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Vertretung in Deutschland
  • Presseartikel
  • 2. Juli 2020
  • Vertretung in Deutschland
  • Lesedauer: 3 Min

Kommission zieht positive Bilanz zum Europäischen Haftbefehl

Die Europäische Kommission hat heute (Donnerstag) in einem Bericht Bilanz zur Handhabung des Europäischen Haftbefehls in den 27 Mitgliedstaaten und im Vereinigten Königreich seit 2004 gezogen. „Der Europäische Haftbefehl ist eine Erfolgsgeschichte...

Die allgemeine Bewertung zeigt, dass der Europäische Haftbefehl ein wesentliches Instrument im Bereich der justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen ist. Er hat die erfolgreiche Strafverfolgung in der EU möglich gemacht. Die Anwendung des Rahmenbeschlusses über den Europäischen Haftbefehl wird dem Bericht zufolge als recht zufriedenstellend bewertet.

Laut den jüngsten Statistiken wurden 2018 nahezu 7.000 Personen an die Behörden eines anderen Mitgliedstaats übergeben. Allerdings förderte die Bewertung der nationalen Umsetzungsmaßnahmen auch Probleme im Zusammenhang mit der Einhaltung der Vorschriften zutage. Bemängelt wurden insbesondere zusätzliche Ablehnungsgründe und die Nichtbeachtung von Fristen. Sofern diese Mängel nicht behoben werden, können sie die Wirksamkeit des Europäischen Haftbefehls einschränken.

Didier Reynders, EU-Kommissar für Justiz, betonte: „Der Europäische Haftbefehl ist ein wichtiges Instrument, um sicherzustellen, dass unsere offenen Grenzen nicht von denjenigen ausgenutzt werden, die sich der Justiz entziehen wollen. Seit seiner Einführung im Jahr 2004 ist er das am häufigsten genutzte Instrument der justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen in der Europäischen Union und hat dazu beigetragen, einen europäischen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts zu schaffen und zu erhalten. Dieses Ziel kann nicht erreicht werden, wenn die Mitgliedstaaten die Instrumente, auf die sie sich alle geeinigt haben – und hierzu gehört auch der Europäischen Haftbefehl – nicht ordnungsgemäß anwenden.“

Aus dem Bericht geht hervor, dass manche Mitgliedstaaten einige der spezifischen Empfehlungen aus der vierten Runde der gegenseitigen Bewertung und aus früheren Umsetzungsberichten befolgt haben. So wurde beispielsweise in einigen Mitgliedstaaten inzwischen die bislang nicht vorgesehene Verhältnismäßigkeitsprüfung bei der Ausstellung eines Europäischen Haftbefehls eingeführt.

Allerdings werden in dem Bericht auch einige noch ungelöste Fragen angesprochen, die die volle Wirkung des Europäischen Haftbefehls bislang verzögert haben könnten. So haben einige Mitgliedstaaten ihre Rechtsvorschriften noch nicht den Urteilen des Gerichtshofs angepasst, mit denen die Funktionsweise des Europäischen Haftbefehls geklärt wird. Die Zahl der Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof zum Europäischen Haftbefehl ist in den letzten Jahren rasch gestiegen, und zwar von 12 im Jahr 2014 auf über 50 bis Mitte 2020, da die im Maastrichter Vertrag vorgesehene Beschränkung der gerichtlichen Kontrolle durch den Gerichtshof im Bereich der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen am 1. Dezember 2014 aufgehoben wurde.

Zusätzlich zu diesem Bericht veröffentlichte die Europäische Kommission auch Statistiken zum Europäischen Haftbefehl für 2018. 2018 wurden in den 27 Mitgliedstaaten 17.471 Haftbefehle ausgestellt, d. h. fast genauso viele wie 2017 (17.491) bei 28 Mitgliedstaaten. Im Jahr 2018 wurden fast 7.000 gesuchte Personen an andere Mitgliedstaaten übergeben.

Insgesamt wurden seit 2005 185.575 Europäische Haftbefehle ausgestellt, von denen dem Bericht zufolge 56.298 vollstreckt wurden. Wie in den Vorjahren waren vor allem Diebstahlsdelikte und Sachbeschädigung (2.893 Haftbefehle), Betrugs- und Korruptionsdelikte (1.739) sowie Drogendelikte (1.610) Grund für die Ausstellung eines Europäischen Haftbefehls. Von der Festnahme bis zur Entscheidung über die Übergabe vergehen durchschnittlich 16 Tage, wenn der Festgenommene seiner Übergabe zustimmt, und 45 Tage, wenn er nicht zustimmt.

Nächste Schritte

Die Kommission wird weiterhin prüfen, ob die einzelnen Mitgliedstaaten den Rahmenbeschluss über den Europäischen Haftbefehl in der gesamten EU einhalten. Erforderlichenfalls wird sie nicht zögern, geeignete Maßnahmen nach Artikel 258 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union zu ergreifen, um seine vollständige Einhaltung zu gewährleisten.

Hintergrund

Der Europäische Haftbefehl ist das erste Rechtsinstrument der EU auf dem Gebiet der Zusammenarbeit in Strafsachen, das auf dem Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung beruht. Er ermöglicht schnellere und einfachere Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten und schiebt politischen Einflussnahmen auf Auslieferungsverfahren einen Riegel vor, da diese vollständig über die Gerichte abgewickelt werden. Darüber hinaus können EU-Länder die Übergabe ihrer eigenen Staatsangehörigen an ein anderes EU-Land nicht länger ablehnen, wenn der Bürger/die Bürgerin dort eine schwere Straftat begangen hat oder im Verdacht steht, eine solche begangen zu haben.

Bislang hat die Kommission drei Berichte über die Umsetzung des Rahmenbeschlusses über den Europäischen Haftbefehl veröffentlicht. Im Jahr 2017 aktualisierte sie außerdem das Handbuch mit Hinweisen zur Ausstellung und Vollstreckung des Europäischen Haftbefehls, um die für seine Handhabung zuständigen Stellen zu unterstützen.

Weitere Informationen:

Bericht über die Umsetzung des Rahmenbeschlusses 2002/584/JI des Rates über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten

Antworten auf den Fragebogen zu Statistiken über den Europäischen Haftbefehl – Jahr 2018

Überarbeitete Fassung des Handbuchs mit Hinweisen zum Ausstellen eines Europäischen Haftbefehls

Rahmenbeschluss über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten

Pressekontakt: katrin [dot] ABELEatec [dot] europa [dot] eu ( Katrin Abele), Tel.: +49 (30) 2280-2140

Anfragen von Bürgerinnen und Bürgern beantwortet das Team des Besucherzentrums ERLEBNIS EUROPA per frageaterlebnis-europa [dot] eu (E-Mail) oder telefonisch unter (030) 2280 2900.

Einzelheiten

Datum der Veröffentlichung
2. Juli 2020
Autor
Vertretung in Deutschland