Nr. 39 vom 14. November 2024
EU-Nachrichten 14.11.2024
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EU-Nachrichten 14.11.2024: 35 Jahre Mauerfall | gefälschte Waren | Verteidigungsprojekte| Bürokratieabbau | Vertragsverletzungsverfahren | Borrell in der Ukraine| | Erforschung des Gehirns | Sinkende Arbeitslosenzahlen EU | Kulturzug | Karriere bei der EU
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Editorial
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
Am vergangenen Wochenende stand Berlin ganz im Zeichen von 35 Jahren Mauerfall, einem entscheidenden Moment in der deutschen und europäischen Geschichte. Damals haben mutige Menschen auf friedlichem Wege etwas Großes geschaffen, für Freiheit, Demokratie und Menschenrechte. Wir haben im Ausstellungsraum ERLEBNIS EUROPA mitgemacht, u.a. mit einem Mauerquiz, wir haben bei den Konzerten entlang der einstigen Mauer und beim krönenden Auftritt der Band für Freiheit abends am Brandenburger Tor mitgesungen und uns viele Schilder und Plakate der Openair-Installation quer durch die Innenstadt angeschaut. Es war uns ein Fest.
Außerdem noch ein Hör-Tipp: Kulturpolitik zwischen Berlin und Brüssel - dieses Thema liegt der Kommissionsvertreterin in Deutschland Barbara Gessler im Blut: Bestens vernetzt nach vielen Jahren u.a. beim EU-Förderprogramm Creative Europe spricht sie im Podcast Next Generation der KuPoGe (Kulturpolitische Gesellschaft) über ihre Erfahrungen, nachzuhören auf verschiedenen Plattformen (u.a. hier und hier).
Viele Grüße vom Presseteam der Vertretung der Europäischen Kommission in Berlin. Haben Sie noch eine schöne Woche!
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Highlights
Was tut die EU dagegen, dass gefälschte und potentiell gefährliche Produkte auf den europäischen Markt kommen? Der gemeinsame Bericht von Kommission und dem Amt der EU für geistiges Eigentum für das Jahr 2023 zeigt: der EU-Zoll hat die Einfuhr solcher Waren im Gegenwert von 3,4 Milliarden Euro gestoppt. Zur Einordung der Dimension: das ist ein Anstieg im Vergleich zum Vorjahr um 77 Prozent. Bei den Produkten handelt es sich v.a. um Spiele, Spielzeug und Verpackungsmaterial. Details hier.
EU-Fördermittel mit großer Hebelwirkung: die Kommission hat Millionensummen für fünf grenzüberschreitende Projekte im Bereich Verteidigung zugesagt, in drei Fällen ist auch Deutschland beteiligt. Insgesamt 300 Millionen Euro stehen zur Verfügung, der Auftragswert der fünf Projekte (Abwehrsysteme, gepanzerte Fahrzeuge, Munition) liegt bei insgesamt mehr als 11 Milliarden Euro. Details hier.
Eine gemeinsame Schnittstelle statt 27 verschiedene Systeme, 30 statt 300 Angaben, 73 Prozent weniger Zeitaufwand – das ist das Ziel des digitalen Meldeportals, das die Kommission vorgeschlagen hat. Es geht darum, den Verwaltungsaufwand für Unternehmen zu verringern, wenn sie vorübergehend Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in einen anderen EU-Mitgliedstaat entsenden wollen. Im EU-Binnenmarkt gibt es etwa fünf Millionen solcher Entsandter. Details zum gemeinsamen elektronischen Formular hier und als Visual aufbereitet auf unserem Instagram-Account.
Bei den Vertragsverletzungsverfahren im November ist auch Deutschland betroffen: Die Kommission zieht vor den Gerichtshof der Europäischen Union in einem Fall, in dem es um die Einschränkung des freien Kapitalverkehrs geht. Deutschland hat es versäumt, eine diskriminierende steuerliche Behandlung bei Immobiliengewinnen zu beseitigen. Das Verfahren läuft schon seit einigen Jahren, begleitet von intensiven Gesprächen. Die bisherigen Bemühungen der deutschen Behörden werden von der Kommission als unzureichend bewertet. Details hier.
Der Hohe Vertreter der EU für Sicherheits- und Außenpolitik Josep Borrell war einige Tage in der Ukraine, zu seinem fünften Besuch im Land seit Beginn der breit angelegten russischen Invasion im Februar 2022. Borrell führte politische Gespräche in Kyjiw, musste wie die anderen Menschen in der Stadt bei Alarm in einen Luftschutzkeller und besuchte eine Drohnen-Fabrik sowie ein Trainingsgelände der Armee. Dabei verwies er darauf, dass mit EU-Unterstützung bisher 75.000 Soldatinnen und Soldaten (außerhalb der Ukraine) ausgebildet wurden. In der Region Tschernihiw im Norden der Ukraine erinnerte Borrell an die Opfer der Gräueltaten, die die russische Armee verübt hat. Link zu seinem Statement vor Ort hier.
