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Vertretung in Deutschland
Presseartikel16. September 2021Vertretung in DeutschlandLesedauer: 7 Min

Lage der Union: Kommission ruft Mitgliedstaaten auf, die Sicherheit von Journalisten in der EU zu verbessern

Wie von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in ihrer Rede zur Lage der Union angekündigt, hat die Kommission heute (Donnerstag) erstmals eine Empfehlung zur Verbesserung der Sicherheit von Journalistinnen und Journalisten vorgelegt. Darin...

Binnenmarktkommissar Thierry Breton fügte hinzu: „Medienfreiheit und -pluralismus gehören zum Kern unserer Werte als EU; wir müssen sie aktiv verteidigen. Nicht nur die Medienbranche verändert und entwickelt sich ständig weiter, sondern auch die Bedrohungen, denen Medienschaffende bei der Ausübung ihres Berufs ausgesetzt sind. Online-Drohungen sind eine neue Realität. Heute legen wir eine Empfehlung vor, die unsere Bemühungen dort konzentriert, wo sie am nötigsten sind: bei der Gewährleistung der Sicherheit von Journalisten, online ebenso wie offline.“

Journalistinnen und Journalisten waren in den letzten Jahren immer häufiger das Ziel von Angriffen. In den tragischsten Fällen wurden Journalisten sogar ermordet. Die COVID-19-Krise hat ihnen ihre Arbeit durch geringere Einkommen – besonders für Freiberufler – und eingeschränkten Zugang zu Veranstaltungsorten noch weiter erschwert. Um diesen Trend umzukehren, legt die Kommission Maßnahmen fest, mit denen die Mitgliedstaaten die Sicherheit von Journalisten – offline und online – verbessern sollen.

Empfehlung zur Sicherheit von Journalisten

Die Empfehlung enthält Empfehlungen unter anderem mit den Schwerpunkten Proteste und Demonstrationen, Online-Sicherheit und Stärkung der digitalen Kompetenz, Journalistinnen und Minderheiten angehörende Journalisten.

1. Allgemeine Empfehlungen

Angesichts der steigenden Zahl von Angriffen auf Journalisten – mehr als 900 Angriffe in der EU im Jahr 2020 – werden die Mitgliedstaaten in der Empfehlung aufgerufen, alle Straftaten entschlossen zu untersuchen und strafrechtlich zu verfolgen und dabei die bestehenden nationalen und europäischen Rechtsvorschriften umfassend zu nutzen. Die Mitgliedstaaten werden aufgefordert, in geeigneten Fällen europäische Behörden wie Europol und Eurojust einzubeziehen. Die Mitgliedstaaten sollten eine bessere Zusammenarbeit zwischen Vollzugsbehörden und Medieneinrichtungen fördern, um die Bedrohungen, denen Journalisten ausgesetzt sind, effizienter erkennen und bewältigen zu können, und Journalisten, deren Sicherheit gefährdet ist, persönlichen Schutz bieten. Außerdem ist von entscheidender Bedeutung, dass die Medien diskriminierungsfreien Zugang zu Informationen haben, einschließlich Pressekonferenzen und Dokumenten, die sich im Besitz von Behörden befinden. Darüber hinaus wird in den Empfehlungen die Bedeutung der Ausbildung und der Erleichterung des Zugangs zu sozialem Schutz für alle Medienschaffenden hervorgehoben.

2. Proteste und Demonstrationen

Fast jeder dritte Vorfall ereignet sich bei Demonstrationen. Demonstrationen sind somit der Ort, an dem Journalisten 2020 am häufigsten angegriffen wurden. Die Mitgliedstaaten sollten mit regelmäßigen Schulungen bei den Vollzugsbehörden dafür sorgen, dass Journalisten und andere Medienschaffende während solcher Veranstaltungen sicher und ohne Einschränkungen arbeiten können. Die Zusammenarbeit mit Vertretern der Journalisten ist für die Entscheidung über die am besten geeigneten Maßnahmen unerlässlich, beispielsweise im Hinblick auf die visuelle Identifizierung von Medienschaffenden. Die Benennung von Verbindungsbeamten, die Journalisten im Vorfeld geplanter Proteste oder Demonstrationen über potenzielle Risiken informieren, gehört ebenfalls zu den empfohlenen Maßnahmen.

