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Vertretung in Deutschland
  • Presseartikel
  • 25. Juli 2024
  • Vertretung in Deutschland
  • Lesedauer: 4 Min

Vertragsverletzungsverfahren: Kommission verklagt Deutschland wegen Regeln zu Familienleistungen für mobile EU-Arbeitnehmer in Bayern

Flaggen EU-Kommission Brüssel
European Union

Die Europäische Kommission hat beschlossen, Deutschland vor dem Gerichtshof der Europäischen Union zu verklagen, weil es die Rechte mobiler Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aus anderen EU-Mitgliedstaaten bei der Höhe von Familienleistungen nicht gewahrt hat. Diese Verletzung der Rechte mobiler Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ist eine Diskriminierung und ein Verstoß gegen das EU-Recht zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit und zur Freizügigkeit der Arbeitnehmer.

System für Familienleistungen in Bayern ist nicht mit EU-Recht vereinbar

Bayern hat im Jahr 2018 ein neues System für Familienleistungen für Einwohner Bayerns mit Kleinkindern (bis zu drei Jahren) eingeführt. Nach diesem System erhalten EU-Staatsangehörige, deren Kinder in einem Mitgliedstaat leben, in dem die Lebenshaltungskosten unter denen in Bayern liegen, niedrigere Leistungen.

Nach Auffassung der Kommission ist diese Regelung nicht mit dem EU-Recht vereinbar, da sie mobile Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aus der EU diskriminiert. Es ist eines der Grundprinzipien der EU, dass Menschen ganz unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit gleich behandelt werden. In Anwendung dieses Grundprinzips haben mobile Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aus der EU, die in gleicher Weise zum Sozialversicherungssystem beitragen und dieselben Steuern zahlen wie einheimische Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, Anspruch auf dieselben Sozialleistungen. Daher sollten mobile Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aus der EU, deren Kinder dauerhaft in einem anderen Mitgliedstaat wohnen, Familienleistungen in gleicher Höhe erhalten wie andere Beschäftigte in Bayern.

Die Kommission hatte Deutschland im November 2021 ein Aufforderungsschreiben übermittelt. Im Juni 2022 hatte der Gerichtshof der Europäischen Union in der Rechtssache C-328/20 entschieden, dass die von Österreich eingeführte Regelung für Familienleistungen, die der bayerischen sehr ähnlich war, nicht im Einklang mit dem EU-Recht stand. Das Urteil des Gerichtshofs bestätigte die Auffassung der Kommission. Daraufhin übermittelte die Kommission Deutschland im Januar 2023 eine mit Gründen versehene Stellungnahme. Da Deutschland in seiner Antwort die Bedenken der Kommission nicht ausreichend ausgeräumt hat, hat die Kommission nun beschlossen, den Fall an den Gerichtshof der Europäischen Union zu verweisen. 

Weitere Entscheidungen zu Deutschland

Die Europäische Kommission hat im Rahmen der Vertragsverletzungsverfahren drei weitere Entscheidungen gegen Deutschland gefällt. Die Verfahren betreffen Sammlung und das Recycling von Abfällen, die Umsetzung des europäischen Rechtsakts zur Barrierefreiheit in nationales Recht und die Einhaltung der EU-Abstimmungsregeln in der Donaukommission.

  • Zielvorgaben für die Sammlung und das Recycling von Abfällen

Die Europäische Kommission hat beschlossen, mit der Übermittlung von Aufforderungsschreiben Vertragsverletzungsverfahren gegen alle Mitgliedstaaten einzuleiten, weil die Zielvorgaben für die Sammlung und das Recycling von Abfällen nicht eingehalten werden. Auf der Grundlage der neuesten verfügbaren Daten der Mitgliedstaaten haben alle Mitgliedstaaten mehrere Zielvorgaben des geltenden EU-Abfallrechts für die Sammlung und das Recycling von Abfällen nicht erreicht. 

