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Vertretung in Deutschland
Pressemitteilung17. Januar 2023Vertretung in DeutschlandLesedauer: 7 Min

Demografischer Wandel: neuer Mechanismus soll Fachkräftemangel in Regionen bekämpfen

Das Bild zeigt ein Piktogram auf einem orangen Hintergrund. Das Piktogram besteht aus einem weißen Kreis. In diesem Kreis werden verschiedene Beschäftigungstätigkeiten und graphisch dargestellten Personen durchgeführt. Links im Bild trägt eine Person Kartons, in der Mitte des Kreises sitzt eine Person am Laptop und rechts steht eine Person auf einer Leiter und streicht.

Die EU-Kommission hat einen Mechanismus zur Talentförderung initiiert, um die Auswirkungen des demografischen Übergangs besser bewältigen zu können. Der neue Mechanismus soll die Regionen Europas unter anderem dabei unterstützen, Fachkräfte auszubilden, anzuwerben und an die jeweilige Region zu binden. Dubravka Šuica, Vizepräsidentin für Demokratie und Demografie sagte dazu: „Die Freizügigkeit ist eine der wichtigsten Errungenschaften der EU. Ergänzend dazu müssen wir sicherstellen, dass Regionen, die mit einem Bevölkerungsrückgang und folglich einer Blockade bei der Talententwicklung konfrontiert sind, die Früchte ihrer Investitionen ernten und Talente gewinnen können. Der demografische Wandel kann die Chance bieten, die Resilienz in allen Gebieten der EU zu stärken.“

Ohne Gegenmaßnahmen wird der demografische Übergang zu neuen und wachsenden territorialen Disparitäten führen, da die Regionen altern und in Bezug auf Zahl und Qualifikationen der Arbeitskräfte in Rückstand geraten. Dadurch kann sich das demografische Gefüge in Europa verändern und die Resilienz und Wettbewerbsfähigkeit der EU können beeinträchtigt werden.

Der Mechanismus wird in der Mitteilung über Talententwicklung in den Regionen Europas vorgestellt und ist die erste Schlüsselinitiative im Rahmen des Europäischen Jahrs der Kompetenzen 2023, das der Aus- und Weiterbildung einen neuen Impuls verleihen soll. Die Mitteilung enthält maßgeschneiderte und mehrdimensionale Lösungsansätze, wie die Nutzung vorhandener EU-Mittel und -Initiativen, um die Regionen zu unterstützen, und der Entstehung neuer und größerer territorialer Unterschiede in der EU vorzubeugen.

Die Kommission hat außerdem ihren Bericht 2023 über die Folgen des demografischen Wandels veröffentlicht, mit dem der Demografiebericht 2020 aktualisiert wird. Darin werden die demografischen Entwicklungen und Auswirkungen überprüft, die angesichts der jüngsten Entwicklungen – Brexit, COVID-19-Pandemie, militärischer Angriff Russlands auf die Ukraine – festgestellt wurden. Im Bericht wird herausgestellt, dass die demografischen Herausforderungen unbedingt angegangen werden müssen, um Wohlstand und Wohlergehen in der EU auch künftig zu sichern. Zu diesen Herausforderungen zählen die alternde Bevölkerung, die schrumpfende Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter, der allgemeine Bevölkerungsrückgang, aber auch immer größere regionale Unterschiede wie die zunehmende Kluft zwischen Stadt und Land. Im Bericht wird untersucht, wie und ob demografische Muster beschleunigt oder gestört werden, wann dies stattfindet, ob die Störungen vorübergehend sind oder anhaltende Auswirkungen auf den demografischen Wandel haben.

Blockade bei Talententwicklung in einigen EU-Regionen

Dem Demografiebericht zufolge geht die Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter in den EU-Mitgliedstaaten gerade drastisch zurück. Diese Bevölkerungsgruppe ist zwischen 2015 und 2020 um 3,5 Millionen geschrumpft und wird bis 2050 voraussichtlich um weitere 35 Millionen zurückgehen.

