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Vertretung in Deutschland
Presseartikel4. Oktober 2022Vertretung in Deutschland

Beihilfen: Deutschland darf Betreiber von Braunkohlekraftwerken mit 450 Millionen Euro für Bereitschaftsbetrieb entschädigen

Margrethe Vestager

Aufgrund ausfallender Erdgaslieferungen aus Russland hat die Europäische Kommission eine befristete Maßnahme Deutschlands genehmigt, durch die fünf Braunkohlekraftwerke an den Markt zurückkehren können. Damit können die Kraftwerksbetreiber für die Kosten entschädigt werden, die ihnen entstehen, indem sie die Kraftwerke einsatzbereit halten (Versorgungsreserve). Die Beihilfen können bis spätestens 31. März 2024 gewährt werden. Die für Wettbewerbspolitik zuständige Exekutiv-Vizepräsidentin der Kommission, Margrethe Vestager, erklärte dazu: „Diese befristete Maßnahme wird Deutschland in die Lage versetzen, die wirtschaftlichen Auswirkungen des Krieges, den Putin gegen die Ukraine führt, abzufedern. Sie trägt dazu bei, Erdgas zu ersetzen, und stärkt somit unsere Vorsorge für den Winter.“

Beihilferegelung Deutschlands

Deutschland hat bei der Kommission eine geplante Maßnahme im Umfang von etwa 450 Millionen Euro angemeldet, die „Versorgungsreserve“. Fünf Braunkohlekraftwerke, die sich bisher in der sogenannten Sicherheitsbereitschaft befinden, sollen befristet erneut am Markt teilnehmen können. Die Kraftwerksbetreiber würden einen Ausgleich für die Kosten erhalten, die ihnen entstehen, indem sie die Anlagen für den Bedarfsfall einsatzbereit halten. Für den Zeitraum des tatsächlichen Betriebs würde kein Ausgleich gewährt, da die Teilnahme am Markt Einnahmen generiert. Ziel der Maßnahme ist es, Erdgas einzusparen. Dazu soll kurzfristig das Angebot für die Erzeugung von Strom für das deutsche und das europäische Stromnetz ausgeweitet werden, um Ersatz für die Verstromung von russischem Erdgas zu schaffen.

Die fünf Kraftwerke sollen deshalb für den Zeitraum vom 1. Oktober 2022 bis zum 31. März 2024 in eine befristete Braunkohleversorgungsreserve überführt werden. Deutschland wird auch die beiden betroffenen Betreiber, die Lausitz Energie Kraftwerke AG und die RWE AG, für die Kosten entschädigen, die anfallen, um die Anlagen betriebsbereit zu halten, sodass sie in den Markt zurückkehren können.

Im Falle eines drohenden Erdgasmangels würden die fünf in der Reserve gehaltenen Anlagen abgerufen und könnten für einen bestimmten Zeitraum in den Strommarkt eintreten und daran wie andere Stromerzeuger teilnehmen. Die Genehmigung, auf dem Markt tätig zu werden, würde zunächst für einen begrenzten Zeitraum, höchstens jedoch bis Juni 2023, erteilt, könnte jedoch im Bedarfsfall von den deutschen Behörden bis Ende März 2024 verlängert werden. Für die nachweislich notwendige Einsatzbereitschaft der Anlagen würden die Kraftwerksbetreiber entschädigt, wobei jedoch eine Verrechnung mit den während des tatsächlichen Betriebs erzielten Gewinnen erfolgen soll.

Bewertung durch die Kommission

Die Kommission hat die Maßnahme nach den EU-Beihilfevorschriften geprüft, insbesondere nach Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe b des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union, wonach die Mitgliedstaaten bestimmten Unternehmen oder Wirtschaftszweigen Beihilfen zur Behebung einer beträchtlichen Störung im Wirtschaftsleben eines Mitgliedstaats gewähren können. Bei ihrer Prüfung gelangte die Kommission zu folgendem Ergebnis:

