(23.11.2016) - Andriukaitis und Gurría plädierten bei ihrer Pressekonferenz für mehr Investitionen insbesondere in die die Vorbeugung von Krankheiten (derzeit: drei Prozent der Gesundheitsausgaben). Im Durchschnitt liegen die Gesundheitsausgaben in der EU28 bei 9,9 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Deutschland liegt hier gemeinsam mit Schweden an erster Stelle (11,1 Prozent), an letzter Stelle liegt Rumänien (5 Prozent).
Während es in den meisten EU-Ländern eine flächendeckende Gesundheitsversorgung für wesentliche Leistungen gibt, waren im Jahr 2014 in vier Ländern (Zypern, Griechenland, Bulgarien und Rumänien) mehr als 10 Prozent der Bevölkerung nicht gegen die Kosten der Gesundheitsleistungen abgesichert.
Zur Sicherstellung eines wirksamen Zugangs zur Gesundheitsversorgung bedarf es zudem einer ausreichenden Anzahl und Zusammensetzung von Gesundheitspersonal in den einzelnen geografischen Regionen eines Landes. Seit dem Jahr 2000 ist in fast allen EU-Ländern die Anzahl der Ärzte pro Kopf gestiegen, und zwar im Durchschnitt um 20 Prozent. Dabei hat die Anzahl der Fachärzte schneller zugenommen als die der Hausärzte. Und: In vielen Ländern ist die ungleichmäßige geografische Verteilung der Ärzte ein wachsendes Problem, das dazu führt, dass Personen in ländlichen und abgelegenen Gebieten häufig nicht ausreichend medizinisch versorgt werden.
Vytenis Andriukaitis, EU-Kommissar für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, erklärte: „Der Bericht ,Gesundheit auf einen Blick‘ enthält nützliche Informationen für die Mitgliedstaaten, mit denen sie ihre gesundheitspolitischen Maßnahmen in allen Bereichen gestalten können. Er verdeutlicht, dass in der EU jedes Jahr viele Menschen an potenziell vermeidbaren Krankheiten sterben, die mit Risikofaktoren wie Rauchen oder Fettleibigkeit verknüpft sind. Außerdem wird klar, dass wir uns weiterhin für eine leichter zugängliche Gesundheitsversorgung einsetzen müssen. Der Bericht ist eine wichtige Initiative im Rahmen der Partnerschaft zwischen der Kommission und der OECD, um länderspezifische und länderübergreifende Kenntnisse über Gesundheit und Gesundheitssysteme zu erlangen. Dieses Wissen bildet die Grundlage für die Initiative ,Der Gesundheitszustand in der EU‘.“
Ángel Gurría, Generalsekretär der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), fügte hinzu: „Wenn die Versorgungsstandards in allen EU Ländern auf das höchstmögliche Niveau angehoben würden, könnten viele Menschenleben gerettet werden. Wir müssen noch mehr unternehmen, um die Ungleichheiten beim Zugang und bei der Qualität der Versorgung zu verringern. Außerdem müssen die Ressourcen in den europäischen Gesundheitssystemen effizienter dorthin gelenkt werden, wo sie am meisten für die Gesundheit bewirken. Dies schließt auch Prävention mit ein.“
Kernbotschaften des Berichts
Die Gesundheitssysteme müssen effektiver werden: 550 000 Menschen im arbeitsfähigen Alter sterben jedes Jahr an potenziell vermeidbaren Krankheiten. 16 Prozent der Erwachsenen sind heutzutage fettleibig (2000: 11 Prozent) und ein Fünftel von ihnen raucht nach wie vor. Viele Menschenleben könnten gerettet werden, indem einerseits mehr Ressourcen in Strategien zur Gesundheitsförderung und Krankheitsprävention investiert würde, um diese und andere Risikofaktoren anzugehen, und anderseits die Qualität der Versorgung bei akuten oder chronischen Beschwerden verbessert würde.
Die Gesundheitssysteme müssen einfacher zugänglich werden: 27 Prozent der Patientinnen und Patienten suchen eine Notaufnahme auf, weil nicht genügend Einrichtungen zur medizinischen Grundversorgung vorhanden sind. Durchschnittlich 15 Prozent der Gesundheitsausgaben werden von den Patientinnen und Patienten direkt aus eigener Tasche gezahlt, wobei große Unterschiede zwischen den einzelnen Ländern bestehen. Für arme Menschen in Europa verzehnfacht sich im Vergleich zu ihren wohlhabenderen Mitbürgerinnen und -bürgern das Risiko, aus finanziellen Gründen nur schwer angemessene medizinische Versorgung zu erhalten. Die politischen Maßnahmen der Mitgliedstaaten sollten vor allem darauf ausgerichtet sein, finanzielle Hemmnisse beim Zugang zur Gesundheitsversorgung zu reduzieren, den Zugang zur medizinischen Grundversorgung zu stärken und übermäßig lange Wartezeiten zu verringern.
Die Gesundheitssysteme müssen belastbarer werden: In der gesamten EU ist der Anteil der Bevölkerung über 65 Jahren von unter 10 Prozent im Jahr 1960 auf fast 20 Prozent im Jahr 2015 angestiegen und dürfte sich bis 2060 auf knapp 30 Prozent erhöhen. Faktoren wie eine alternde Bevölkerung sowie vermehrt auftretende chronische Krankheiten und finanzielle Zwänge erfordern neue Wege bei der Gesundheitsversorgung. Dazu gehören etwa E-Health-Angebote, kürzere Krankenhausaufenthalte, indem die Primär- und lokale Versorgung verbessert werden, sowie ein bedachterer Einsatz von Ressourcen für Arzneimittel, indem etwa das volle Potenzial von Generika ausgeschöpft wird.
Hintergrund
Der Bericht „Gesundheitszustand in der EU“ ist Teil einer Reihe von Analyseberichten, die die Europäische Kommission zusammen mit der OECD und dem Europäischen Observatorium für Gesundheitssysteme und Gesundheitspolitik entwickelt hat, um die EU-Staaten dabei zu unterstützen, auf die bestehenden Herausforderungen zu reagieren. Bis November 2017 sollen länderspezifische Gesundheitsprofilen für alle 28 EU-Mitgliedstaaten erstellt werden, die die jeweiligen besonderen Merkmale und Herausforderungen aufzeigen werden.
Weitere Informationen:
Gesundheit auf einen Blick – Zusammenfassung (Deutsch)
Gesundheit auf einen Blick – Bericht von Kommission und OECD (Englisch)
Rede von EU-Kommissar Andriukaitis bei Vorstellung des Berichts
Pressekontakt: claudia [dot] guskeec [dot] europa [dot] eu (Claudia Guske), +49 (30) 2280-2190
Anfragen von Bürgerinnen und Bürgern beantwortet das Team des Besucherzentrums ERLEBNIS EUROPA per frageerlebnis-europa [dot] eu (E-Mail) oder telefonisch unter (030) 2280 2900.
Einzelheiten
- Datum der Veröffentlichung
- 23. November 2016
- Autor
- Vertretung in Deutschland