Zum EU-Abfallrecht gehören neben der Abfallrahmenrichtlinie und Regeln zu Verpackungsabfällen auch die Richtlinie über Elektro- und Elektronik-Altgeräte (EEAG). Sie schreibt die getrennte Sammlung und ordnungsgemäße Behandlung von Elektro- und Elektronik-Altgeräten vor und legt Ziele für deren Sammlung, Verwertung und Recycling fest. 25 Mitgliedstaaten, auch Deutschland, haben es versäumt, genügend Elektro- und Elektronik-Altgeräte getrennt zu sammeln, sodass das EU-Sammelziel verfehlt wurde. Die Kommission richtet daher Aufforderungsschreiben an alle Mitgliedstaaten, die nun binnen zwei Monaten reagieren und die von der Kommission festgestellten Mängel beheben müssen. Andernfalls kann die Kommission beschließen, mit Gründen versehene Stellungnahmen an die Länder zu richten.

  • Umsetzung der EU-Vorschriften zu Barrierefreiheit in nationales Recht 

Die Europäische Kommission hat beschlossen, u.a. an Deutschland eine mit Gründen versehene Stellungnahmen zu richten, weil Deutschland und vier weitere Länder die EU-Regelungen über die Barrierefreiheit von Produkten und Dienstleistungen für Menschen mit Behinderungen nicht in ihr nationales Recht umgesetzt haben. Diese Mitgliedstaaten haben der Kommission bislang nur eine teilweise Umsetzung mitgeteilt. 

Nach dem europäischen Rechtsakt zur Barrierefreiheit müssen wichtige Produkte und Dienstleistungen wie Telefone, Computer, E-Books, Bankdienstleistungen und elektronische Kommunikationsdienste für Menschen mit Behinderungen barrierefrei zugänglich sein. Dies wird dazu beitragen, die aktive Teilhabe von Menschen mit Behinderungen – mehr als 100 Millionen europäischen Bürgerinnen und Bürgern – an der Gesellschaft, auch an Bildung und Beschäftigung, zu erhöhen und ihre Autonomie und Mobilität zu verbessern. Unternehmen und Dienstleistungen müssen bis 2025 eine Reihe einheitlicher EU-Barrierefreiheitsanforderungen erfüllen. Deutschland, Kroatien, die Niederlande, Schweden und Slowenien können nun binnen zwei Monaten reagieren und die erforderlichen Maßnahmen ergreifen. Andernfalls kann die Kommission beschließen, den Gerichtshof der Europäischen Union anzurufen.

  • EU-Abstimmungsregeln in der Donaukommission 

Die Europäische Kommission hat beschlossen, eine mit Gründen versehene Stellungnahmen an Deutschland, Kroatien, Ungarn und Österreich zu richten. Diese Länder sind ihren Verpflichtungen aus den EU-Verträgen nicht nachgekommen, als sie in der Donaukommission Empfehlungen angenommen haben, die EU-Vorschriften berühren oder deren Anwendungsbereich ändern könnten. Die vier Mitgliedstaaten müssen binnen zwei Monaten reagieren und die erforderlichen Maßnahmen ergreifen. Andernfalls kann die Kommission beschließen, den Gerichtshof der Europäischen Union anzurufen.

Weitere Informationen

Pressemitteilung: Kommission beschließt, Deutschland vor dem Gerichtshof der Europäischen Union zu verklagen, weil es die Rechte mobiler EU-Arbeitnehmerinnen und -Arbeitnehmer auf Familienleistungen nicht gewahrt hat

Beschluss im Vertragsverletzungsverfahren (INFR(2021)4039)

Die Vertragsverletzungsverfahren im Juli 2024 nach Politikfeldern

EU-Vertragsverletzungsverfahren

Datenbank über Vertragsverletzungsverfahren

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Einzelheiten

Datum der Veröffentlichung
25. Juli 2024
Autor
Vertretung in Deutschland