3. Online-Sicherheit und Stärkung der digitalen Kompetenz

Digitale Sicherheit und Online-Sicherheit sind aufgrund der Aufstachelung zu Hass und der Androhung körperlicher Gewalt im Internet, aber auch aufgrund von Cybersicherheitsrisiken und illegaler Überwachung zu einem großen Anliegen von Journalisten geworden. Die Mitgliedstaaten werden aufgefordert, die Zusammenarbeit zwischen Online-Plattformen und Organisationen mit besonderem Fachwissen zur Bekämpfung von Bedrohungen, denen Journalisten ausgesetzt sind, zu fördern, indem sie sie beispielsweise in ihrer potenziellen Rolle als vertrauenswürdige Hinweisgeber bestärken. Die zuständigen nationalen Cybersicherheitseinrichtungen sollten Journalisten auf Anfrage dabei unterstützen, Angriffe auf ihre Geräte oder Online-Konten festzustellen, indem die Dienste kriminaltechnischer Ermittler im Bereich der Cybersicherheit in Anspruch genommen werden. Die Mitgliedstaaten sollten sich auch für einen regelmäßigen Dialog zwischen diesen Cybersicherheitseinrichtungen, den Medien und der Industrie einsetzen, insbesondere im Hinblick auf die Förderung des Cybersicherheitsbewusstseins und der digitalen Kompetenzen von Journalisten.

4. Journalistinnen, Journalisten, die Minderheiten angehören, und Journalisten, die über Gleichstellungsfragen berichten

Journalistinnen, Journalisten, die Minderheiten angehören, und Journalisten, die über Gleichstellungsfragen berichten, sind besonders anfällig für Bedrohungen und Angriffe. Journalistinnen sind häufiger Bedrohungen ausgesetzt als ihre männlichen Kollegen. 73 % von ihnen gaben an, während ihrer Arbeit Online-Gewalt erlebt zu haben. In der Empfehlung wird von den Mitgliedstaaten nachdrücklich verlangt, Initiativen zu unterstützen, die darauf abzielen, die Handlungskompetenz von Journalistinnen, Journalisten, die Minderheiten angehören, und Journalisten, die über Gleichstellungsfragen berichten, zu stärken. Die Mitgliedstaaten werden darin aufgefordert, Transparenz und effektive Berichterstattung bei Angriffen und Diskriminierung gegenüber diesen Journalisten zu verbessern und ihnen Informationen darüber zur Verfügung zu stellen, wie sie Hilfe und Unterstützung suchen können. Darüber hinaus wird in der Empfehlung die Notwendigkeit betont, Gleichstellung und Inklusion in den Nachrichtenredaktionen und der Medienbranche insgesamt zu fördern und die kontinuierliche Entwicklung von Kompetenzen und Fähigkeiten in allen Berufen zu fördern, die für den Schutz von Journalisten relevant sind.

Die nächsten Schritte

Die Kommission wird in einschlägigen Foren, insbesondere im Rahmen des Europäischen Nachrichtenmedienforums, Gespräche mit den Mitgliedstaaten und Interessenträgern über die Umsetzung der Empfehlung führen. Ferner wird die Kommission im Rahmen von Evaluierungen eine Bestandsaufnahme der erzielten Fortschritte vornehmen und im jährlichen Bericht über die Rechtsstaatlichkeit weiterhin die Sicherheit von Journalisten in allen Mitgliedstaaten analysieren. Die Mitgliedstaaten sollten der Kommission 18 Monate nach Annahme der Empfehlung über die zu deren Umsetzung getroffenen Maßnahmen Bericht erstatten.

EU-Mittel zur Unterstützung der Mitgliedstaaten bei der Umsetzung dieser Empfehlung stehen im Rahmen mehrerer Programme und Projekte zur Verfügung, unter anderem für die Schulung von Richtern, Polizeikräften und Journalisten. Außerdem leistet die EU einen Finanzbeitrag zum europäischen Krisenreaktionsmechanismus unter der Leitung des Europäischen Zentrums für Presse- und Medienfreiheit in Leipzig (Deutschland). Es leistet vielfältige Unterstützung, z. B. bei Rechtsverteidigung und Rechtsgutachten, aber auch Soforthilfe etwa für Reisekosten, psychologische Betreuung und Familienkosten, Unterkünfte in Deutschland und Italien sowie Durchführung und Unterstützung von Schulungen auf dem gesamten Kontinent. Darüber hinaus veröffentlicht die Kommission heute eine neue Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen zum Thema Medienfreiheit und investigativer Journalismus, für die knapp 4 Mio. Euro an EU-Mitteln bereitgestellt werden. Mit dieser Initiative werden zwei gesonderte Maßnahmen unterstützt: der europaweite Reaktionsmechanismus für Verstöße gegen die Presse- und Medienfreiheit und die Nothilfe für Enthüllungsjournalisten und Medienorganisationen zur Sicherung der Medienfreiheit in der Union.

