Der heute präsentierte Vorschlag wird dieser doppelten Herausforderung gerecht, indem Ausgaben gekürzt und gleichermaßen neue Mitteln genutzt werden. Die Finanzierung der neuen und wichtigsten Prioritäten der Union wird fortgesetzt oder aufgestockt, was Kürzungen in anderen Bereichen unausweichlich macht. „Mit dem heutigen Vorschlag haben wir einen pragmatischen Plan vorgelegt, wie man mit geringeren Mitteln mehr erreichen kann. Nun sind Parlament und Rat am Zug. Ich bin der festen Überzeugung, dass wir eine Einigung vor den Wahlen zum Europäischen Parlament im nächsten Jahr anstreben müssen“, so Juncker weiter.
Der Vorschlag der Kommission bringt die Haushaltsplanung der Union in Einklang mit unseren politischen Prioritäten. Dies ist im Sinne der positiven Agenda, die von Präsident Jean-Claude Juncker in seiner Rede zur Lage der Union am 14. September 2016 präsentiert und von den Staats- und Regierungschefs der 27 Mitgliedstaaten am 16. September 2016 in Bratislava und am 25. März 2017 in der Erklärung von Rom beschlossen wurde. Diese Haushaltsplanung rückt jene Bereiche in den Fokus, in denen die Union mehr als jeder andere Akteur bewirken kann. Es ist ein Budget für ein Europa, das schützt, stärkt und verteidigt.
Der für Haushalt und Humanressourcen zuständige Kommissar Günther H. Oettinger erklärte hierzu: „Bei diesem Budget-Vorschlag geht es um echten europäischen Mehrwert. Wir investieren noch mehr in Bereichen, in denen ein einzelner Mitgliedstaat allein keine Lösungen finden kann oder in denen ein gemeinsames Handeln einfach effizienter ist. Beispiele dafür sind Forschung, Migration, Grenzkontrolle oder Verteidigung. Und wir finanzieren weiterhin Maßnahmen in traditionellen, aber modernisierten Politikbereichen wie der Gemeinsamen Agrarpolitik und der Kohäsionspolitik. Denn es ist in unser aller Interesse, dass unsere landwirtschaftlichen Produkte hohen Standards genügen und Regionen wirtschaftlich aufholen.“
1. Ein fokussierter Haushalt: Balance zwischen Ambitionen und Ressourcen
Die Europäische Union mit 27 Mitgliedern hat ihre politischen Prioritäten festgelegt und braucht nun zu deren Verwirklichung die notwendigen Ressourcen.
Die Kommission schlägt generell eine langfristige Haushaltsplanung vor, in der 1135 Mrd. Euro an Mitteln für Verpflichtungen (zu Preisen von 2018)[1] im Zeitraum von 2021 bis 2027 veranschlagt werden. Dies entspricht 1,11 Prozent des Bruttonationaleinkommens (BNE) der EU-27 (siehe Anhang 2); Allgemeines Factsheet). Diesen Mitteln für Verpflichtungen stehen 1105 Mrd. Euro (oder 1,08 Prozent des BNE) an Mitteln für Zahlungen (zu Preisen von 2018) gegenüber [2]. Das beinhaltet die Einbeziehung des Europäischen Entwicklungsfonds (EDF) in den EU-Haushalt. Der EDF – bislang ein zwischenstaatliches Abkommen – ist das wichtigste Instrument der EU zur Finanzierung der Entwicklungszusammenarbeit mit Ländern in Afrika, im karibischen Raum und im Pazifischen Ozean. Von der Größenordnung her ist das vergleichbar mit der derzeitigen Haushaltsplanung für den Zeitraum 2014-2020 (inklusive des Europäischen Entwicklungsfonds).
Zur Finanzierung neuer und dringender Prioritäten muss die gegenwärtige Mittelausstattung aufgestockt werden. Investitionen, die jetzt in Bereiche wie Forschung und Innovation, junge Menschen und digitale Wirtschaft, Grenzmanagement, Sicherheit und Verteidigung fließen, werden zu Wohlstand, Nachhaltigkeit und Sicherheit in der Zukunft beitragen. So werden beispielsweise die Mittel für Erasmus+ und das Europäische Solidaritätskorps verdoppelt.
