Die Europäische Kommission hat ein förmliches Verfahren eingeleitet, um zu prüfen, ob Microsoft möglicherweise gegen die EU-Wettbewerbsvorschriften verstoßen hat. Konkret geht es darum, dass das Unternehmen sein Kommunikations- und Kooperationsprodukt Teams mit seinen Firmenplattformen Office 365 und Microsoft 365 verknüpft oder gebündelt hat. Margrethe Vestager, Exekutiv-Vizepräsidentin der EU-Kommission und zuständig für Wettbewerbspolitik, erklärte: „Fernkommunikations- und Kooperationsinstrumente wie Teams sind für viele Unternehmen in Europa unverzichtbar geworden. Wir müssen daher sicherstellen, dass die Märkte für diese Produkte wettbewerbsoffen bleiben und die Unternehmen frei wählen können, welche Produkte ihren Bedürfnissen am besten entsprechen.“
Das weltweit tätige Technologieunternehmen Microsoft bietet Produktivitäts- und Verwaltungssoftware, zentrale Datenspeicherung und -verarbeitung („Cloud Computing“) und individuelle Datenverarbeitung an. Teams ist ein cloudgestütztes Kommunikations- und Kooperationsprogramm. Es bietet Funktionen wie Nachrichtenübermittlung, Anrufe, Videobesprechungen und gemeinsame Arbeit an und Nutzung von Datensätzen und bringt die Arbeitsplatzprogramme und andere Anwendungen von Microsoft und Dritten zusammen.
Veränderung der Arbeitsabläufe durch die Pandemie
Der Coronavirus-Ausbruch hat den Übergang zur Telearbeit sowie den Umstieg von Unternehmen auf die Nutzung externer Internet-Großrechner („Cloud“) und die Einführung cloudgestützter Software für Kommunikation und Zusammenarbeit beschleunigt. Der Übergang zur Cloud hat das Entstehen neuer Marktteilnehmer und Geschäftsmodelle ermöglicht. Sie erlauben es den Kunden, verschiedene Arten von Software unterschiedlicher Anbieter zu nutzen, ohne dass ein internes Rechenzentrum unterhalten werden muss. Cloudgestützte Software, einschließlich der untersuchten Produkte, wird in der Regel auf Abonnementbasis vertrieben.
Möglicher Missbrauch von Microsofts Marktposition
Microsoft hat Teams in seine erfolgreichen cloudgestützten Plattformen für Geschäftskunden, Office 365 und Microsoft 365, eingebunden. Die Kommission befürchtet, dass Microsoft seine Marktposition bei Produktivitätssoftware missbrauchen und verteidigen könnte, indem es den Wettbewerb im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) bei Kommunikations- und Kooperationsprodukten einschränkt.
Die Kommission hat insbesondere Bedenken, dass Microsoft Teams einen Vertriebsvorteil gewähren kann - indem es den Kunden nicht die Wahl lässt, ob sie Zugang zu diesem Produkt haben, wenn sie ihre Firmenplattformen abonnieren, und möglicherweise die Interoperabilität zwischen ihren Produktivitätsprogrammen und konkurrierenden Angeboten einschränkt.
Solche Verhaltensweisen können wettbewerbswidrige Kopplungs- oder Bündelungspraktiken darstellen und verhindern, dass Anbieter anderer Kommunikations- und Kooperationssoftware in Wettbewerb zu Teams treten können. Das wäre wiederum zum Nachteil der Kunden im Europäischen Wirtschaftsraum („EWR“).
Sollte dies nachgewiesen werden, könnte das untersuchte Verhalten gegen die EU-Wettbewerbsvorschriften verstoßen, die den Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung verbieten (Artikel 102 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV)).
Die Kommission wird diese eingehende Untersuchung vorrangig behandeln. Das Verfahren wird ergebnisoffen geführt.
Hintergrund
Am 14. Juli 2020 reichte Slack Technologies, Inc. eine Beschwerde gegen Microsoft ein, in der das Unternehmen Microsoft vorwarf, Teams rechtswidrig an seine marktbeherrschenden Produktivitätsplattformen gekoppelt zu haben.
Artikel 102 AEUV verbietet die missbräuchliche Ausnutzung einer beherrschenden Stellung, die den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen und den Wettbewerb verhindern oder einschränken kann. Die Durchführung dieser Bestimmung ist in der Kartellverordnung (Verordnung Nr. 1/2003 des Rates) geregelt, die auch von den nationalen Wettbewerbsbehörden angewandt werden kann.
Nach Artikel 11 Absatz 6 der Kartellverordnung entfällt mit der Verfahrenseinleitung durch die Kommission die Zuständigkeit der mitgliedstaatlichen Wettbewerbsbehörden für die Anwendung des EU-Wettbewerbsrechts in der jeweiligen Sache. Artikel 16 Absatz 1 dieser Verordnung besagt ferner, dass die Gerichte der Mitgliedstaaten keine Entscheidungen erlassen dürfen, die einem Beschluss zuwiderlaufen, den die Kommission in einem von ihr eingeleiteten Verfahren zu erlassen beabsichtigt.
Die Kommission hat Microsoft und die Wettbewerbsbehörden der Mitgliedstaaten über die Einleitung des Verfahrens in dieser Sache informiert.
Für den Abschluss einer kartellrechtlichen Untersuchung gibt es keine verbindliche Frist. Ihre Dauer hängt von mehreren Faktoren ab, so etwa von der Komplexität des jeweiligen Falles, der Bereitschaft der betroffenen Unternehmen zur Zusammenarbeit mit der Kommission sowie der Ausübung der Rechte auf Verteidigung.
Weitere Informationen zu diesem Kartellfall können auf der Website der Generaldirektion Wettbewerb über das öffentlich zugängliche Register unter der Nummer AT.40721 eingesehen werden.
Weitere Informationen
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Einzelheiten
- Datum der Veröffentlichung
- 27. Juli 2023
- Autor
- Vertretung in Deutschland