82 Regionen in 16 Mitgliedstaaten (d. h. knapp 30 Prozent der Bevölkerung der EU) sind von diesem Rückgang der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter, einem geringen Anteil an Hochschulabsolventinnen und -absolventen oder einer Abwanderung von Menschen zwischen 15 und 39 Jahren stark betroffen. Diese Regionen kämpfen mit spezifischen strukturellen Herausforderungen wie ineffizienten Arbeitsmärkten, ineffizienten Systemen der allgemeinen und beruflichen Bildung und der Erwachsenenbildung, Defiziten in den Bereichen Innovation, öffentliche Verwaltung oder Unternehmensentwicklung und einem geringen Dienstleistungsangebot. Durch die Bewältigung dieser Herausforderungen könnten die betroffenen Regionen mehr Fachkräfte anziehen. In einigen dieser Regionen gibt es bereits eine Blockade bei der Talententwicklung, andere stehen kurz davor. Ohne Gegenmaßnahmen wird dieses Problem den langfristigen Wohlstand in der EU gefährden.

Der Mechanismus zur Talentförderung

Der Mechanismus zur Talentförderung basiert auf acht Aktionen:

  1. Die Kommission wird 2023 ein neues Pilotprojekt einleiten, um Regionen, die mit einer Blockade bei der Talententwicklung konfrontiert sind, dabei zu helfen, maßgeschneiderte und umfassende Strategien auszuarbeiten, zu konsolidieren, weiterzuentwickeln und umzusetzen. Außerdem sollen geeignete Projekte ermittelt werden, mit denen Fachkräfte ausgebildet, angeworben und gebunden werden können. Pilotregionen erhalten Unterstützung im Rahmen einer offenen Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen.
  2. Die neue Initiative „Intelligente Anpassung der Regionen an den demografischen Übergang“ wird 2023 eingeleitet, um Regionen mit höheren Abwanderungsraten bei ihrer jungen Bevölkerung zu helfen, sich an den demografischen Übergang anzupassen und mithilfe maßgeschneiderter ortsbezogener Maßnahmen in die Talententwicklung zu investieren. Die zu fördernden Regionen werden im Zuge einer offenen Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen ausgewählt.
  3. Aus dem Instrument für technische Unterstützung können die Mitgliedstaaten im Zuge der Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen 2023 Unterstützung für Reformen auf nationaler und regionaler Ebene erhalten, um mit dem Rückgang der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter und dem Fachkräftemangel umzugehen und auf lokale Markterfordernisse zu reagieren.
  4. Durch die kohäsionspolitischen Programme und interregionale Innovationsinvestitionen werden Innovationen und die Schaffung hoch qualifizierter Arbeitsplätze gefördert und damit die Chancen verbessert, Talente in den entsprechenden Regionen zu binden und zu gewinnen.
  5. Im Rahmen der Europäischen Stadtinitiative wird eine neue Aufforderung zur Einreichung innovativer Aktionen veröffentlicht, um unter Federführung von Städten mit abnehmender Bevölkerung ortsbezogene Lösungen zur Entwicklung, Bindung und Gewinnung von Fachkräften zu erproben.
  6. EU-Initiativen zur Unterstützung der Talententwicklung werden auf einer speziellen Website aufgezeigt. Interessierte Regionen erhalten so leichter Zugang zu Informationen über EU-Maßnahmen in den Bereichen Forschung und Innovation, allgemeine und berufliche Bildung sowie Jugendmobilität.
  7. Austausch von Erfahrungen und Verbreitung bewährter Verfahren: Die Regionen können thematische und regionale Arbeitsgruppen zu spezifischen beruflichen oder territorialen Herausforderungen einrichten.
  8. Die analytischen Kenntnisse zur Unterstützung und Umsetzung evidenzbasierter Maßnahmen in den Bereichen Regionalentwicklung und Migration werden weiterentwickelt.

Erschließung von Talenten durch vorhandene EU-Mittel und -Initiativen

In der Mitteilung wird außerdem darauf eingegangen, wie vorhandene EU-Instrumente und -Maßnahmen die wirtschaftliche Wiederbelebung und die Entwicklung der Kompetenzen fördern können, die für die Ansiedlung vielversprechender Unternehmen in den betroffenen Regionen erforderlich sind – auch durch das Europäische Semester. So unter anderem in der neuen Europäischen Innovationsagenda mit der Initiative „Talente im Bereich technologieintensive Innovation“, einer Vorzeigeinitiative zur Bewältigung des Fachkräftemangels in Deep-Tech-Branchen, die alle Regionen in Europa umfasst.

