgemäßen Regelwerks erfolgt. Ziel ist es, bis 2023 die Interoperabilität der Informationssysteme für Sicherheit, Grenzmanagement und Migrationssteuerung zu erreichen und so die Strafverfolgungsbehörden dabei zu unterstützen, häufig begangenen Identitätsbetrug besser aufzudecken und zu bekämpfen. Schließlich schlägt die Kommission heute vor, ein Kooperationsabkommen mit Interpol auszuhandeln, um besser gegen international agierende kriminelle Netze vorzugehen.
- Unterstützung wirksamerer Ermittlungen zur Zerschlagung der Strukturen der organisierten Kriminalität mit Schwerpunkt auf bestimmten Straftaten mit hoher Priorität: Die Zusammenarbeit auf EU-Ebene muss verstärkt werden, um die Strukturen der organisierten Kriminalität zu zerschlagen. Um bestimmten Formen von Kriminalität effektiv zu begegnen, wird die Kommission außerdem vorschlagen, die EU-Vorschriften zur Bekämpfung der Umweltkriminalität zu überarbeiten. Sie wird auch ein EU-Instrumentarium zur Bekämpfung von Produktfälschungen, insbesondere von Medizinprodukten, schaffen und Maßnahmen zur Bekämpfung des illegalen Handels mit Kulturgütern vorlegen. Darüber schlägt die Kommission heute eine Strategie zur Bekämpfung des Menschenhandels vor.
- Kriminalität darf sich nicht auszahlen: Über 60 Prozent der in der EU tätigen kriminellen Netzwerke sind in Korruption verwickelt und über 80 Prozent nutzen legale Unternehmen zur Tarnung ihrer illegalen Aktivitäten. Hingegen wird nur 1 Prozent der Erträge aus Straftaten eingezogen. Die Unterbindung krimineller Finanzströme ist der Schlüssel, um Straftaten aufzudecken, zu ahnden und zu verhindern. Die Kommission wird vorschlagen, die EU-Vorschriften über die Einziehung von Erträgen aus Straftaten zu überarbeiten, die EU-Vorschriften zur Bekämpfung der Geldwäsche weiterzuentwickeln, die frühzeitige Einleitung von Finanzermittlungen zu fördern und die bestehenden EU-Vorschriften zur Korruptionsbekämpfung zu bewerten. So soll verhindert werden, dass die legale Wirtschaft unterwandert wird.
- Strafvollzug und Justiz an das digitale Zeitalter anpassen: Straftäter kommunizieren online und begehen Straftaten im Internet. Sie hinterlassen dort auch digitale Spuren. Da 80 Prozent der Straftaten eine digitale Komponente aufweisen, benötigen Strafverfolgung und Justiz raschen Zugang zu digitalen Hinweisen und Beweismitteln. Außerdem müssen sie moderne Technologien einsetzen und entsprechend ausgerüstet und kompetent sein, um mit den aktuellsten kriminellen Vorgehensweisen Schritt zu halten. Die Kommission wird mögliche Ansätze für die Vorratsdatenspeicherung analysieren und vorlegen und ein weiteres Vorgehen vorschlagen, wie verschlüsselte Informationen im Rahmen strafrechtlicher Ermittlungen und Strafverfolgungsmaßnahmen auf rechtmäßige und gezielte Weise zugänglich gemacht werden können, während die Sicherheit und die Vertraulichkeit der Kommunikation gewahrt werden. Außerdem wird die Kommission zusammen mit den einschlägigen EU-Agenturen daran arbeiten, den nationalen Behörden die Instrumente, das Wissen und die operative Fachkenntnis zur Verfügung zu stellen, die für digitale Ermittlungen gebraucht werden.
Hintergrund
Im Einklang mit der EU-Strategie für die Sicherheitsunion reiht sich die heute veröffentlichte Strategie in die laufenden Arbeiten der EU ein, die Sicherheit aller Menschen in Europa zu fördern. Die Strategie zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität stützt sich auf die aktuelle Bewertung der Bedrohungslage im Bereich der schweren und organisierten Kriminalität, die Europol am 12. April 2021 veröffentlicht hat und alle vier Jahre durchführt.