  • Die Maßnahme hat begrenzte Auswirkungen auf den Wettbewerb und den Handel zwischen Mitgliedstaaten. Sie ist geeignet und erforderlich, um eine beträchtliche Störung im Wirtschaftsleben eines Mitgliedstaats (d. h. das Risiko eines Gasmangels) zu beheben, indem die Vorsorge für den nächsten Winter gestärkt wird.
  • Die Maßnahme ist angemessen, da sie nur die Kosten deckt, die für den ggf. erforderlichen Betrieb der Anlagen bis Ende März 2024 anfallen. Außerdem werden die notwendigen Vorkehrungen getroffen, um die die Beihilfe auf das erforderliche Minimum zu beschränken. So stellt beispielsweise ein Abrechnungsmechanismus sicher, dass die tatsächlichen Kosten der Betreiber mit den Gewinnen verrechnet werden, die sie beim Betrieb der Kraftwerke erzielen. Somit ist eine mögliche Überkompensation der Beihilfeempfänger ausgeschlossen.
  • Die Beihilfe ist befristet, da die Regelung längstens bis zum 31. März 2024 gilt.

Aus diesen Gründen hat die Kommission die Maßnahme Deutschlands nach den EU-Beihilfevorschriften genehmigt.

Hintergrund

Nach den EU-Beihilfevorschriften sind Beihilfen zur Behebung einer beträchtlichen Störung im Wirtschaftsleben eines Mitgliedstaats zulässig.

Am 20. Juli 2022 veröffentlichte die Kommission ihre Mitteilung „Gaseinsparungen für einen sicheren Winter“, in der hervorgehoben wird, dass jetzt Maßnahmen zur Einsparung von Erdgas ergriffen werden müssen, da dadurch das Risiko und die Kosten für Europa im Falle einer weiteren Drosselung oder Einstellung der Erdgaslieferungen verringert und die Widerstandsfähigkeit Europas im Energiebereich gestärkt werden können. In der Mitteilung betonte die Kommission Folgendes: „Alle Bemühungen in den Mitgliedstaaten – im Bereich der Stromerzeugung, der Industrie und der Haushalte – sollten sich zunächst auf Substitutionsmöglichkeiten konzentrieren, die eine Abkehr von der Nutzung von Erdgas ermöglichen würden, wobei jedoch stets die Zielkonflikte zu berücksichtigen sind, die bei solchen Entscheidungen entstehen können, etwa bei der (Wieder-)Aufnahme z. B. von Kohle in den Mix, und sei es auch nur vorübergehend. Priorität hat der zeitnahe und kosteneffiziente Brennstoffwechsel auf saubere Energiequellen, wo immer dies technisch machbar ist. … Auch die Möglichkeiten zur Substitution von Erdgas durch CO2-intensivere Quellen wie Diesel oder Kohle müssen vorübergehend genutzt werden, wenn keine saubereren Lösungen möglich sind, wobei die erforderlichen Umweltschutzklauseln vorzusehen sind. Zu diesem Zweck können auf Ebene der EU und der Mitgliedstaaten zeitlich begrenzte Möglichkeiten für den Brennstoffwechsel unterstützt werden.“

Sobald alle Fragen im Zusammenhang mit dem Schutz vertraulicher Daten geklärt sind, wird die nichtvertrauliche Fassung des Beschlusses über das Beihilfenregister auf der Website der GD Wettbewerb der Kommission unter der Nummer SA.103662 zugänglich gemacht. Über neu im Internet und im Amtsblatt veröffentlichte Beihilfebeschlüsse informiert der elektronische Newsletter Competition Weekly e-News.

Weitere Informationen:

Die vollständige Pressemitteilung

Pressekontakt: fabian [dot] weberatec [dot] europa [dot] eu (Fabian Weber), Tel.: +49 (30) 2280-2250. Mehr Informationen zu allen Pressekontakten hier.

Anfragen von Bürgerinnen und Bürgern beantwortet das Team des Besucherzentrums ERLEBNIS EUROPA per frageaterlebnis-europa [dot] eu (E-Mail) oder telefonisch unter (030) 2280 2900.

Einzelheiten

Datum der Veröffentlichung
4. Oktober 2022
Autor
Vertretung in Deutschland