Zugleich hat die Kommission kritisch geprüft, in welchen Bereichen Einsparungspotenzial besteht und Effizienzgewinne möglich sind. Die Kommission schlägt vor, die Finanzmittel für die Gemeinsame Agrarpolitik und die Kohäsionspolitik moderat um jeweils ca. 5 Prozent zu kürzen, um den neuen Gegebenheiten in einer Union mit 27 Mitgliedern Rechnung zu tragen. In diesen Politikfeldern wird es Modernisierungen geben, damit sich mit geringerem Ressourceneinsatz immer noch gute Ergebnisse erzielen und sogar neue Prioritäten verwirklichen lassen. Die Kohäsionspolitik wird z. B. eine immer wichtigere Rolle bei der Förderung von Strukturreformen und der langfristigen Integration von Migranten spielen.
All das wird dazu führen, dass die Haushaltsplanung neu ausgerichtet wird und der Schwerpunkt zunehmend auf Bereichen liegt, in denen mit dem EU-Haushalt am meisten bewegt werden kann.
2. Ein moderner, einfacher und flexibler Haushalt
Im Vergleich zur europäischen Volkswirtschaft und zu den nationalen Haushalten nimmt sich der EU-Haushalt bescheiden aus. Und doch lässt sich damit viel Positives für die Menschen und die Unternehmen in der EU bewirken. Voraussetzung dafür ist, dass die Gelder der Union in Bereichen investiert werden, in denen sie eine größere Wirkung entfalten als die öffentlichen Ausgaben auf nationaler Ebene, also genau dort, wo sie einen echten europäischen Mehrwert bringen können. Beispiele hierfür sind innovative Forschungsvorhaben, an denen die besten Köpfe aus ganz Europa beteiligt sind, oder etwa die Ausstattung der Union mit Mitteln für die Verteidigung und den Schutz ihrer Bürgerinnen und Bürger. Darauf können wir heute in einer sich rasch wandelnden Welt nicht verzichten, in der Europa vor demografischen Herausforderungen steht, in den benachbarten Ländern Instabilität herrscht und viele andere dringliche Probleme an den Staatsgrenzen nicht haltmachen.
Die Kommission schlägt daher einen modernen, einfachen und flexiblen Haushalt vor.
Modern: Eine neue Union mit 27 Mitgliedern braucht eine neue und moderne Haushaltsplanung, die beweist, dass Europa aus der Vergangenheit gelernt hat. Das bedeutet einen weiteren Abbau von Bürokratie für die Begünstigten und die Verwaltungsbehörden. Hierfür sollen die Vorschriften auf der Grundlage eines einheitlichen Regelwerks kohärenter gestaltet werden. Somit wird es leichter, Ergebnisse zu überwachen und zu messen und bei Bedarf Änderungen vorzunehmen.
Einfach: Die Struktur des Haushaltsplans wird klarer und stärker an den Prioritäten der Union ausgerichtet sein. Die Mittel sind gegenwärtig auf zu viele Programme und Instrumente, sowohl innerhalb als auch außerhalb des Haushalts, verteilt. Die Kommission schlägt daher vor, die Anzahl der Programme um mehr als ein Drittel (von derzeit 58 auf künftig 37) zu reduzieren. Beispielsweise ist vorgesehen, stark fragmentierte Finanzierungsquellen in neu integrierten Programmen zusammenzufassen und die Nutzung von Finanzierungsinstrumenten – auch mithilfe des Fonds „InvestEU“ – stark zu straffen.
Flexibel: Herausforderungen in jüngster Vergangenheit – vor allem die Migrations- und Flüchtlingskrise im Jahr 2015 – haben gezeigt, dass die gegenwärtige EU-Haushaltsplanung für ein rasches und effizientes Eingreifen unflexibel ist. Der Vorschlag der Kommission sieht daher mehr Flexibilität innerhalb der Programme und zwischen den Programmen vor. Zudem ist geplant, die Instrumente zur Krisenbewältigung auszubauen und eine neue „Unionsreserve“ einzuführen, um auf unvorhergesehene Ereignisse und Notfälle, etwa in den Bereichen Sicherheit und Migration, reagieren zu können.
