Zur derzeitigen Debatte um die Zulassung von Insekten in Lebensmitteln hat die Vertretung der EU-Kommission in Deutschland die wichtigsten Fakten zusammengestellt.
In der Europäischen Union sind vier Insekten als Lebensmittel zugelassen.
Insekten werden in vielen Teilen der Welt regelmäßig gegessen, sie sind eine alternative Proteinquelle. In der EU müssen Hersteller für jedes Insekt, das sie auf den Markt bringen wollen, eine Zulassung beantragen, und zwar im Rahmen der Regeln zu „neuartigen Lebensmitteln“.
Das sind Lebensmittel, die in der EU vor Mai 1997 nicht in nennenswertem Umfang konsumiert wurden. Im Rahmen der Prüfung jedes Antrags findet eine ausführliche wissenschaftliche Bewertung durch die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) statt.
Auch die EU-Staaten erhalten den Vorschlag der Kommission zur Zulassung eines Insekts zur Abstimmung, bevor die Kommission eine Zulassung beschließen kann.
Bisher hat die Europäische Kommission vier Insekten in unterschiedlicher Darreichungsform als Lebensmittel für den europäischen Markt autorisiert:
- Juni 2021: Mehlkäfer (Tenebrio molitor), im Larvenstadium getrocknet. Durchführungsverordnung
- November 2021: Wanderheuschrecke (Locusta migratoria), gefroren/getrocknet/pulverförmig. Durchführungsverordnung
- Februar 2022: Hausgrille (Acheta domesticus), gefroren/getrocknet/pulverförmig. Durchführungsverordnung
- Januar 2023: Hausgrille (Acheta domesticus), teilweise entfettetes Pulver. Durchführungsverordnung
- Januar 2023: Getreideschimmelkäfer oder Buffalowurm (Alphitobius diaperinus), gefroren/pastenartig/getrocknet/pulverisiert. Durchführungsverordnung
In der EU müssen Hersteller für jedes Insekt, das sie auf den Markt bringen wollen, eine Zulassung beantragen. Das geschieht im Rahmen der Regeln zu „neuartigen Lebensmitteln“. Das sind Lebensmittel, die in der EU vor Mai 1997 nicht in nennenswertem Umfang konsumiert wurden.
Basierend auf der Verordnung über neuartige Lebensmittel („Novel Food Regulation“) müssen Produkte eine strenge wissenschaftliche Bewertung durch die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) durchlaufen. Die Behörde prüft die verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnisse.
Bei Antragstellung müssen die Hersteller umfangreiche Daten vorlegen, über Zusammensetzung, die ernährungsphysiologischen/toxikologischen/allergenen Eigenschaften, Herstellungsverfahren, geplante Verwendung und Verwendungsmengen ihres Produktes.
Entscheidend ist, dass ein neuartiges Lebensmittel kein Sicherheitsrisiko für die menschliche Gesundheit darstellt. Ist das gewährleistet, kann die EU-Kommission die Zulassung beschließen. Allerdings nur, wenn auch die Mitgliedstaaten „Ja“ sagen. So hat Deutschland bisher in allen Fällen zugestimmt.
Ausführliche Informationen zu den geltenden Regeln zu neuartigen Lebensmitteln gibt es hier, die Unionsliste zugelassener Produkte hier.
Lebensmittel, die Insekten enthalten, müssen das in ihrer Zutatenliste klar und verständlich aufführen. Die Verbraucherinnen und Verbraucher dürfen nicht irregeführt werden; sie müssen selbst entscheiden können, ob sie Lebensmittel aus oder mit Insekten kaufen und konsumieren oder nicht.
Die Vorgaben sind:
- Nennung des deutschen und lateinischen Namens (für die im Februar 2022 zugelassene Hausgrille also „Acheta domesticus (Hausgrille, Heimchen)“
- Information über die Form der Beimischung/Darreichungsformen (z.B. getrocknet, pastenartig oder pulverförmig, für das neu zugelassene Pulver der Hausgrille also „Teilweise entfettetes Pulver aus Acheta domesticus (Hausgrille)“)
- Allergiehinweise in unmittelbarer Nähe der Zutatenliste (z.B. „Zutat kann bei Verbrauchern, die bekanntermaßen gegen Krebs- und Weichtiere und Erzeugnisse daraus sowie gegen Hausstaubmilben allergisch sind, allergische Reaktionen auslösen“.)
Die EFSA kam zu dem Schluss, dass der Verzehr der bewerteten Insektenproteine möglicherweise zu allergischen Reaktionen führen kann - insbesondere bei Probanden mit bereits bestehenden Allergien gegen Krebstiere, Staubmilben und in einigen Fällen bei Weichtieren.
Dazu können Allergene aus dem Futter (z. B. Gluten) in das verzehrte Insekt gelangt sein. Deshalb sind entsprechende Allergiehinweise verpflichtend.
Ja. Das EU-Recht ordnet Insekten ein in die Kategorie „Lebensmittel, die aus Tieren oder deren Teilen bestehen oder daraus isoliert oder erzeugt wurden“.
Entsprechend müssen sie auch gekennzeichnet sein.
