Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat mit Blick auf den nächsten mehrjährigen EU-Finanzrahmen betont, dass der EU-Haushalt mit einer Welt im Wandel Schritt halten muss. Bei der alljährlichen EU-Haushaltskonferenz in Brüssel, die am Vormittag begonnen hat, sagte sie: „Über die Jahre habe ich gelernt, dass unser Haushalt viel mehr ist als Finanzen und Regeln. Weil ich gesehen habe, wie er das Leben und die Lebensgrundlagen verändert. Er hat überschwemmtes Ackerland wieder nutzbar gemacht. Er hat auf dem Höhepunkt der Pandemie dazu beigetragen, 40 Millionen Arbeitsplätze zu erhalten. Und er ermöglichte es einem kleinen Start-up, den revolutionären Impfstoff zu entwickeln, der Millionen von Menschen vor Corona rettete. Das ist der Unterschied, den unser Haushalt ausmacht. Er ist der Motor, der unsere Prioritäten in die Tat umsetzt, und er ist das Rückgrat unserer Union."
Lektionen ziehen aus dem laufenden Haushalt
Die Kommissionspräsidentin verwies in ihrer Rede auf den derzeitigen Mehrjährigen Finanzrahmen (2021-2027) und die sich daraus ergebenden Lehren und Grundsätze für die Jahre ab 2027:
- Flexibler, anpassungsfähiger und reaktionsfähiger werden: Die Möglichkeiten im laufenden Haushalt für Flexibilität bezeichnete von der Leyen als viel zu klein und zu fragmentiert. „Es ist heute einfach unmöglich vorherzusehen, wohin uns die Innovation am Ende des nächsten Haushaltszyklus führen wird. Unser Haushalt von morgen wird schnelle Reaktionen erlauben müssen. Denken Sie an Naturkatastrophen wie Stürme, Überschwemmungen und Hitzewellen. Es ist unsere Verantwortung, bessere Vorbereitungen zu treffen und denen zu helfen, die davon betroffen sind. Deshalb darf der nächste Haushalt nicht so starr sein. Es muss ein Gleichgewicht zwischen langfristigen Investitionen und der Möglichkeit geben, sich reibungslos an neue Gegebenheiten anzupassen. Und der Haushalt muss auch wie eine Notfalltruppe eingesetzt werden können: Der nächste Haushalt muss da, wo es darauf ankommt, schnell, effizient und wirkungsvoll Ergebnisse liefern.
- Kohärenter Projekte finanzieren: Von der Leyen betonte, dass die EU die Kaufkraft durch zu viele Instrumente verwässert und es zu wenig Abstimmung der verschiedenen Ebenen, dem Privatsektor und der Institutionen gibt. „Unsere Union ist am wirkungsvollsten, wenn wir alle am gleichen Strang ziehen. Mit einer starken Steuerung auf europäischer Ebene, einem vereinfachten Zugang zu europäischen Fonds und koordinierten Maßnahmen vor Ort. Das ist der spezielle Mehrwert eines Haushalts auf kontinentaler Ebene.“ Die Kommissionspräsidentin kündigte an, dass der neue Haushalt auf einer neuen Struktur erstellt wird, mit einem Schwerpunkt auf nationalen und regionalen Partnerschaften für Investitionen und Reformen. Kohäsionspolitik und die Gemeinsame Agrarpolitik werden zentral verankert sein, modernisiert und besser an die Herausforderungen von heute angepasst. Der neue Ansatz soll zu mehr Effektivität und Effizienz führen.
- Den Haushalt einfach gestalten: Menschen, Unternehmen und Behörden müssen den Haushalt verstehen und einfach handhaben können. „Wir brauchen dringend standardisierte Angebote und eine zentrale Anlaufstelle. Deshalb wird es im nächsten Haushalt einen einzigen Europäischen Fonds für Wettbewerbsfähigkeit mit einfacheren Regeln und transparenten Verfahren geben“. Von der Leyen fügte hinzu: „Unser Rahmenprogramm Horizont Europa wird als selbständiges Programm bestehen bleiben. Es ist eine herausragende Marke – das angesehenste Forschungsprogramm weltweit. Aber es wird eng mit unserem Fonds für Wettbewerbsfähigkeit verknüpft sein. Wir brauchen einen nahtlosen Übergang von Grundlagenforschung zu angewandter Forschung zu Start-ups und zu Scale-ups.“
- Neue Finanzierungsquellen erschließen: Von der Leyen verwies darauf, dass in den kommenden Jahren neue Prioritäten finanziert und die Darlehen für NextGenerationEU zurückgezahlt werden müssen: „Es ist klar, dass die nationalen Haushalte das allein nicht stemmen können. Wir brauchen also neue Eigenmittel. Bereits heute liegt ein Paket von Vorschlägen auf dem Tisch. Wir arbeiten auch an weiteren Vorschlägen. Es wird eine schwierige Diskussion, denn es gibt keine Wunderlösung. Dabei ist die Gleichung für diesen Haushalt eine enorme Herausforderung. Es ist höchste Zeit, dass wir eine Lösung finden.”
Mitsprache der Menschen in Europa
Die Europäische Kommission begrüßte auch die Ergebnisse des Bürgerforums, die am vergangenen Wochenende bei einer Sitzung in Brüssel finalisiert wurden und auf der Haushaltssitzung vorgestellt werden. 150 nach dem Zufallsprinzip ausgewählte Bürgerinnen und Bürger aus den 27 EU-Mitgliedstaaten hatten über ihre Vorstellungen und Vorschläge diskutiert, welche Prioritäten und Maßnahmen die EU künftig finanzieren sollte.
