Hochrangige Rechtsexperten der Europäischen Kommission, des Europäischen Auswärtigen Dienstes, des Europarats, der Ukraine und 37 weiterer Staaten haben die rechtlichen Grundlagen zur Einrichtung eines Sondergerichtshofs für das Verbrechen der Aggression gegen die Ukraine geschaffen. Die Teilnehmer legten auch die Schlüsselelemente des „Schuman-Statutsentwurfs“ fest. Das ist der zentrale Rechtstext, der die Arbeitsweise des Sondergerichtshofs regeln soll.
Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen erklärte: „Als Russland sich dafür entschieden hat, seine Panzer über die Grenzen der Ukraine rollen zu lassen und damit die Charta der Vereinten Nationen zu verletzen, hat es einen der schwerwiegendsten Verstöße begangen: das Verbrechen der Aggression. Jetzt aber waltet Gerechtigkeit. Gerechtigkeit für die Ukraine. Wir haben die rechtlichen Grundlagen für einen Sondergerichtshof festgelegt. Es kann auch keine Gerechtigkeit ohne Widergutmachung geben. Russland muss für seine Aggression zur Rechenschaft gezogen werden – und es muss zahlen. Wir haben einen ersten Schritt hin zu einer Kommission für Schadenersatz unter Beteiligung der EU unternommen. Dieses neue Gremium wird über die im Schadensregister eingetragenen Ansprüche entscheiden.“
Sobald der Gerichtshof seine Arbeit aufgenommen hat, wird er befugt sein, die politischen und militärischen Führer Russlands zur Rechenschaft zu ziehen, die die größte Verantwortung für das Verbrechen der Aggression tragen. Das heutige Treffen stellt einen Durchbruch in einem kontinuierlichen Prozess hin zur Gewährleistung der Rechenschaftspflicht für das Verbrechen der Aggression gegen die Ukraine sowie zur Stärkung des internationalen Strafrechtssystems dar.
Verhandlungen zur Einrichtung einer internationalen Kommission für Schadenersatz für die Ukraine
Die Europäische Kommission hat auch eine Empfehlung an den Rat zur Teilnahme an den förmlichen Verhandlungen über die Einrichtung einer Internationalen Kommission für Schadenersatz für die Ukraine angenommen. Die Kommission für Schadenersatz wird für die Überprüfung und Bewertung der im Schadensregister eingetragenen berechtigten Forderungen sowie für diesbezügliche Entscheidungen zuständig sein und die Höhe der jeweils fälligen Entschädigung bestimmen. Die Einrichtung der Kommission für Schadenersatz wird ein entscheidender Schritt auf dem Weg zur Entschädigung der Kriegsopfer sein.
Die Kommission für Schadenersatz wird auf der Arbeit des Schadensregisters aufbauen. Dieses dient der Erfassung von Schäden, Verlusten oder Verletzungen, die durch die Aggression der Russischen Föderation gegen die Ukraine verursacht wurden.
So geht es weiter
Der Sondergerichtshof wird durch ein Abkommen zwischen der Regierung der Ukraine und dem Europarat eingerichtet werden. Der Gerichtshof wird seine Zuständigkeit aus der Ukraine ableiten. Der Europarat wird für das Verfahren zur Annahme der Entwürfe der für die Einrichtung des Sondergerichtshofs erforderlichen Rechtsinstrumente und für die anschließende Unterzeichnung zuständig sein.
Bezüglich der Kommission für Schadenersatz wird die erste Verhandlungsrunde für dieses internationale Instrument gegen Ende März 2025 beginnen.
Hintergrund
Sobald der Sondergerichtshof für das Verbrechen der Aggression gegen die Ukraine eingerichtet ist, werden die nationalen Behörden der Ukraine in der Lage sein, laufende innerstaatliche Ermittlungen und Strafverfolgungsmaßnahmen im Zusammenhang mit dem Verbrechen der Aggression an den Staatsanwalt des Sondergerichtshofs zu verweisen und einschlägige Informationen und Beweise zu übermitteln, die im Rahmen der Arbeit des Internationalen Zentrums für die Strafverfolgung des Verbrechens der Aggression (ICPA) gesammelt wurden.
