Damit solle Europa künftig besser in der Lage sein, Technologien der nächsten Generation zu entwickeln und Fortschritte in der Datenverarbeitung und künstlichen Intelligenz zu nutzen. Geistiges Eigentum soll stärker geschützt und dazu eine zentrale Anlaufstelle für Patentschutz und -durchsetzung in der gesamten EU geschaffen werden. Kleine und mittlere Unternehmen sollen ihre immateriellen Vermögenswerte besser nutzen und dabei mit Beratung und finanziell unterstützt werden.
Die EU-Kommission will die gemeinsame Nutzung geistigen Eigentums erleichtern und die Verbreitung von Technologien in der Industrie optimieren. Marken- und Produktpiraterie sollen stärker bekämpft und Rechte am geistigen Eigentum besser durgesetzt werden. Die EU soll weltweit stärker gegen unlautere Praktiken vorgehen und Standards auf dem Gebiet der Rechte des geistigen Eigentums setzen.
In dem heute vorgelegten Aktionsplan werden Maßnahmen in fünf wichtigen Bereichen angekündigt:
Verbesserung des Schutzes des geistigen Eigentums
In dem Aktionsplan wird vorgeschlagen, eine Reihe bestehender Instrumente zum Schutz des geistigen Eigentums zu aktualisieren und an das digitale Zeitalter anzupassen. So ist u. a. vorgesehen, ergänzende Schutzzertifikate für patentierte Arznei- und Pflanzenschutzmittel zu verbessern und den Geschmacksmusterschutz in der EU zu modernisieren.
Der Aktionsplan zielt darauf ab, geografische Angaben für landwirtschaftliche Erzeugnisse besser zu schützen und gleichzeitig die Durchführbarkeit eines Systems zum Schutz geografischer Angaben für nichtlandwirtschaftliche Erzeugnisse auf EU-Ebene zu prüfen. Zu diesen geschützten geografischen Angaben (GI) hat die EU-Kommission heute die neue Suchdatenbank „GIview“ vorgestellt. Diese Datenbank umfasst alle Daten über in der EU registrierten geografischen Angaben und ist ein nützliches Hilfsmittel für Verbraucher, Hersteller und Fachleute im Bereich des geistigen Eigentums.
Darüber hinaus leitet die Kommission einen Branchendialog ein, bei dem erörtert werden soll, wie sich die neuen Technologien (wie künstliche Intelligenz und Blockchain) auf das IP-System auswirken.
Damit die Unternehmen Zugang zu schnellen, wirksamen und erschwinglichen Schutzinstrumenten erhalten und die nach wie vor bestehende Fragmentierung und Komplexität des derzeitigen Systems beseitigt wird, werden die Mitgliedstaaten in dem Aktionsplan aufgefordert, das einheitliche Patentsystem rasch einzuführen und eine zentrale Anlaufstelle für Patentschutz und -durchsetzung in der gesamten EU zu schaffen.
Förderung der Nutzung von Rechten des geistigen Eigentums durch kleine und mittlere Unternehmen (KMU)
Innovative und kreative Unternehmen in Europa, insbesondere KMU, sind sich häufig nicht bewusst, welche Vorteile es mit sich bringt, wenn sie den Schutz geistigen Eigentums zu einem Teil ihrer Geschäftsstrategie machen. So beantragen nur 9 Prozent der KMU den Schutz ihres geistigen Eigentums.
Damit kleinere Unternehmen ihre immateriellen Vermögenswerte möglichst gewinnbringend einsetzen können, schlägt die Kommission Maßnahmen zur Verbesserung von Information und Beratung vor. Dadurch werden von der Coronavirus-Pandemie betroffene KMU dabei unterstützt, ihre Portfolios des geistigen Eigentums besser zu verwalten, indem über ein neues Finanzhilfeprogramm im ersten Jahr 20 Mio. Euro aus Mitteln des Amts der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) bereitgestellt werden.