3. Der EU-Haushalt und die Rechtsstaatlichkeit: Wirtschaftlichkeit der Haushaltsführung
Eine sehr wichtige Neuerung der vorgeschlagenen Haushaltsplanung besteht darin, dass Finanzierungen durch die EU stärker an die Rechtsstaatlichkeit gekoppelt sein werden. Die Achtung der Rechtsstaatlichkeit ist eine Grundvoraussetzung für die Wirtschaftlichkeit der Haushaltsführung und eine wirksame EU-Finanzierung. Die Kommission möchte daher einen neuen Mechanismus einführen. Er soll den EU-Haushalt vor finanziellen Risiken schützen, die auf generelle Rechtsstaatlichkeitsdefizite in den Mitgliedstaaten zurückgehen. Mit den neuen Instrumenten könnte die Union den Zugang zu EU-Mitteln in einer Weise aussetzen, verringern oder beschränken, die proportional zur Art, zur Schwere und zum Umfang der Rechtsstaatlichkeitsdefizite wäre. Eine derartige Entscheidung würde vom Rat auf Vorschlag der Kommission im sogenannten Verfahren der umgekehrten qualifizierten Mehrheit getroffen.[3]
4. Ein EU-Haushalt für eine starke und stabile Wirtschafts- und Währungsunion
Ein stabiler Euroraum ist die Grundvoraussetzung für Beschäftigung, Wachstum, Investitionen und soziale Fairness in der gesamten Union. Im Dezember 2017 hat die Kommission in ihrem Fahrplan zur Vertiefung der europäischen Wirtschafts- und Währungsunion dargelegt, wie innerhalb des Rahmens für die öffentlichen Finanzen der EU neue Haushaltsinstrumente entwickelt werden könnten, um die Stabilität des Euroraums und die Konvergenz in Richtung Euroraum zu unterstützen. Im neuen Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) werden zwei neue Instrumente vorgeschlagen:
- Ein neues, mit insgesamt 25 Mrd. Euro dotiertes Reformhilfeprogramm wird alle Mitgliedstaaten finanziell und technisch unterstützen, die – insbesondere im Kontext des sogenannten Europäischen Semesters – prioritäre Reformen anstreben. Darüber hinaus werden Mitgliedstaaten, die dem Euroraum nicht angehören, den Euro aber einführen wollen, bei ihren Bemühungen durch eine Konvergenzfazilität gezielt unterstützt.
- Eine Europäische Investitionsstabilisierungsfunktion wird dazu beitragen, das Investitionsniveau bei schweren asymmetrischen Schocks zu halten. Anfangs werden Back-to-Back-Darlehen von bis zu 30 Mrd. Euro aus dem EU-Haushalt vergeben, die mit einer finanziellen Unterstützung für die Mitgliedstaaten zur Deckung der Zinskosten kombiniert sind. Diese Darlehen bieten zusätzliche Unterstützung in Zeiten, in denen die Lage der öffentlichen Finanzen angespannt ist und prioritäre Investitionen unverzichtbar bleiben.
5. Moderne Finanzierungsquellen für den EU-Haushalt
Neue Prioritäten erfordern neue Investitionen. Diese sollen – nach dem Vorschlag der Kommission – durch eine Kombination aus frischem Geld (ca. 80 Prozent) sowie aus Umschichtungen und Einsparungen (ca. 20 Prozent) finanziert werden.
Die Kommission schlägt auf der Grundlage der Empfehlungen der Hochrangigen Gruppe „Künftige Finanzierung der EU“ vor, das gesamte bestehende Eigenmittelsystem zu modernisieren und zu vereinfachen sowie die Einnahmequellen des Haushalts zu diversifizieren.
Neue Finanzierungsquellen für die langfristige Haushaltsplanung
Die Kommission schlägt Vereinfachungen bei den auf der Mehrwertsteuer (MwSt) basierenden Eigenmitteln und die Einführung eines sogenannten Korbs neuer Eigenmittel vor, der mit an unsere politischen Prioritäten gekoppelt ist.
Dieser Korb neuer Eigenmittel besteht aus folgenden Elementen:
- 20 Prozent der Einnahmen aus dem Emissionshandelssystem;
- einem Abrufsatz von 3 Prozent, angewendet auf die neue gemeinsame konsolidierte Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage (die mit der Verabschiedung der erforderlichen Rechtsvorschriften Schritt für Schritt eingeführt werden soll);
- einem nationalen Beitrag (0,80 Euro/Kilo), der anhand der in jedem Mitgliedstaat anfallenden nicht wiederverwerteten Verpackungsabfälle aus Kunststoff berechnet wird.
Diese neuen Eigenmittel werden etwa 12 Prozent des gesamten EU-Haushalts ausmachen und könnten bis zu 22 Mrd. Euro jährlich zur Finanzierung neuer Prioritäten beitragen.
