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Vertretung in Deutschland
Presseartikel10. November 2016Vertretung in Deutschland

Arbeit 4.0 und Bildung 4.0: Ergebnisse der Konferenz im Europäischen Haus in Berlin

Die Arbeitswelt wandelt sich, in den meisten Berufsfeldern ist der digitale Wandel spürbar. Das ist mit Ängsten, aber auch mit Chancen verbunden – und es benötigt neue Bildungs- und Weiterbildungsangebote. Welche Antworten finden die nationale und...

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(10.11.2016) – Banken, Gebäude, Verkehr und Handelssektor: Oettinger hält es für unvermeidlich, dass sich alle Wirtschaftsbranchen durch neue digitale Dienste wandeln. Der EU-Kommissar betonte die Chancen der Entwicklung, die gewaltige Potenziale für die Entlastung von Arbeitnehmern habe.

Die EU-Kommission unterstützt den Wandel zu digitalen Arbeitsplätzen und digitaler Ausbildung. Am 1. Dezember, so Oettinger, werde die „Koalition für digitale Kompetenzen und Arbeitsplätze“ starten, die Vorgängerprogramme fortsetzt, aber auch neue Impulse setzen soll und Teil der im Sommer beschlossenen „Europäischen Kompetenzagenda“ ist. Die Kommission will damit EU-Mitgliedsstaaten sowie Bildungsinstitutionen zusammenbringen, um Handlungsfelder zu identifizieren und sich über Best-Practice-Ansätze auszutauschen.

Deutschland bei digitalen Kompetenzen im Mittelfeld

Stakeholder zusammenbringen, mit Gewerkschaften und Arbeitgebern diskutieren: Das stand auch bei der Veranstaltung in der Vertretung der Europäischen Kommission im Mittelpunkt. In Fachrunden wurden die Chancen und Möglichkeiten digitaler Bildung und Fortbildung über ein weites Spektrum diskutiert – zunächst im schulischen Bereich. Wie steht Deutschland überhaupt da im europäischen Vergleich? Julia Gerick, Professorin der Universität Hamburg, stellte eine Studie zum digitalen Kompetenzstand von Schülern der 8. Klasse vor. Deutschland, so die Forscherin, lande im Mittelfeld. „Allerdings erreichen fast 30 Prozent der Jugendlichen nur die beiden untersten von fünf Kompetenzstufen“, so Gerick. Lehrer würden besonders selten mit digitalen Lehrmitteln arbeiten – und sie seien häufig unzufrieden mit der digitalen Ausstattung der Schulen.

Norbert Schuldt, Referatsleiter im Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur, betonte, dass die digitale Infrastruktur in Deutschland bereits relativ gut ausgebaut sei und es Förderungen insbesondere für den Anschluss von Bildungseinrichtungen gebe. Arthur Gottwald von der Behörde für Schule und Berufsbildung Hamburg stellte heraus, dass der digitale Wandel bei der Kultusministerkonferenz (KMK) höchste Priorität habe und seit eineinhalb Jahren die Agenda „Kompetenzen in der digitalen Welt“ entwickelt und wohl im Dezember beschlossen werde. Zentraler Punkt sei, digitale Elemente in jedes Unterrichtsfach zu integrieren, statt ein eigenes neues Schulfach zu schaffen.

Kompetenzagenda: Brücke zwischen Bildungs- und Arbeitsmarktpolitik

Elisabeth Kotthaus von der Vertretung der Europäischen Kommission in Berlin stellte klar, dass die Gestaltungskompetenz im Bildungsbereich bei den Mitgliedsstaaten (in Deutschland den Bundesländern) liege. Die Kommission versuche aber, Vergleichbarkeit herzustellen, Zahlen und Fakten zu erfassen und so einen europäischen Diskussions- und Referenzrahmen zu geben. Programme wie die Europäischen Struktur und Investitionsfonds, die Initiative gegen Jugendarbeitslosigkeit und die Erasmus-Programme könnten zudem die digitale Bildung unterstützen.

Die Generaldirektion Beschäftigung der Europäischen Kommission stellte im Fachforum Berufliche Bildung die europäischen Pläne in diesem Bereich vor, die Teil der „Kompetenzagenda“ sind. Dabei gehe es darum, so Detlef Eckert, Direktor in der Generaldirektion Beschäftigung, eine Brücke zwischen Bildungspolitik und Arbeitsmarktpolitik zu errichten. Deutschland habe diese Brücke vor allem durch die duale berufliche Ausbildung, die in vielen anderen Ländern aber als „Weg für Loser, die es nicht auf die Universität schaffen“, gesehen werde. Durch die Kompetenzagenda würden Ländern „Entwicklungsmuster“ aufgezeigt. Als Beispiel nannte er die Slowakei, deren Orientierung hin zu einer dualen Ausbildung begleitet werde. Auslöser sei der Fachkräftebedarf der slowakischen Automobilindustrie. „Ein Entwicklungsmuster für Reformen entsteht, das sich auf andere Branchen ausbreitet, zum Beispiel den Bau.“

Studien: Nur zwölf Prozent der Berufe eindeutig automatisierbar

Geraten bereits ausgebildete und im Beruf stehende Arbeitnehmer durch den digitalen Wandel unter Druck? Wie können sie die Veränderungen bewältigen? Diese Fragen diskutierte das dritte Fachforum Berufliche Weiterbildung. Laut Benjamin Mikfeld, Abteilungsleiter im Bundesarbeitsministerium, arbeitet die Bundesregierung derzeit mit an einem Weißbuch zum Thema Arbeit 4.0, das Ende November vorgestellt werden soll. Alarmistische Studien, nach denen nahezu die Hälfte der heutigen Arbeitsplätze der Digitalisierung zum Opfer fallen könnte, wiesen methodische Fehler auf, so Mikfeld. Nur zwölf Prozent der Berufe seien eindeutig automatisierbar. Dennoch sind erhebliche Anpassungen der Arbeitnehmer an die digitalisierte Welt notwendig. Geschieht das automatisch? „Wir sind skeptisch“, sagte Mikfeld. „Deshalb sind Erhalt der Beschäftigungsfähigkeit und Qualifizierung so wichtig.“

Man dürfe von Europa nicht eine Blaupause für alle erwarten, so Mikfeld. „Jeder Mitgliedsstaat wird seine eigene Lösung finden müssen“, betonte er. Thiemo Fojkar, Vorsitzender des Bundesverbandes der Träger Beruflicher Bildung, erwartete sich indes mehr von der EU-Ebene. Es sei wichtig, dass es eine gemeinsame, digitale Strategie 2020 gebe. Die bestehenden Programme seien auch bei der Aus- und Weiterbildung zu erkennen. „Wichtig ist, dass es ein Gesamtprogramm gibt.“ Die EU-Kommission müsse ihre einzelnen Ressorts dazu weiter vernetzen. „Prozessoptimierung macht jedes Unternehmen, das kann auch die EU, dann steht sie besser da“, sagte er.

Informationen zur Koalition für digitale Kompetenzen und Arbeitsplätze.

Pressekontakt: nikola [dot] johnatec [dot] europa [dot] eu (Nikola John), +49 (30) 2280-2410

Anfragen von Bürgerinnen und Bürgern beantwortet das Team des Besucherzentrums ERLEBNIS EUROPA per frageaterlebnis-europa [dot] eu (E-Mail) oder telefonisch unter (030) 2280 2900.

Einzelheiten

Datum der Veröffentlichung
10. November 2016
Autor
Vertretung in Deutschland