Die Kommission hat ein förmliches Verfahren eingeleitet, um zu prüfen, ob Temu gegen das Gesetz über digitale Dienste (DSA) verstoßen hat. Es geht um Bereiche, die mit dem Verkauf illegaler Produkte, der potenziell suchterzeugenden Gestaltung des Dienstes, den Systemen zur Empfehlung von Käufen für Nutzer sowie dem Datenzugang für Forscher zusammenhängen.
Mehrere Informationsquellen als Basis für den Beschluss
Der Beschluss folgt auf eine vorläufige Analyse des von Temu Ende September 2024 vorgelegten Risikobewertungsberichts, der Antworten auf die förmlichen Auskunftsersuchen der Kommission vom 28. Juni 2024 und 11. Oktober 2024 sowie der von Dritten übermittelten Informationen. Die Kommission stützte sich auch auf Informationen, die im Rahmen des Kooperationsmechanismus mit den nationalen Behörden im Rahmen des Europäischen Gremiums der Koordinatoren für digitale Dienste ausgetauscht wurden, insbesondere mit dem irischen Koordinator für digitale Dienste.
Details der Untersuchung
Es geht um:
- die Systeme, über die Temu verfügt, um den Verkauf nicht-konformer Produkte in der Europäischen Union einzuschränken. Es handelt sich unter anderem um Systeme zur Begrenzung des Wiederauftauchens von zuvor suspendierten „Schurkenhändlern“, von denen bekannt ist, dass in der Vergangenheit entsprechend aufgefallen sind, sowie um Systeme zur Begrenzung des Wiederauftauchens nicht-konformer Waren;
- die Risiken im Zusammenhang mit der suchterzeugenden Gestaltung des Dienstes, einschließlich spielähnlicher Belohnungsprogramme, und die Systeme, über die Temu verfügt, um die Risiken zu mindern, die sich aus einer solchen suchterzeugenden Gestaltung ergeben, die negative Folgen für das körperliche und geistige Wohlbefinden einer Person haben könnte;
- die Einhaltung der DSA-Verpflichtungen im Zusammenhang mit der Art und Weise, wie Temu den Nutzern Inhalte und Produkte empfiehlt. Dazu gehört die Anforderung, die wichtigsten Parameter, die in den Empfehlungssystemen von Temu verwendet werden, offenzulegen und den Nutzern mindestens eine leicht zugängliche Option zur Verfügung zu stellen, die nicht auf Profiling basiert;
- die Einhaltung der DSA-Verpflichtung, Forschern Zugang zu den öffentlich zugänglichen Daten von Temu zu gewähren.
Haftbarkeit, wenn sich der Verdacht bestätigt
Temu würde nach dem Gesetz über digitale Dienste haftbar gemacht, wenn sich der Verdacht der Kommission als richtig erweisen würde, da diese Mängel Verstöße gegen die Artikel 27, 34, 35, 38 und 40 des Gesetzes über digitale Dienste darstellen würden.
Die Kommission wird nun vorrangig eine eingehende Untersuchung durchführen. Die Einleitung eines förmlichen Verfahrens greift dem Ergebnis nicht vor. Es schließt auch keine künftigen Maßnahmen etwa seitens der nationalen Verbraucherschutzbehörden aus.
Nächste Schritte
Nach der förmlichen Einleitung des Verfahrens wird die Kommission weiterhin Beweise sammeln, indem sie beispielsweise zusätzliche Auskunftsersuchen an Temu oder Dritte richtet oder Überwachungsmaßnahmen oder Befragungen durchführt.
Die Einleitung eines förmlichen Verfahrens ermächtigt die Kommission, weitere Durchsetzungsmaßnahmen zu ergreifen, einschließlich des Erlasses eines Beschlusses über die Nichteinhaltung. Die Kommission ist ferner befugt, die von Temu eingegangenen Verpflichtungen zu akzeptieren, um Abhilfe in den von dem Verfahren betroffenen Bereichen zu schaffen.
Das Gesetz über digitale Dienste setzt keine rechtliche Frist für die Beendigung des förmlichen Verfahrens fest. Die Dauer einer eingehenden Untersuchung hängt von mehreren Faktoren ab, darunter der Komplexität des Falls, dem Umfang der Zusammenarbeit des betreffenden Unternehmens mit der Kommission und der Ausübung der Verteidigungsrechte.
Hintergrund
Temu wurde am 31. Mai 2024 im Rahmen des EU-Gesetzes über digitale Dienste als sehr große Online-Plattform (VLOP) benannt, nachdem sie erklärt hatte, monatlich mehr als 45 Millionen aktive Nutzer in der EU zu haben. Vier Monate nach seiner Benennung musste Temu die strengsten Verpflichtungen für VLOP erfüllen, die im Gesetz über digitale Dienste festgelegt sind. Dazu gehört die Verpflichtung, alle systemischen Risiken, die sich aus seinem Dienst ergeben, ordnungsgemäß zu bewerten und zu mindern. Temu meldete zuletzt im September 2024 92 Millionen monatliche Nutzer.
Weitere Informationen
Das Gesetz über digitale Dienste (DSA)
Text des EU-Amtsblatts zum Gesetz über digitale Dienste
Sehr große Online-Plattformen und Suchmaschinen im Rahmen des Gesetzes über digitale Dienste
Der Durchsetzungsrahmen nach dem Gesetz über digitale Dienste
Gesetz über digitale Dienste – Fragen und Antworten
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Einzelheiten
- Datum der Veröffentlichung
- 31. Oktober 2024
- Autor
- Vertretung in Deutschland