Die Einrichtung des Gerichtshofs innerhalb des institutionellen Rahmens des Europarats, der Einsatz internationaler Richter und die Anwendung des einschlägigen Völkerrechts gewährleisten bei den Strafverfahren die Einhaltung der höchsten Verfahrensgarantien und der geltenden internationalen Menschenrechtsnormen.
Zeitplan
- Am 24. Februar 2022 hat Russland seinen unprovozierten und rechtswidrigen, groß angelegten Angriffskrieg gegen die Ukraine begonnen. Er verstößt gegen die regelbasierte internationale Ordnung, gemeinsame Grundsätze und Regeln und die Charta der Vereinten Nationen.
- Im März 2022 wurde mit Unterstützung von Eurojust eine gemeinsame Ermittlungsgruppe (GEG) der EU für in der Ukraine begangene Kernverbrechen des Völkerstrafrechts eingesetzt. Nach dem Bekanntwerden der Gräueltaten in Butscha und anderen befreiten Gebieten der Ukraine sagte die Kommission ihre Unterstützung bei der Ermittlung und Verfolgung von in der Ukraine begangenen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu.
- Im Mai 2022 billigten die beiden gesetzgebenden Organe den Vorschlag der Kommission, mit dem Eurojust das Mandat erhält, Beweismittel für Kriegsverbrechen zu sammeln und aufzubewahren. Mit Unterstützung der Kommission nahm das Internationale Zentrum für die Strafverfolgung des Verbrechens der Aggression gegen die Ukraine (ICPA) im Juni 2023 seine Tätigkeit in Den Haag auf. Das ICPA ist Teil der gemeinsamen Ermittlungsgruppe und bietet eine Koordinierungsstruktur zur Unterstützung und Verbesserung laufender und künftiger Ermittlungen zum Verbrechen der Aggression. Es trägt zum Austausch und zur Analyse von seit Beginn der russischen Aggression gesammelten Beweisen bei.
- Im November 2023 legte die Kommission den Mitgliedstaaten verschiedene Optionen vor, um die Rechenschaftspflicht für das Verbrechen der Aggression gegen die Ukraine sicherzustellen. Im Januar 2023 fand die erste Sitzung der Kerngruppe zur Einrichtung eines Sondergerichtshofs statt, um das am besten geeignete Modell für einen Gerichtshof für die strafrechtliche Verfolgung der russischen Führung wegen des Verbrechens der Aggression zu bestimmen.
- Im Mai 2023 nahm das Schadensregister seinen Betrieb in Den Haag auf. Das Register ist eine internationale Einrichtung, die für die Erfassung von Schadenersatzansprüchen für Schäden, Verluste oder Verletzungen zuständig ist, die durch den Angriffskrieg gegen die Ukraine verursacht wurden. Im Juli 2023 wurde die EU Vollmitglied des Schadensregisters.
- Seit April 2024 können ukrainische Bürgerinnen und Bürger sowie Personen mit Wohnsitz in der Ukraine Ansprüche wegen Beschädigung oder Zerstörung von Wohneigentum bei dem Register geltend machen. Darüber hinaus erfasst das Register seit dem 16. Januar 2025 Ansprüche wegen des Todes eines unmittelbaren Familienangehörigen.
- Grundlage der Empfehlung zur Aufnahme von Verhandlungen über die Einrichtung einer Kommission für Schadenersatz ist die Resolution der Generalversammlung der Vereinten Nationen „Förderung von Rechtsschutz und Wiedergutmachung für die Aggression gegen die Ukraine“ vom November 2022. In dieser Resolution wurde anerkannt, dass die Russische Föderation für ihre Aggression gegen die Ukraine zur Rechenschaft gezogen werden muss und ein internationaler Mechanismus für die Wiedergutmachung erforderlich ist.
Weitere Informationen
Russland zur Rechenschaft ziehen
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Einzelheiten
- Datum der Veröffentlichung
- 5. Februar 2025
- Autor
- Vertretung in Deutschland