Die Europäische Kommission und die Hohe Vertreterin der EU für Sicherheits- und Außenpolitik Kaja Kallas haben ein Weißbuch zur europäischen Verteidigung – Bereitschaft 2030 vorgelegt. Dazu kommt der ehrgeizige Plan „ReARM Europe“, der den EU-Mitgliedstaaten finanzielle Hebel bietet, um Investitionen in Verteidigungsfähigkeiten zu beschleunigen. Mit „ReARM Europe“ werden die gesamteuropäischen Verteidigungsfähigkeiten durch neue finanzielle Mittel stärkt; das Weißbuch legt einen neuen Ansatz für die Verteidigung fest und ermittelt den Investitionsbedarf.
Ära der Friedensdividende ist vorüber
Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen erklärte: „Die Ära der Friedensdividende ist lange vorbei. Die Sicherheitsarchitektur, auf die wir uns verlassen haben, ist nicht mehr selbstverständlich. Europa ist bereit, seine Anstrengungen zu intensivieren. Wir müssen in die Verteidigung investieren, unsere Fähigkeiten stärken und einen proaktiven Sicherheitsansatz verfolgen.“ Der für Verteidigung und Weltraum zuständige Kommissar Andrius Kubilius sagte: „Spätestens jetzt ist klar, dass eine starke europäische Verteidigungsindustrie die Grundvoraussetzung für die Sicherheit Europas ist. Wir bauen Produktionskapazitäten aus, investieren beständig in Innovation und verbessern die grenzüberschreitende Zusammenarbeit – so stellen wir nicht nur unsere Einsatzbereitschaft sicher, sondern stärken auch unsere industrielle Basis.“
Weißbuch
Wie die Kommissionspräsidentin in den politischen Leitlinien dargelegt hat, haben die vergangenen Jahre den chronischen Investitionsmangel und den Mangel an effizienten Ausgaben für die militärischen Fähigkeiten Europas offenbart. Das Weißbuch schafft den Rahmen für den neuen Ansatz und ermittelt den Investitionsbedarf Europas. Um die Herausforderungen effizient zu meistern, formuliert das Weißbuch diverse Handlungsschwerpunkte:
- Lücken bei den Fähigkeiten schließen, mit dem Fokus auf den von den Mitgliedstaaten ermittelten kritischen Fähigkeiten;
- Unterstützung der europäischen Verteidigungsindustrie, unter anderem durch vereinfachte Vorschriften und gestraffte Industrieprogramme;
- Unterstützung der Ukraine durch verstärkte militärische Hilfe und eine vertiefte Integration der europäischen und ukrainischen Verteidigungsindustrie;
- Ausbau des europäischen Binnenmarktes für Verteidigung, unter anderem durch Vereinfachung der Vorschriften.
- Beschleunigung des Wandels der Verteidigung durch Innovationen wie KI und Quantentechnologie;
- Verbesserte Bereitschaft Europas für Worst-Case-Szenarien durch verbesserte militärische Mobilität, Bevorratung und Stärkung der Außengrenzen, insbesondere der Landgrenze zu Russland und Belarus;
- Stärkung der Partnerschaft mit gleichgesinnten Ländern auf der ganzen Welt.
ReARM Europe
Wie von der Kommissionspräsidentin angekündigt legt der Plan „ReARM Europe“ dar, welche finanziellen Möglichkeiten den EU-Mitgliedstaaten unmittelbar zur Verfügung stehen, um die Ausgaben für Verteidigungsfähigkeiten rasch und deutlich zu steigern. Mit dem Plan werden über 800 Milliarden Euro für die folgenden Säulen bereitgestellt:
- Öffentliche Mittel für die Verteidigung auf nationaler Ebene mobilisieren
Die Kommission schlägt den Mitgliedstaaten vor, die nationale Ausweichklausel des Stabilitäts- und Wachstumspakts zu aktivieren. Diese bietet ihnen im Rahmen der Haushaltsregeln der EU zusätzlichen haushaltspolitischen Spielraum für die Erhöhung ihrer Verteidigungsausgaben.