Weitere Pressemitteilungen zu aktuellen Themen finden Sie hier (Vertretung der Kommission in Berlin) und hier (Presseraum/Sprecherdienst der Kommission in Brüssel). Für unseren täglichen Newsletter kann man sich hier anmelden. Und folgen Sie uns gerne auch auf den sozialen Medien: Facebook, X, Instagram.
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Europa vor Ort
Mapping the mind - EU-finanzierte Forschung entschlüsselt Geheimnisse des menschlichen Gehirns
Hilfe für Gelähmte, damit sie wieder gehen können; Implantate für Blinde, um ihr Sehvermögen wiederherzustellen – solche Durchbrüche in der Neurowissenschaft lassen hoffen. Es sind nur zwei der vielen Ergebnisse des wegweisenden Human Brain Project (HBP), einem der größten und ehrgeizigsten Forschungsprojekte, die jemals von der EU finanziert wurden. Erst kürzlich wurde eine umfassende 10-Jahres-Bewertung zu den Errungenschaften dieses Projekts veröffentlicht (Link hier), an dem über 150 Institutionen und hunderte Forschende aus 19 Ländern beteiligt waren. Gesamtbudget: 607 Millionen Euro.
EU-geförderte Pionierarbeit in der digitalen Hirnforschung
Eine wichtige Rolle spielte auch das Forschungszentrum Jülich mit seinem Hirnforschungsinstitut und dem Jülich Supercomputing Centre. Dort steht die Neurowissenschaftlerin Katrin Amunts seit vielen Jahren dem Institut für Neurowissenschaften und Medizin vor. Die Professorin leitete das Human Brain Project in den Jahren 2016 bis 2023 und beschreibt die Komplexität des Gehirns so: „Das menschliche Gehirn ist das anspruchsvollste und interessanteste Forschungsziel – vergleichbar mit dem Universum”. Nur durch die umfangreiche und langfristige EU-Förderung seien die Erfolge des Forschungsprojekts möglich gewesen.
Hilfe für Milliarden Menschen
Über 40 Prozent der Weltbevölkerung, etwa 3 Milliarden Menschen, sind von neurologischen Erkrankungen betroffen. Das belastet Patientinnen und Patienten ebenso wie ihre Familien und die Pflegekräfte. Für Katrin Amunts liegt die Antwort in mehr Forschung: „Für eine wirksamere Behandlung von Hirnerkrankungen ist ein besseres Verständnis der Funktionsweise des Gehirns erforderlich.”
Konkrete Beispiele für Durchbrüche
An der Königlich Niederländischen Akademie der Künste und Wissenschaften wurde ein Gerät entwickelt, das visuelle Muster direkt auf den visuellen Kortex des Gehirns übertragen kann. In der Schweiz entwickelte ein Team der Eidgenössischen Technischen Hochschule Lausanne personalisierte Modelle zur Rückenmarkstimulation, mit denen Querschnittgelähmte wieder stehen und gehen können.
Der Gehirnatlas – eine Art Google Maps für das Gehirn
Eine der wichtigsten Errungenschaften des Projekts war laut Amunts die Erstellung des Gehirnatlas, den sie mit Google Maps für das Gehirn vergleicht. Der Atlas bildet mehr als 200 einzelne Hirnareale ab und bietet mehrstufige anatomische Referenzkarten bis auf Mikrometerebene. Amunts betont: „Es ist in seinen Merkmalen und Details völlig einzigartig. Es ermöglicht Forschenden, hinein- und herauszuzoomen, um zu sehen, wie verschiedene Vermögenswerte des Gehirns miteinander verbunden sind.“ Das verbessert entscheidend das Verständnis, welche Hirnareale an welcher Funktion beteiligt sind.
Der BigBrain-Abschnitt des Atlas wurde bereits in einer großen klinischen Studie, der EPINOV-Studie in Frankreich, verwendet. Das Ziel dabei: bessere Operationsmethoden für Epilepsiepatienten.
Folge-Initiative Anfang des Jahres gestartet
Die deutsche Professorin Amunts leitet gemeinsam mit ihren französischen Kollegen Philippe Vernier (Direktor des Paris-Saclay Institute of Neuroscience, Forschungsdirektor am französischen Nationalen Zentrum für wissenschaftliche Forschung) das Projekt EBRAINS 2.0 (Link hier) Auch dieses Projekt ist wieder EU-finanziert und befasst sich mit dem Thema Brain-to-Computer-Kommunikation.
Die neue Initiative ist eine offene digitale Plattform. Sie bietet Zugang zu allen digitalen Tools, Diensten und Datensätzen, die im Rahmen des HBP entwickelt wurden, einschließlich der Gehirnatlanten. Phillipe Vernier sagt: „Es könnte ein echter Game-Changer sein.”
