(16.06.2016) Die EU-Kommission unterstützt voll und ganz das Prinzip eines Mindestlohnes, vertritt aber die Ansicht, dass eine systematische Anwendung der Mindestlohngesetze Deutschlands auf alle Verkehrsleistungen in ihren jeweiligen Staatsgebieten die Dienstleistungsfreiheit und den freien Warenverkehr unverhältnismäßig einschränkt.
Im Mai 2015 hatte die Kommission die erste Stufe des Vertragsverletzungsverfahrens eingeleitet und Deutschland schriftlich aufgefordert, Stellung zu nehmen. Weder die Antwort auf das Schreiben noch die Gespräche mit den deutschen Behörden konnten die Bedenken ausräumen, so dass die EU-Kommission heute die zweite Stufe des europäischen Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet hat.
Die Kommission ist der Ansicht, dass die Anwendung des Mindestlohns auf bestimmte grenzüberschreitende Beförderungsleistungen, die nur einen geringen Bezug zum Hoheitsgebiet des betreffenden Mitgliedstaats aufweisen, nicht zu rechtfertigen ist, weil dadurch unangemessene Verwaltungshürden geschaffen werden, die ein reibungsloses Funktionieren des Binnenmarkts behindern. Nach Meinung der Kommission gibt es angemessenere Maßnahmen, die zum sozialen Schutz der Arbeitnehmer und zur Gewährleistung eines unverfälschten Wettbewerbs ergriffen werden sollten und die gleichzeitig einen freien Waren- und Dienstleistungsverkehr ermöglichen.
Die deutschen Behörden haben nun zwei Monate Zeit, um auf die Argumente der Europäischen Kommission zu reagieren.
Wegen der Anwendung von Mindestlohnvorschriften im Verkehrssektor hat die EU-Kommission heute ebenfalls ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Frankreich eingeleitet.
Hintergrund
Das deutsche Mindestlohngesetz trat am 1. Januar 2015 in Kraft. Es gilt auch für Unternehmen mit Sitz außerhalb Deutschlands, die Dienstleistungen in Deutschland erbringen. So sind ausländische Unternehmen in bestimmten Wirtschaftssektoren, darunter auch im Verkehrsbereich, verpflichtet, ihre Tätigkeiten beim deutschen Zoll mit besonderen Formularen anzumelden. Die Sanktionen belaufen sich bei Verstößen gegen diese Meldepflicht auf bis zu 30.000 Euro und auf bis zu 500.000 Euro, falls die gezahlten Löhne gegen das deutsche Mindestlohngesetz verstoßen.
Am 8. März 2016 schlug die Kommission die Überarbeitung der Richtlinie 96/71/EG über die Entsendung von Arbeitnehmern vor. Darüber hinaus sollen die anstehenden Initiativen für den Straßenverkehrssektor die Klarheit und die Durchsetzung der auf Arbeitsverträge im Transportsektor anzuwendenden Vorschriften verbessern; mit ihnen könnten auch die besonderen Herausforderungen angegangen werden, die die Anwendung der Entsenderichtlinie in diesem Sektor mit sich bringt.
Weitere Informationen:
Pressemitteilung: Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland und Frankreich
Vertragsverletzungen im Bereich Mobilität und Verkehr in der EU,
Informationen über Vertragsverletzungsverfahren.
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Einzelheiten
- Datum der Veröffentlichung
- 16. Juni 2016
- Autor
- Vertretung in Deutschland