Hintergrund

Die zunehmende Zahl von körperlichen, rechtlichen und onlinebasierten Bedrohungen und Angriffen, denen Journalisten und andere Medienschaffende in den letzten Jahren ausgesetzt waren, stellt – wie in den Berichten der Kommission über die Rechtsstaatlichkeit 2020 und 2021 ausgeführt – einen besorgniserregenden Trend dar.

Tätliche Angriffe wurden insbesondere im Zusammenhang mit öffentlichen Protesten gemeldet, und in mehreren Mitgliedstaaten wurden Journalisten von Demonstranten, in manchen Fällen aber auch von Polizeikräften angegriffen. Online-Drohungen nehmen in der gesamten EU zu, wobei Journalistinnen sowie Journalisten, die einer Minderheit angehören, besonders gefährdet sind. Dies ist insbesondere besorgniserregend, wenn solche Angriffe von Politikern oder anderen mächtigen Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens ausgehen.

Die Empfehlung, die erstmals im Aktionsplan für Demokratie in Europa angekündigt wurde, ist Teil umfassenderer Bemühungen der EU zur Unterstützung von Medienfreiheit und -pluralismus. Sie baut auf der Empfehlung des Europarats zum Schutz des Journalismus und zur Sicherheit von Journalisten und anderen Medienakteuren auf und berücksichtigt die Beiträge, die während der ersten Tagung des Europäischen Nachrichtenmedienforums gesammelt wurden. Zur Vorbereitung der Empfehlung fand im März 2021 ein strukturierter Dialog statt, an dem Mitgliedstaaten, Journalisten, Journalistenverbände und internationale Organisationen teilnahmen.

Im Aktionsplan für Demokratie in Europa wurden für die Amtszeit dieser Kommission mehrere Maßnahmen zur Unterstützung von Medienfreiheit und -pluralismus angekündigt. Die Kommission wird ihre laufenden Bemühungen fortsetzen, um eine nachhaltige Finanzierung für Projekte bereitzustellen, deren Schwerpunkt auf juristischer und praktischer Unterstützung für Journalisten innerhalb und außerhalb der EU liegt. Die EU-Mittel für laufende Projekte zur Förderung der Sicherheit von Journalisten, der Medienfreiheit und des Medienpluralismus belaufen sich auf insgesamt 21,5 Mio. EUR. Die Kommission arbeitet auch an einer Initiative zum Schutz von Journalisten und Rechtsverteidigern vor Verfahrensmissbrauch (strategische Klagen gegen die Beteiligung der Öffentlichkeit – SLAPP).

Darüber hinaus wird die Kommission 2022 einen Europäischen Rechtsakt zur Medienfreiheit vorlegen, um die Unabhängigkeit der Medien zu gewährleisten.

Weitere Informationen:

Vollständige Pressemitteilung

Empfehlung zu Schutz, Sicherheit und Handlungskompetenz von Journalisten und anderen Medienschaffenden in der Europäischen Union

Factsheet – Schutz, Sicherheit und Handlungskompetenz von Journalisten: Empfehlung der Kommission

Medienfreiheit und -pluralismus

Ausschreibungen im Mediensektor – Unterstützung der EU für Medienfreiheit und -pluralismus

Initiative „NEWS“

Empfehlung des Europarats zum Schutz des Journalismus und zur Sicherheit von Journalisten und anderen Medienakteuren

Rede von Präsidentin von der Leyen zur Lage der Union

Pressekontakt: katrin [dot] ABELEatec [dot] europa [dot] eu ( Katrin Abele) und nikola [dot] johnatec [dot] europa [dot] eu (Nikola John). Mehr Informationen zu allen Pressekontakten hier.

Anfragen von Bürgerinnen und Bürgern beantwortet das Team des Besucherzentrums ERLEBNIS EUROPA per frageaterlebnis-europa [dot] eu (E-Mail) oder telefonisch unter (030) 2280 2900.

Einzelheiten

Datum der Veröffentlichung
16. September 2021
Autor
Vertretung in Deutschland