Die Umsetzung und Kontrolle der geltenden Regeln zur Kennzeichnung von Lebensmitteln ist Aufgabe der zuständigen Behörden in den EU-Mitgliedstaaten.
Nein. Zumindest für einige Jahre ist die Zulassung an den Hersteller geknüpft, der den Antrag gestellt hat.
Das sind: für den Mehlkäfer die SAS EAP Group, für die Wanderheuschrecke und die Hausgrille die Fair Insects BV, für das teilweise entfettete Pulver der Hausgrille die Cricket One Co. Ltd, und für den Getreideschimmelkäfer/Buffalowurm die Ynsect NL BV.
Der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit liegen derzeit acht weitere Anträge auf Marktzulassung vor.
Die Hersteller wollen die Insekten in verschiedenen Formen vermarkten. Die Sicherheitsbewertung der EFSA läuft.
Insekten als Lebensmittel ist in der EU derzeit eine sehr kleine Marktnische. Insekten für Lebensmittel zu züchten, bringt einige Vorteile für die Umwelt mit sich.
Die Tiere haben eine hohe Futterverwertungseffizienz, es fallen weniger Treibhausgasemissionen an, es wird weniger Wasser und Ackerland verbraucht und insektenbasierte Biokonversion ist eine marktfähige Lösung zur Reduzierung von Lebensmittelabfällen.
Die Welternährungsorganisation FAO hat in verschiedenen Studien festgestellt, dass Insekten eine sehr nahrhafte und gesundeNahrungsquelle mit einem hohen Gehalt an Fett, Eiweiß, Vitaminen, Ballaststoffen und Mineralien sind. Das macht sie interessant für die Suche nach Alternativen zu konventionellen Nutztieren.
Mit Blick auf steigenden Kosten für tierisches Eiweiß, Ernährungsunsicherheit, Umweltbelastung, Bevölkerungswachstum und steigende Nachfrage nach Proteinen in der Mittelschicht sieht die FAO Insekten als wichtiges Thema für Lebensmittel im 21. Jahrhundert an. Der Verzehr von Insekten als Alternative zu konventionellen Nutztieren trage positiv zur Umwelt, zur Gesundheit und zur Lebensgrundlage bei.
Im Rahmen von Horizont Europa, dem Forschungsprogramm der Europäischen Union, gelten insektenbasierte Proteine als einer der Schlüsselbereiche der Forschung.
Novel Food lässt sich mit „neuartige Lebensmittel“ übersetzen. Neuartig bedeutet hier: Sie wurden vor dem Stichtag 15. Mai 1997 in der EU in „nicht nennenswertem Umfang“ konsumiert. Die Novel-Food-Verordnung schafft ein Gleichgewicht aus Innovation und Sicherheit.
Sie betrifft so vielfältige Lebensmittel wie etwa Insekten, Algen, neue Pflanzenproteine und traditionelle Lebensmittel aus Drittländern.
Die zwischen 2021 und 2023 erteilten Zulassungen wurden im Rahmen der oben erwähnten EU-Regeln für neuartige Lebensmittel erteilt. Die Verordnung zu neuartigen Lebensmitteln gilt in ihrer jetzigen Form seit 2018. Zuvor galt eine frühere Version der Verordnung.
Unter den EU-Mitgliedstaaten gab es Zweifel, ob ganze Insekten unter die frühere Verordnung über neuartige Lebensmittel fallen. Diese Unsicherheit wurde durch das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (1. Oktober 2020) geklärt.
Der Gerichtshof kam zu dem Schluss, dass ganze Insekten nicht in den Anwendungsbereich dieser Verordnung fallen und daher ohne eine Genehmigung vor dem Inverkehrbringen auf den Markt gebracht werden können.
Die aktuelle Novel-Food-Verordnung wiederum, die seit dem 1. Januar 2018 gilt, betrachtet ganze Insekten ausdrücklich als neuartige Lebensmittel. Somit ist für sie eine Zulassung erforderlich.
Um die Auswirkungen dieser Ausweitung der Regelung für neuartige Lebensmittel auf die Lebensmittelunternehmer, die ganze Insekten vermarkten, abzumildern, sieht die aktuelle Verordnung eine Übergangsfrist vor, die es den Lebensmittelunternehmern erlaubt, unter bestimmten Bedingungen weiterhin ganze Insekten in Verkehr zu bringen.
Insbesondere musste dafür aber bis zum 1. Januar 2019 ein Antrag auf Zulassung nach der geltenden Verordnung über neuartige Lebensmittel bei der Kommission eingereicht werden. Deshalb sind einige Insekten bereits auf dem Markt, während ihre wissenschaftliche Bewertung nach der Verordnung über neuartige Lebensmittel noch läuft.
Pressekontakt: claudia [dot] guskeec [dot] europa [dot] eu (Claudia Guske). Mehr Informationen zu allen Pressekontakten hier.
Anfragen von Bürgerinnen und Bürgern beantwortet das Team des Besucherzentrums ERLEBNIS EUROPA per frageerlebnis-europa [dot] eu (E-Mail) oder telefonisch unter (030) 2280 2900.