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Vertretung in Deutschland
Pressemitteilung20. Juni 2024Vertretung in DeutschlandLesedauer: 3 Min

Beihilfe-Entscheidung der EU-Kommission zu Steuervorschriften für Spielbankunternehmen in Deutschland

European flags in front of the Berlaymont building, headquarter of the EC.

Die Europäische Kommission hat festgestellt, dass die in Deutschland geltenden besonderen Steuerregelungen für Spielbankunternehmen nicht mit den EU-Beihilfevorschriften im Einklang stehen. Deutschland muss diese Beihilfen einschließlich Zinsen zurückfordern und die Steuerregelungen abschaffen.

Die für Wettbewerbspolitik zuständige Exekutiv-Vizepräsidentin Margrethe Vestager sagte: „Unsere eingehende Prüfung hat bestätigt, dass die besonderen Steuervorschriften für Spielbankunternehmen in Deutschland nicht mit den EU-Beihilfevorschriften vereinbar sind. Deutschland muss die Beihilfen nun zurückfordern, die besondere Steuerregelung abschaffen und dafür sorgen, dass Spielbankunternehmen die gleichen Steuern zahlen wie private Anbieter.“

Prüfverfahren der Kommission

Die Kommission leitete im Dezember 2019 ein eingehendes Prüfverfahren ein, um zu klären, ob die besonderen Steuerregelungen für Spielbankunternehmen in Deutschland mit den Beihilfevorschriften im Einklang stehen. Zur Einleitung des Verfahrens hatten Beschwerden von Wettbewerbern der Spielbankunternehmen geführt.

In Deutschland unterliegen Spielbankunternehmen einer besonderen Steuerregelung (je einer Regelung pro Bundesland), die eine Reihe sonst geltender allgemeiner Steuern ersetzt, so insbesondere die Körperschafts- oder Einkommensteuer und eine lokale Vergnügungssteuer.

Beihilferechtliche Würdigung der Kommission

Die Kommission gelangte durch die Prüfung zu dem Ergebnis, dass die besonderen Steuerregelungen den Spielbankunternehmen einen wirtschaftlichen Vorteil verschaffen, da die sich daraus ergebende Steuerlast potenziell geringer ist als die Steuerlast nach den normalen Steuervorschriften.

Ferner ergab die Prüfung, dass der Vorteil aufgrund der Ausgestaltung der besonderen Steuervorschriften nicht automatisch gewährt wird und auch nicht in allen Steuerjahren bzw. für alle Wirtschaftsteilnehmer entsteht. Daher wird es Aufgabe der deutschen Behörden sein festzustellen, ob den Spielbankunternehmen ein Vorteil gewährt wurde oder nicht. Nach den vorläufigen Berechnungen der Kommission könnten die jüngsten Ermäßigungen der besonderen Steuern in bestimmten Bundesländern zumindest für einige der dort tätigen Spielbankunternehmen zu Vorteilen geführt haben.

Die Kommission hat auch die kürzlich erfolgte Änderung der besonderen Steuervorschriften in Hamburg berücksichtigt. Dort führte der Gesetzgeber mit Wirkung zum 1. Januar 2024 proaktiv eine neue Ausgleichsabgabe für die Spielbankunternehmen ein. Sie wird entrichtet, wenn die Steuerlast des Spielbankunternehmens nach den besonderen Steuervorschriften niedriger ist als sie es nach den normalen Steuervorschriften wäre. Nach Auffassung der Kommission verhindert dieser Mechanismus automatisch, dass dem Spielbankunternehmen ein Vorteil gewährt wird, sodass die in Hamburg seit dem 1. Januar 2024 geltenden besonderen Steuervorschriften keine staatliche Beihilfe darstellen.

Deutschland muss nun die nicht mit dem Binnenmarkt vereinbaren Beihilfen zuzüglich Zinsen zurückfordern. Da es Deutschland obliegt festzustellen, ob den Spielbankunternehmen ein Vorteil gewährt wurde oder nicht, und gegebenenfalls den Betrag zu bestimmen, der von jedem potenziellen Empfänger unzulässiger Beihilfen zurückzufordern ist, wird sich erst zu einem späteren Zeitpunkt herausstellen, wie hoch der zurückzufordernde Gesamtbetrag ist.

Hintergrund

Nach Artikel 107 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union stellt eine Maßnahme eine staatliche Beihilfe dar, wenn die folgenden vier Voraussetzungen erfüllt sind: i) Die Maßnahme wird von Mitgliedstaaten aus staatlichen Mitteln gewährt, ii) sie verschafft bestimmten Unternehmen einen selektiven wirtschaftlichen Vorteil, iii) dieser Vorteil verfälscht den Wettbewerb oder droht, ihn zu verfälschen, und iv) die Maßnahme beeinträchtigt den Handel zwischen EU-Mitgliedstaaten.

Der Gerichtshof der Europäischen Union hat in Rechtssachen, in denen es um eine Abweichung von den normalen Steuervorschriften ging, entschieden, dass das Kriterium des Vorteils bereits dann erfüllt ist, wenn eine Regelung lediglich einen „potenziellen“ Vorteil gewährt, der nur unter bestimmten Umständen oder in bestimmten Steuerjahren auch wirklich eintritt.

Den EU-Beihilfevorschriften zufolge müssen nicht mit dem Binnenmarkt vereinbare staatliche Beihilfen zurückgefordert werden, um die beihilfebedingte Verfälschung des Wettbewerbs zu beseitigen. Geldbußen sind nicht vorgesehen, doch soll durch die Rückforderung die Situation wiederhergestellt werden, die vor der Auszahlung einer Beihilfe auf dem Binnenmarkt bestand. Durch die Rückzahlung unzulässiger Beihilfen verliert der Empfänger den Vorteil wieder, den die Beihilfe ihm gegenüber seinen Wettbewerbern verschafft hatte.

Sobald alle Fragen im Zusammenhang mit dem Schutz vertraulicher Daten geklärt sind, wird die nichtvertrauliche Fassung des Beschlusses über das Beihilfenregister auf der Website der GD Wettbewerb der Kommission unter der Nummer SA.44944 und SA.53552 zugänglich gemacht. 

Weitere Informationen

Vollständige Pressemitteilung

Über neu im Internet und im Amtsblatt veröffentlichte Beihilfebeschlüsse informiert der elektronische Newsletter Competition Weekly e-News.

Pressekontakt: Martha Schillmöller, Tel.: +49 30 2280-2200. Mehr Informationen zu allen Pressekontakten hier.

Anfragen von Bürgerinnen und Bürgern beantwortet das Team des Besucherzentrums ERLEBNIS EUROPA per frageaterlebnis-europa [dot] eu (E-Mail) oder telefonisch unter (030) 2280 2900.

 

Einzelheiten

Datum der Veröffentlichung
20. Juni 2024
Autor
Vertretung in Deutschland