Strategie zur Bekämpfung des Menschenhandels
Die heute vorgelegte Strategie zur Bekämpfung des Menschenhandels (2021-2025) zielt darauf ab, den Menschenhandel zu unterbinden, Schleuser zur Rechenschaft zu ziehen und Opfer zu stärken. Von 2017 bis 2018 wurden in der Europäischen Union mehr als 14 000 Opfer ermittelt. Weltweit erzielen Menschenhändler mit der Ausbeutung schutzbedürftiger Personen jährlich schätzungsweise 29,4 Mrd. Euro. Aller Voraussicht nach wird die Nachfrage nach Ausbeutung durch Menschenhandel anhalten. Darüber hinaus verlagern Schleuser ihre Aktivitäten zunehmend in das Internet. Es wird davon ausgegangen, dass die Ausbeutung durch die Pandemie noch zunimmt. Daher werden in der heute vorgestellten Strategie Maßnahmen dargelegt, damit die EU und die Mitgliedstaaten stärker dagegen vorgehen können.
Der für die Förderung unserer europäischen Lebensweise zuständige Vizepräsident Margaritis Schinas erklärte dazu: „Die Bekämpfung des Menschenhandels ist Teil unserer Bemühungen für ein Europa, dass seine Bürgerinnen und Bürgern schützt. Menschenhändler nutzen die Schutzbedürftigkeit der Menschen aus. Mit der heutigen Strategie verfolgen wir einen dreigliedrigen Ansatz, bei dem wir Rechtsvorschriften, politische Strategien und operative Unterstützung und Finanzmittel einsetzen, um die Nachfrage zu verringern, kriminelle Geschäfte zu zerschlagen und die Opfer dieses menschenverachtenden Verbrechens stärken.“
Die Strategie stützt sich auf den umfangreichen rechtlichen und politischen Rahmen der EU zur Bekämpfung des Menschenhandels, der auf der Richtlinie zur Bekämpfung des Menschenhandels beruht. Die Kommission wird die Mitgliedstaaten bei der Umsetzung der Richtlinie auch weiterhin unterstützen und gegebenenfalls Überarbeitungen vorschlagen, damit sichergestellt ist, dass die Richtlinie auch weiterhin ihren Zweck erfüllt. Der EU-Koordinator für die Bekämpfung des Menschenhandels ist für die Umsetzung dieser Strategie von entscheidender Bedeutung.
Der Schwerpunkt der Strategie liegt auf
- der Reduzierung der Nachfrage, die den Menschenhandel fördert: Die Kommission wird die Möglichkeit prüfen, Mindestvorschriften in der EU einzuführen, um die Inanspruchnahme von Diensten, die von Opfern des Menschenhandels erbracht werden, unter Strafe zu stellen. Gemeinsam mit nationalen Behörden und Organisationen der Zivilgesellschaft wird die Kommission eine Präventionskampagne durchführen, die auf Sektoren mit hohem Risiko abzielt. Die Kommission wird ferner eine Stärkung der Wirksamkeit der Richtlinie über Sanktionen gegen Arbeitgeber prüfen und Rechtsvorschriften über Corporate Governance vorschlagen, um die Verantwortlichkeiten von Unternehmen zu klären, sowie Leitlinien für die Sorgfaltspflichten vorlegen, um gegen Zwangsarbeit vorzugehen.
- der Zerschlagung des Geschäftsmodells von Menschenhändlern online und offline: Die Kommission wird einen Dialog mit einschlägigen Internet- und Technologieunternehmen führen, um die Nutzung von Online-Plattformen für die Anwerbung und Ausbeutung von Opfern einzudämmen. Die Kommission wird die systematische Schulung von Strafverfolgungs- und Justizbediensteten zur Aufdeckung und Bekämpfung des Menschenhandels fördern.
- dem Schutz, der Unterstützung und Befähigung der Opfer, insbesondere von Frauen und Kindern: Mit der Strategie sollen Opfer frühzeitig erkannt werden und weitere Unterstützung und Schutz erhalten, sowie Programme zur Befähigung der Opfer und zur Förderung ihrer Reintegration verbessert werden. Die Kommission wird darüber hinaus auch geschlechtsspezifische und kindgerechte Schulungen finanzieren, um Polizei, Sozialarbeiter, Grenzschutzbeamte oder medizinisches Personal dabei zu unterstützen, Opfer zu erkennen.