Darüber hinaus wird die Kommission allen Teilnehmern an EU-finanzierten Forschungs- und Innovationsprogrammen Beratung und Unterstützung im Bereich des geistigen Eigentums anbieten und mit allen Interessenträgern zusammenarbeiten, um für eine bessere Nutzung von Rechten des geistigen Eigentums in der gesamten Forschungs- und Innovationsgemeinschaft zu sorgen. Außerdem setzt sich die Kommission dafür ein, dass es einfacher wird, geistiges Eigentum als Hebel für den Zugang zu Finanzmitteln zu nutzen.
Erleichterung der gemeinsamen Nutzung von geistigem Eigentum
Ziel des Aktionsplans ist es zum einen, immaterielle Vermögenswerte zu schützen, zum anderen, den Zugang zu kritischen immateriellen Vermögenswerten zu verbessern, von denen unsere Wirtschaft und unsere Gesellschaft abhängig sind.
Die Kommission erkennt die zentrale Rolle an, die das System des geistigen Eigentums bei der Bewältigung gesundheitlicher Notlagen wie der anhaltenden Coronavirus-Pandemie spielen kann, und schlägt Maßnahmen vor, um die gemeinsame Nutzung kritischen geistigen Eigentums in Krisenzeiten zu erleichtern und dabei zu gewährleisten, dass sich die Investition auch bezahlt macht.
Die Kommission wird sich ferner für eine bessere Urheberrechtsinfrastruktur einsetzen und Maßnahmen ergreifen, um durch Rechte des geistigen Eigentums geschützte Daten besser nutzbar zu machen.
Ferner wird sie Möglichkeiten zur Verbesserung von Transparenz und Berechenbarkeit bei der Lizenzierung von standardessenziellen Patenten (SEP) vorschlagen, da diese ein Schlüsselelement für den digitalen Wandel der europäischen Industrie, wie etwa auch die Einführung vernetzter Fahrzeuge und anderer IoT-Produkte, darstellen.
Bekämpfung von Marken- und Produktpiraterie und bessere Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums
Die Einfuhren von nachgeahmten und unerlaubt hergestellten Waren machen 6,8 Prozent des BIP der EU aus. Die Kommission wird die wirksame und ausgewogene Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums verbessern. Als Ergänzung des kommenden Legislativpakets zum Rechtsakt über digitale Dienste wird sie beispielsweise mit einem EU-Instrumentarium zur Bekämpfung von Marken- und Produktpiraterie die wirksame Zusammenarbeit zwischen Inhabern von Rechten des geistigen Eigentums, Vermittlern (wie Online-Marktplätzen) und Strafverfolgungsbehörden fördern und erleichtern sowie die flächendeckende Verbreitung bewährter Verfahren und den Einsatz geeigneter Instrumente und neuer Technologien vorantreiben.
Förderung weltweit fairer Wettbewerbsbedingungen
Während 93 Prozent der EU-Warenausfuhren auf schutzrechtsintensive Wirtschaftszweige entfallen, sehen sich Unternehmen aus der EU nach wie vor großen Herausforderungen gegenüber, wenn sie in Drittländern tätig sind.
Zur Bewältigung dieser Herausforderungen ist die Kommission bemüht, die Position der EU als Organisation zu festigen, die Standards auf dem Gebiet der Rechte des geistigen Eigentums setzt. Ferner wird sie das Vorgehen der EU gegen unlautere Praktiken von Akteuren aus Drittländern, etwa gegen Industriespionage oder Versuche, Rechte des geistigen Eigentums im Rahmen der Forschungs- und Entwicklungszusammenarbeit missbräuchlich zu verwenden, verschärfen.
Hintergrund
Immaterielle Vermögenswerte wie Marken, Geschmacksmuster, Patente und Daten gewinnen in der heutigen wissensbasierten Wirtschaft stark an Bedeutung. Auf schutzrechtsintensive Wirtschaftszweige entfallen 45 Prozent des gesamten BIP und 93 Prozent aller EU-Ausfuhren, während gleichzeitig der Mehrwert von geistigem Eigentum in den meisten europäischen industriellen Ökosystemen zunimmt.