Krankheiten besser und zielgenauer behandeln
Eine solche gemeinsame Anstrengung ist für ein besseres Verständnis des Gehirns und auch für die Behandlung vieler Hirnerkrankungen erforderlich - Alzheimer, Parkinson und Schizophrenie etwa. Vernier ist sich sicher: „Durch den Einsatz neuer Instrumente haben wir den Weg für eine bessere und individuellere Behandlung dieser Krankheiten geebnet.“
Die Forschungsinfrastruktur von EBRAINS zielt darauf ab, das Vermächtnis des HBP zu schützen und klinische Studien und Krankenhäuser mit den neuesten wissenschaftlichen Durchbrüchen zu versorgen. Mit einem Ziel, sagt Professorin Amunts: „Das Gehirn ist faszinierend, und wir wollen seine Architektur und Funktionen verstehen. Aber wir glauben, dass wir die Verantwortung haben, unsere Erkenntnisse in die Klinik zu bringen und das Leben der Patientinnen und Patienten zu verbessern.“
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Europa in Zahlen
Arbeitslosigkeit in der EU – Rekord-Tiefstände 2023
Daten von Eurostat für das Jahr 2023 zeigen: der Anteil der Arbeitslosen unter den 15- bis 74-Jährigen in der EU ist auf 6,1 Prozent gefallen, das ist der niedrigste Wert seit 2014. Das Statistische Bundesamt hat diese Daten hier ebenfalls aufbereitet, das verlinkte Schaubild zeigt den Trend nach unten sehr deutlich. Im Schnitt waren in der EU im vergangenen Jahr rund 13,2 Millionen Personen arbeitslos.
Bei den Langzeitarbeitslosen gibt es ein historisches Tief seit Beginn dieser Zeitreihe im Jahr 2009: eine Quote von EU-weit 2,1 Prozent der Erwerbsbevölkerung. Die Lage in den EU-Ländern geht dabei auseinander: für Griechenland werden 6,2 Prozent gemeldet, das ist der höchste Wert in der EU, gefolgt von Spanien (4,3 Prozent) und Italien (4,2 Prozent). Deutschland hat eine Quote von 1 Prozent, die niedrigsten Werte gab es in Dänemark und den Niederlanden (je 0,5 Prozent).
Bei jungen Menschen im Alter von 15 bis 29 Jahren betrug die Arbeitslosenquote 6,3 Prozent. Schweden verzeichnete mit 10,9 Prozent die höchste Jugendarbeitslosigkeit, gefolgt von Spanien (10,8 Prozent) und Griechenland (9,8 Prozent). Die niedrigsten Quoten verzeichnen Tschechien (2,4 Prozent), Bulgarien (3,2 Prozent) und Deutschland (3,3 Prozent).
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Veranstaltungen/Tipps
Mit dem Kulturzug von Berlin nach Wrocław
Der traditionelle Kulturzug von Berlin nach Wrocław geht in die neunte Saison, dieses Mal mit Blick auf die Europäischen Kulturhauptstädte und ganz konkret auf das Thema „Die Lausitz in Europa. Europa in der Lausitz“. Die Aktion wirft einen Blick voraus auf Chemnitz als EU-Kulturhauptstadt im kommenden Jahr, eingebettet in einen zentralen Gedanken in der EU: dass die Regionen in Europa über nationale Grenzen hinweg zusammenwachsen.
Am 23. November startet der Zug um 8:42 Uhr in Berlin-Lichtenberg, und auf dem Weg hinüber nach Polen kommen diverse Gäste miteinander und mit den Reisenden ins Gespräch: Barbara Gessler, Vertreterin der EU-Kommission in Deutschland, Vertreterinnen und Vertreter von Europäischen Kulturhauptstädten (Chemnitz, Esch und Wrocław), des brandenburgischen Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kultur und des Kulturzug-Teams. Link mit weiteren Informationen zum Kulturzug (inklusive Fahrplan, Tickets) hier.
Als Forscherin oder Forscher Karriere bei der EU machen
Haben Sie Erfahrung im Bereich wissenschaftliche Forschung? Möchten Sie eine internationale Laufbahn in einem multikulturellen und vielfältigen Team einschlagen? Die EU-Organe suchen AD-Beamtinnen und Beamte für wissenschaftliche Forschung. Die erfolgreichen Bewerberinnen und Bewerber (Besoldungsgruppe AD 7) werden hauptsächlich für die Gemeinsame Forschungsstelle (JRC) der Kommission tätig sein.
Die meisten Stellen werden an den verschiedenen JRC-Standorten angesiedelt sein: Brüssel, Belgien; Geel, Belgien; Karlsruhe, Deutschland; Sevilla, Spanien; Ispra, Italien und Petten, Niederlande. Gesucht werden Bewerberinnen und Bewerber für zehn verschiedenen Fachgebiete, dazu zählen u.a. Umwelt- und Klimaforschung, Wirtschaftswissenschaften, Energiewissenschaften und Nachhaltigkeit sowie IKT, (Cyber-)Sicherheit und Bildung. Es können nur Bewerbungen für ein Fachgebiet eingereicht werden. Ausführliche Informationen gibt es auf der Website des Europäischen Amtes für Personalauswahl (EPSO) hier.
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