Um die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen zu wahren, gelten folgende Beschränkungen:
- Nur die Verteidigungsausgaben dürfen erhöht werden, wobei die statistische Kategorie „Verteidigung“ der Klassifikation der Staatsausgaben nach dem Verwendungszweck (COFOG) gilt;
- das Maximum liegt bei 1,5 Prozent des BIP in jedem Jahr, in dem die nationale Ausweichklausel aktiviert ist;
- der Zeitraum ist auf vier Jahre beschränkt.
- Neues spezifisches Instrument: Sicherheitsmaßnahmen für Europa (Security Action for Europe, SAFE)
Die Kommission wird unter Anwendung ihres bewährten einheitlichen Finanzierungskonzepts bis zu 150 Milliarden Euro auf den Kapitalmärkten mobilisieren und so die EU-Mitgliedstaaten dabei unterstützen, die Investitionen in die Verteidigungsfähigkeiten Europas rasch und umfassend zu erhöhen. Diese Mittel werden interessierten Mitgliedstaaten auf Anfrage und basierend auf nationalen Plänen ausgezahlt.
Die Auszahlungen erfolgen in Form von Darlehen mit langen Laufzeiten und wettbewerbsfähigen Preisen, die attraktive Strukturen aufweisen und von den begünstigten Mitgliedstaaten zurückzuzahlen sind. Die Darlehen werden durch den Handlungsspielraum im EU-Haushalt abgesichert.
SAFE wird die Mitgliedstaaten dazu anhalten, Ausgaben zielgerichteter, gemeinsam und in Europa zu tätigen und so für Interoperabilität, Planbarkeit und Kostensenkungen im Sinne einer starken industriellen Basis der europäischen Verteidigung sorgen.
- Spar- und Investitionsunion schneller umsetzen, privates Kapital mobilisieren
Im Rahmen von „ReARM“ wird auch darauf gezählt, dass die Europäische Investitionsbank-Gruppe den Umfang ihrer Kreditvergabe auf Verteidigungs- und Sicherheitsprojekte ausweitet und dabei ihre Finanzierungskapazität sichert. So werden einerseits umfassende Finanzmittel mobilisiert und zudem ein positives Signal an die Märkte gesendet.
Öffentliche Investitionen allein werden letzten Endes nicht ausreichen, um den Investitionsbedarf der Verteidigungsindustrie zu decken. Zu diesem Zweck hat die Kommission heute auch die Strategie für die Spar- und Investitionsunion angenommen. Sie wird es interessierten Menschen in Europa erleichtern, private Ersparnisse in kritischen Wirtschaftszweigen wie der Verteidigung anzulegen.
Terminhinweis für Freitag: Livestream
Die Kommissionsvertretung in Deutschland hat für Freitagnachmittag (21.3. ab 15:30 Uhr) eine Informationsveranstaltung zum Weißbuch organisiert. Details dazu kann man hier nachlesen. Die Teilnahme vor Ort ist nur auf Einladung möglich, aber wir streamen die Diskussion mit dem für Verteidigung zuständigen EU-Kommissar Andrius Kubilius (und zwar in der deutschen Übersetzung, die Diskussion findet auf Englisch statt) live auf YouTube und Facebook.
Weitere Informationen
Pressekonferenz von HRVP Kallas und Kommissar Kubilius (Video)
Pressemitteilung in voller Länge (engl. – die deutsche Fassung folgt)
Weißbuch zur Zukunft der europäischen Verteidigung
Fragen und Antworten zum Weißbuch
Fragen und Antworten zu „ReARM“
Rede der Kommissionspräsidentin an der Dänischen Militärakademie (18.3.2025)
Pressekontakt: Birgit Schmeitzner, Tel.: +49 (30) 2280-2300. Mehr Informationen zu allen Pressekontakten hier.
Anfragen von Bürgerinnen und Bürgern beantwortet das Team des Besucherzentrums ERLEBNIS EUROPA per E-Mail oder telefonisch unter (030) 2280 2900.
Einzelheiten
- Datum der Veröffentlichung
- 19. März 2025
- Autor
- Vertretung in Deutschland