Darüber hinaus wird in der Mitteilung aufgezeigt, wie die Kohäsionspolitik diesen Regionen auch weiterhin dabei helfen kann, ihre Wirtschaft zu diversifizieren, den Zugang zu Dienstleistungen auszubauen, die Effizienz der öffentlichen Verwaltung zu stärken und die Einbindung der regionalen und lokalen Behörden durch ortsbezogene Strategien sicherzustellen.

Die Mitteilung enthält zahlreiche Beispiele für nationale und regionale Initiativen und bewährte Verfahren, mit denen die strukturellen Herausforderungen auf lokaler Ebene angegangen und die Attraktivität der Regionen für Talente gesteigert werden. Um das Lernen voneinander zu erleichtern, arbeitet die Kommission weiterhin mit den nationalen Behörden zusammen und erfasst die von ihnen festgestellten dringendsten demografischen Herausforderungen sowie Beispiele für Strategien und Projekte zur Bewältigung der Auswirkungen des demografischen Wandels.

Nächste Schritte

Die Kommission wird regelmäßig über die Umsetzung dieser Mitteilung Bericht erstatten.

Hintergrund

Die Bewältigung des demografischen Wandels ist für den Aufbau einer gerechteren und widerstandsfähigeren Gesellschaft von entscheidender Bedeutung. Da der laufende demografische Übergang mehrere Politikbereiche betrifft, sind die politischen Entscheidungsträger gefordert, eine umfassende Koordinierung mit allen einschlägigen Akteuren auf europäischer, nationaler, regionaler und lokaler Ebene anzuregen. Die meisten politischen Hebel für diese Herausforderungen liegen in den Händen der Mitgliedstaaten; allerdings berücksichtigt die Kommission die Folgen und Auswirkungen des demografischen Wandels in ihren politischen Vorschlägen.

So hat sie 2020 bereits einen Bericht über die Auswirkungen des demografischen Wandels in Europa angenommen, der 2021 weitere Initiativen wie das Grünbuch zum Thema Altern und die Langfristige Vision für die ländlichen Gebiete der EU bis 2040 ermöglicht hat.

Zu den jüngsten Initiativen auf EU-Ebene, mit denen die Mitgliedstaaten bei der Bewältigung des demografischen Wandels in verschiedenen Gebieten und Wirtschaftsbereichen unterstützt werden, zählen die Europäische Strategie für Pflege und Betreuung mit der Empfehlung über den Zugang zu bezahlbarer und hochwertiger Langzeitpflege und der Empfehlung zu frühkindlicher Betreuung, Bildung und Erziehung, die Umfassende Strategie der EU für die Rechte des Kindes und der Europäischen Garantie für Kinder, das Paket zur Förderung der Jugendbeschäftigung, die Empfehlung zu einer wirksamen aktiven Beschäftigungsförderung, die Empfehlung des Rates zur Sicherstellung eines gerechten Übergangs zur Klimaneutralität, das Paket zur Verbesserung der Arbeitsmarktchancen von Menschen mit Behinderungen, der vor Kurzem angenommene Vorschlag für das Europäische Jahr der Kompetenzen 2023 sowie die heute angenommene Mitteilung über die Talententwicklung in den Regionen Europas.

Weitere Informationen:

Vollständige Pressemitteilung vom 17. Januar

Mitteilung über die Talententwicklung in den Regionen Europas

Folgen des demografischen Wandels in einem sich verändernden Umfeld

Fragen und Antworten zur Talententwicklung in den Regionen Europas und Demografiebericht

Factsheet zur Talententwicklung in den Regionen Europas

Folgen des demografischen Wandels in Europa

Demografische Entwicklungen in den Regionen der EU

Kohäsionspolitik 2021–2027

Offene Datenplattform für die Kohäsionspolitik

Kohesio

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Einzelheiten

Datum der Veröffentlichung
17. Januar 2023
Autor
Vertretung in Deutschland