- der Förderung der internationalen Zusammenarbeit: Da die Hälfte der in der EU ermittelten Opfer Nicht-EU-Bürger sind, ist eine Zusammenarbeit mit internationalen Partnern entscheidend für die Bekämpfung des Menschenhandels. Die EU wird eine Reihe außenpolitischer Instrumente und die operative Zusammenarbeit nutzen, um den Menschenhandel in Herkunfts- und Transitländern zu bekämpfen, darunter im Rahmen spezieller Menschenrechts- und Sicherheitsdialoge sowie einer intensiveren Zusammenarbeit mit dem Europarat. Darüber hinaus wird sie die EU-Delegationen in den Partnerländern durch regelmäßige und gezielte Kommunikation, Maßnahmen und Informationsaustausch unterstützen. Der neue EU-Aktionsplan gegen die Schleusung von Migranten wird auch dazu beitragen, dass die Geschäfte von Menschenhändlern zur Verbringung von Opfern nach Europa und zur Ausbeutung zerschlagen werden.
Hintergrund
Trotz der Fortschritte in den letzten Jahren ist der Menschenhandel nach wie vor ein schwerwiegendes Problem in der EU. Die Opfer sind größtenteils Frauen und Mädchen, die zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung verschleppt werden. Der im Oktober 2020 veröffentlichte dritte Bericht über die Fortschritte bei der Bekämpfung des Menschenhandels bietet einen sachlichen Überblick über die erzielten Fortschritte, legt Muster und Herausforderungen dar sowie zentrale Probleme bei der Bekämpfung des Menschenhandels in der EU.
Da der Menschenhandel oftmals mit organisierten kriminellen Vereinigungen im Zusammenhang steht, ist die Strategie zur Bekämpfung des Menschhandels eng mit der ebenfalls heute präsentierten EU-Strategie zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität verknüpft. Der Schutz der Gesellschaft vor organisierter Kriminalität und die Bekämpfung des Menschenhandels gehören zu den Prioritäten der neuen EU-Strategie für eine Sicherheitsunion.
Im neuen Asyl- und Migrationspaket wird ebenfalls hervorgehoben, wie wichtig es ist, dass Drittstaatsangehörige als potenzielle Opfer des Menschenhandels frühzeitig ermittelt werden.
Weitere Informationen:
Mitteilung über eine EU-Strategie zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität 2021-2025
Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen zu EMPACT, dem Leitinstrument der EU für die Zusammenarbeit bei der Bekämpfung der organisierten und schweren internationalen Kriminalität
Empfehlung für einen Beschluss des Rates über die Ermächtigung zur Aufnahme von Verhandlungen über ein Kooperationsabkommen zwischen der EU und Interpol
MEMO: EU-Strategien zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität und des Menschenhandels
Factsheet: Bekämpfung der organisierten Kriminalität
Pressemitteilung: Bekämpfung des Menschenhandels: Neue Strategie zur Verhinderung des Menschenhandels, zur Zerschlagung krimineller Geschäftsmodelle und zur Stärkung der Opferrechte
Europol- Berichte über die Entwicklung der organisierten Kriminalität während der COVID‑19-Pandemie
Europol: Bewertung der Bedrohungslage im Bereich der schweren und organisierten Kriminalität 2021 (SOCTA)
Mitteilung über die Strategie der EU zur Bekämpfung des Menschenhandels 2021-2025
Factsheet: EU-Strategie zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität & Strategie der EU zur Bekämpfung des Menschenhandels
Factsheet: Bekämpfung des Menschenhandels
Pressemitteilung: Bekämpfung der organisierten Kriminalität: neue 5-Jahresstrategie für die Förderung der Zusammenarbeit in der EU und einen besseren Einsatz digitaler Tools bei Ermittlungen
Dritter Bericht über die Fortschritte bei der Bekämpfung des Menschenhandels
EU-Website gegen Menschenhandel
Pressekontakt: katrin [dot] ABELEec [dot] europa [dot] eu ( Katrin Abele), Tel.: +49 (30) 2280-2140
Anfragen von Bürgerinnen und Bürgern beantwortet das Team des Besucherzentrums ERLEBNIS EUROPA per frageerlebnis-europa [dot] eu (E-Mail) oder telefonisch unter (030) 2280 2900.
Einzelheiten
- Datum der Veröffentlichung
- 14. April 2021
- Autor
- Vertretung in Deutschland