Weltweit steigt die Zahl der Anmeldungen von geistigem Eigentum, da immaterielle Vermögenswerte im globalen Wettbewerb um die technologische Führungsposition eine immer wichtigere Rolle spielen. Der Aktionsplan baut auf den Stärken des europäischen Rahmens für geistiges Eigentum auf. Auf diese Weise soll sichergestellt werden, dass er die wirtschaftliche Erholung und unsere Resilienz der EU in Schlüsselbereichen der Wirtschaft unterstützt.
In der am 10. März dieses Jahres angenommen neuen EU-Industriestrategie wurde anerkannt, dass die Politik der EU zum Schutz des geistigen Eigentums dazu beitragen muss, die technologische Souveränität Europas zu wahren und zu stärken und weltweit gleiche Wettbewerbsbedingungen zu fördern. Zudem wurde darin die Annahme des Aktionsplans angekündigt. Am 10. November forderte der Ministerrat der EU die Kommission auf, Vorschläge für eine Politik der EU zum Schutz des geistigen Eigentums vorzulegen.
Immaterielle Vermögenswerte wie Forschung und Entwicklung, Erfindungen, künstlerische und kulturelle Schöpfungen, Marken, Software, Know-how, Geschäftsprozesse und Daten, sind die Eckpfeiler der modernen wissensbasierten Wirtschaft. In den vergangenen zwei Jahrzehnten ist in der EU das Volumen der jährlichen Investitionen in geistiges Eigentum um 87 Prozent gestiegen, während das Volumen der materiellen Investitionen (ohne Wohnungsbau) nur um 30 Prozent zunahm. Investitionen in immaterielle Vermögenswerte waren von der vorangegangenen Wirtschaftskrise (ab 2008) auch deutlich weniger betroffen.
Wirtschaftszweige, die ihr geistiges Eigentum intensiv nutzen, spielen in der Wirtschaft der EU eine wesentliche Rolle und sichern für die Gesellschaft gute und nachhaltige Arbeitsplätze. Schutzrechtsintensive Wirtschaftszweige machen derzeit fast 45 Prozent des europäischen BIP aus und tragen direkt zur Schaffung von fast 30 Prozent aller Arbeitsplätze bei. Viele der „Ökosysteme“ Europas können ohne einen wirksamen Schutz des geistigen Eigentums und wirksame Instrumente für den Handel mit immateriellen Vermögenswerten nicht gedeihen.
Weitere Informationen:
Factsheet über den Aktionsplan für geistiges Eigentum
Aktionsplan zum Schutz des geistigen Eigentums „Das Innovationspotenzial der EU optimal nutzen – Aktionsplan für geistiges Eigentum zur Förderung von Erholung und Resilienz der EU“
Bewertungsbericht über Rechtsvorschriften für ergänzende Schutzzertifikate
Evaluierungsbericht zur Beobachtungsstelle für Verletzungen von Rechten des geistigen Eigentums
Pilot study for essentiality assessment of Standard Essential Patents report (Bericht über die Pilotstudie zur Wesentlichkeitsprüfung bei standardessenziellen Patenten)
Study on trends and developments in Artificial Intelligence (AI) (Studie über Trends und Entwicklungen im Bereich künstliche Intelligenz)
Folgenabschätzungen in der Anfangsphase zu Rechtsvorschriften über Geschmacksmuster
Pressemitteilung zu der neuen Datenbank zu den geschützten Geografischen Angaben
Pressekontakt: nikola [dot] johnec [dot] europa [dot] eu ( Nikola John), Tel.: +49 (30) 2280 2410
Anfragen von Bürgerinnen und Bürgern beantwortet das Team des Besucherzentrums ERLEBNIS EUROPA per frageerlebnis-europa [dot] eu (E-Mail) oder telefonisch unter (030) 2280 2900.
Einzelheiten
- Datum der Veröffentlichung
- 25. November 2020
- Autor
- Vertretung in Deutschland