Das Paket umfasst 22 Empfehlungen an die Europäische Kommission sowie 11 Leitempfehlungen als Schlüsselprinzipien. Das Bürgerforum ermutigt dazu, sich beim neuen EU-Haushalt auf Folgendes zu konzentrieren:
- Umweltschutz und wirtschaftlicher Erfolg zugleich sichern.
- Schutz der Natur und der natürlichen Ressourcen durch Umweltbildung und andere Maßnahmen.
- Verringerung der regionalen Disparitäten durch den Ausbau wesentlicher Infrastrukturen und Dienste.
- Bekämpfung der Landflucht durch Bildung, Arbeitsplätze und Wohnraum.
- Bedeutungsvolle und nachhaltige Inklusion von Migranten und Geflüchteten für ein stärkeres Europa.
- Budgethilfe für den gleichberechtigten Zugang zu Gesundheitsversorgung, Arzneimittelproduktion und grenzüberschreitender Gesundheitsversorgung in der EU.
- Unterstützung der psychischen Gesundheit für alle Altersgruppen durch integrierte Maßnahmen aus dem EU-Haushalt.
- Eine starke und sichere EU gegen digitale Bedrohungen.
- Eine unabhängigere EU im Verteidigungsbereich.
- Die Möglichkeit für alle jungen Menschen, unter fairen und menschenwürdigen Arbeitsbedingungen in den Arbeitsmarkt einzutreten.
- Unterstützung der Entwicklung kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU) und Start-ups.
- Stärkung des Lebensmittelsystems, indem große Lebensmittelunternehmen nachhaltiger gemacht und kleine Erzeuger unterstützt werden.
- Befähigung der Menschen zur Nutzung digitaler Technologien, einschließlich KI.
- Souveränität der EU im Bereich der digitalen Technologien.
- Förderung inklusiver, hochwertiger Bildung für alle durch gezielte EU-Unterstützung.
- Förderung einer gemeinsamen europäischen Identität durch Bildung und Sensibilisierung.
- Vereinfachung, Harmonisierung und Digitalisierung der Verwaltungsverfahren in den Mitgliedstaaten.
- Stärkung der Verbindungen zwischen den Bürgerinnen und Bürgern und der EU für eine bessere Zukunft.
- Entwicklung erneuerbarer Energien zur Sicherung unserer Energiesouveränität.
- Strategische Stärke: Europas industrielle Reaktion auf globale Disruption.
- Stärkung der diplomatischen Angleichung der EU durch gemeinsame Werte.
Hintergrund
- zum Mehrjährigen Finanzrahmen:
- zum Bürgerforum Haushalt
Seit Ende der 80er Jahre nutzt die EU langfristige Haushaltspläne, den sogenannten „Mehrjährigen Finanzrahmen“ (MFR). Sie sind für die Umsetzung der Prioritäten der EU unverzichtbar. Diese mehrjährige Planung gewährleistet die Berechenbarkeit der Ausgaben, insbesondere für Projekte und Maßnahmen, die sich über einen längeren Zeitraum erstrecken. Der derzeitige Finanzrahmen läuft vom 1. Januar 2021 bis zum 31. Dezember 2027.
Im mehrjährigen Finanzrahmen sind die Höchstbeträge festgelegt, die die Union ihren Haupttätigkeitsbereichen aus dem Haushalt zuweisen kann. Diese Höchstbeträge werden für die einzelnen Ausgabenkategorien festgelegt, die den wichtigsten Politikbereichen der Union entsprechen.
Gemäß Artikel 312 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union wird der mehrjährige Finanzrahmen für einen Zeitraum von mindestens fünf Jahren aufgestellt. Auf der Grundlage eines Vorschlags der Kommission nehmen die 27 EU-Mitgliedstaaten im Rat den mehrjährigen Finanzrahmen einstimmig nach Zustimmung des Europäischen Parlaments an.
Die abschließende Sitzung des Europäischen Bürgerforums zum neuen EU-Haushalt fand von 16. bis 18. Mai in Brüssel statt. Die 150 Teilnehmenden haben unterschiedliche Hintergründe abgedeckt, in einer ausgewogenen Mischung aus Geschlecht, Alter, Bildungsniveau und sozioökonomischen Profilen. Das Forum war ein Schlüsselelement der umfassenderen Initiative der Europäischen Kommission, Bürgerinnen und Bürger zur Zukunft des langfristigen Haushalts Europas für die Jahre nach 2027 einzubinden. Die Empfehlungen werden im Rahmen der nächsten MFR-Verhandlungen vom Kollegium der Kommissionsmitglieder, vom Europäischen Parlament und vom Rat der Europäischen Union geprüft.
Weitere Informationen
Rede der Kommissionspräsidentin in voller Länge
Pressemitteilung zum Bürgerpanel in voller Länge
Haushaltskonferenz in Brüssel (20./21.5.2025)
Mitteilung über den Weg zum nächsten Mehrjährigen Finanzrahmen
Europäisches Bürgerforum zum neuen EU-Haushalt
Tour d'Europe von Kommissar Serafin
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Anfragen von Bürgerinnen und Bürgern beantwortet das Team des Besucherzentrums ERLEBNIS EUROPA per frageerlebnis-europa [dot] eu (E-Mail) oder telefonisch unter (030) 2280 2900.
Einzelheiten
- Datum der Veröffentlichung
- 20. Mai 2025
- Autor
- Vertretung in Deutschland