Rabatte
- Der Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU bietet die Gelegenheit, das komplizierte Rabattsystem – es gibt sogar „Rabatte auf den Rabatt“ – anzugehen. Nach dem Vorschlag der Kommission sollen alle Rabatte wegfallen. Zudem soll der Anteil, der von den Mitgliedstaaten einbehalten wird, wenn sie Zölle (eine Kategorie der sogenannten Eigenmittel) für den EU-Haushalt einheben, von 20 auf 10 Prozent gesenkt werden. Beide Maßnahmen sorgen dafür, dass der EU-Haushalt einfacher und gerechter wird.
- Zur Vermeidung plötzlicher und drastischer Erhöhungen der Beiträge für einige Mitgliedstaaten regt die Kommission an, die bestehenden Rabatte während eines Zeitraums von fünf Jahren auslaufen zu lassen.
Wie geht es weiter?
Die Kommission wird auf der Grundlage der heute präsentierten Vorschläge in den kommenden Wochen ausführliche Vorschläge für die geplanten sektorspezifischen Vorschläge (siehe Anhang 1) vorlegen.
Dann liegt die Entscheidung über die langfristige EU-Haushaltsplanung beim Rat, der mit der Zustimmung des Europäischen Parlaments einen einstimmigen Beschluss fasst. Es kommt auf das richtige Timing an. Über die derzeit geltende langfristige Haushaltsplanung wurde zu lange verhandelt. Infolgedessen wurden zentrale Finanzierungsprogramme mit Verzögerungen auf den Weg gebracht. Projekte mit einem echten Potenzial zur Beschleunigung der wirtschaftlichen Erholung wurden verschoben.
Die Verhandlungen sollten daher höchste Priorität erhalten. Eine Einigung sollte noch vor den Wahlen zum Europäischen Parlament und dem Gipfeltreffen in Sibiu am 9. Mai 2019 erzielt werden. Die Kommission wird alles in ihrer Macht Stehende tun, damit rasch eine Einigung zustande kommt.
Weitere Informationen:
Ein moderner EU-Haushalt für eine EU, die schützt, stärkt und verteidigt: Fragen und Antworten (2. Mai 2018)
Factsheets und Rechtsvorschriften (2. Mai 2018):
o Mitteilung mit einer Beschreibung der einzelnen Programme im Anhang
o Verordnung über den mehrjährigen Finanzrahmen (2. Mai 2018)
o Verordnung über die Haushaltsausführung im Einklang mit der Rechtsstaatlichkeit
o Interinstitutionelle Vereinbarung über die Haushaltsdisziplin, die Zusammenarbeit im Haushaltsbereich und die wirtschaftliche Haushaltsführung
o Eigenmittelbeschluss, Umsetzungsvorschläge und die dazugehörige Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen
o Verordnung, Durchführungsverordnung, Änderung der Verordnung (EWG, Euratom) Nr. 1553/89)
o Endgültige einheitliche Regelung für die Erhebung der Mehrwertsteuereigenmittel (Verordnung (EWG, Euratom) Nr. 1553/89)
o Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen über die Ausgabenüberprüfung
o Wichtige Informationen zur EU-Haushaltsplanung für die Zukunft – Mehrjähriger Finanzrahmen (2021-2027)
Mitteilung und Factsheets (Pressemitteilung, 14. Februar 2018)
Reflexionspapier zur Zukunft der EU-Finanzen (28. Juni 2017)
[1] Zu jeweiligen Preisen (unter Berücksichtigung der Inflation) würde dies einem Betrag von 1,279 Mrd. Euro an Mitteln für Verpflichtungen entsprechen.
[2] Zu jeweiligen Preisen (unter Berücksichtigung der Inflation) würde dies einem Betrag von 1,246 Mrd. Euro an Mitteln für Zahlungen entsprechen.
[3] Nach dem Verfahren der umgekehrten qualifizierten Mehrheit gilt der Vorschlag der Kommission als angenommen, wenn sich der Rat nicht mit qualifizierter Mehrheit dagegen ausspricht.
Pressekontakt: Reinhard Hönighaus, Tel.: +49 (30) 2280-2300
Anfragen von Bürgerinnen und Bürgern beantwortet das Team des Besucherzentrums ERLEBNIS EUROPA per frageerlebnis-europa [dot] eu (E-Mail) oder telefonisch unter (030) 2280 2900.
Einzelheiten
- Datum der Veröffentlichung
- 2. Mai 2018
- Autor
- Vertretung in Deutschland