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Vertretung in Deutschland
Pressemitteilung25. September 2023Vertretung in DeutschlandLesedauer: 7 Min

Fusionskontrolle: Kommission untersagt geplante Übernahme von eTraveli durch Booking

Holiday planning with a computer and a compass.

Die Europäische Kommission hat nach der EU-Fusionskontrollverordnung den Zusammenschluss zweier führender Online-Reisebüros untersagt. Die geplante Übernahme der Flugo Group Holdings AB („eTraveli“) durch Booking Holdings („Booking“) hätte es Booking ermöglicht, seine beherrschende Stellung auf dem Markt für Hotelportale im Europäischen Wirtschaftsraum zu stärken. Booking bot keine ausreichenden Abhilfemaßnahmen an, um diese Bedenken auszuräumen.

Der für Wettbewerb zuständige Kommissar Didier Reynders erklärte dazu: „Unser Beschluss, den Zusammenschluss zu untersagen, bedeutet, dass die Möglichkeiten europäischer Hotels und Reisender, ihre Dienstleistungen anzubieten bzw. ihre Reisen zu buchen, nicht weiter eingeschränkt werden. Dies bedeutet auch, dass die Anreize für wettbewerbsfähige Preise und Innovationen in diesem wichtigen Teil der Reisebranche erhalten bleiben.“

Die Untersuchung der Kommission

Die Kommission hat den heutigen Beschluss nach einer eingehenden Prüfung der geplanten Übernahme erlassen, durch die Booking und eTraveli, zwei führende Online-Reisebüros in einem konzentrierten Wirtschaftszweig, zusammengeführt worden wären. Booking ist das führende Hotelportal, während eTraveli zu den wichtigsten Flugportalen in Europa zählt. Booking ist zudem – in erster Linie über seine Preisvergleichsplattform KAYAK – auf dem Markt für Metasuchdienste tätig.

Online-Reisebüros erbringen wichtige Vermittlungsdienstleistungen, da sie Angebot und Nachfrage zusammenführen. Sie vermitteln u. a. Unterkünfte, Flüge, Mietwagen und Leistungen für den Besuch von Sehenswürdigkeiten. Allein im EWR wickeln Online-Reisebüros Buchungen im Gesamtwert von über 100 Milliarden Euro pro Jahr ab. Die Online-Hotelvermittlung ist mit einem Wert von rund 40 Milliarden Euro pro Jahr das größte und rentabelste Segment dieses Marktes.

Während der Untersuchung erhielt die Kommission Rückmeldungen von zahlreichen Interessenträgern, u. a. von Hotels und konkurrierenden Online-Reisebüros. Die Marktteilnehmer befürchteten, dass die geplante Übernahme die beherrschende Stellung von Booking auf dem Markt für Online-Hotelvermittlung im EWR stärken, den Wettbewerb verringern und höhere Preise für Hotels, möglicherweise aber auch für Verbraucher, zur Folge haben würde.

Der Beschluss der Kommission

Die Kommission stellte fest, dass die geplante Übernahme die beherrschende Stellung von Booking auf dem Markt für Online-Hotelvermittlung gestärkt hätte, was zu höheren Kosten für Hotels und möglicherweise für die Verbraucher geführt hätte. Insbesondere stellte die Kommission Folgendes fest:

  • Booking ist das dominierende Hotelportal im EWR. Das Unternehmen ist in den letzten zehn Jahren stetig gewachsen und hat einen Marktanteil von über 60 Prozent erreicht. Es gibt nur einen bedeutenden Wettbewerber auf dem Markt, der jedoch viel kleiner ist und sich hauptsächlich auf den US-Markt konzentriert. Konkurrierende Online-Reisebüros sind nicht in der Lage, ausreichenden Wettbewerbsdruck auf Booking auszuüben, sodass Booking von Hotels höhere Provisionen verlangen kann als einige seiner wichtigsten Wettbewerber. Zudem profitiert Booking von Netzwerkeffekten, da sein Hotelangebot einen erheblichen Umfang erreicht hat, was es für eine immer größere Zahl von Verbrauchern attraktiv macht.
  • Die geplante Übernahme hätte es Booking ermöglicht, einen wichtigen Kanal für die Kundenakquisition zu erwerben. Die Online-Flugvermittlung ist nach der Unterkunftsvermittlung der zweitgrößte Markt für Online-Reisebüros und die engste Ergänzung zur Online-Hotelvermittlung, dem Kerngeschäft von Booking. Online-Flugvermittlungsdienste sind für Hotelportale ein wichtiger Kanal zur Akquisition von Kunden, da sie sie zu einer höheren Besucherfrequenz führen und oft den ersten Schritt bei der Planung einer Reise darstellen. Auf dem Markt für Online-Flugvermittlung zählt eTraveli zu den führenden Online-Reisebüros und ist der zweitstärkste Anbieter im EWR. Booking hätte die Fähigkeiten von eTraveli nutzen können, um der wichtigste Akteur im Bereich der Online-Flugvermittlung in Europa zu werden.
  • Die Übernahme hätte es Booking ermöglicht, sein Ökosystem für Reisedienstleistungen zu erweitern. Im Mittelpunkt dieses Ökosystems stehen zwar die Online-Hotelvermittlungsdienste, doch stellt die Online-Flugvermittlung in diesem Ökosystem einen wichtigen Wachstumsfaktor dar, da sie zu einer deutlich stärkeren Nutzung der Booking-Plattform führen würde. Dies ist darauf zurückzuführen, dass die Flugvermittlung der Online-Reisebürodienst ist, der die größte Chance für die anschließende Hotelvermittlung im Rahmen eines Querverkaufs bietet. Booking hätte von der Trägheit der Kunden profitieren können, da ein erheblicher Teil dieser zusätzlichen Nutzer dann weiter die Plattformen von Booking genutzt hätte. Somit hätte die geplante Übernahme es Wettbewerbern erschwert, die beherrschende Stellung von Booking auf dem Markt für Hotelportale zu bestreiten.
  • Durch den Anstieg der Besucherfrequenz auf den Plattformen von Booking und des über die Plattformen erzielten Absatzes hätte die geplante Übernahme die Netzwerkeffekte verstärkt und die Marktzutritts- und Expansionsschranken erhöht, sodass es für Konkurrenzportale schwieriger geworden wäre, einen Kundenstamm für die Online-Hotelvermittlung aufzubauen. Online-Reisebüros, die derzeit auf dem Weg dazu sind, vollwertige Wettbewerber zu werden, könnte diese Möglichkeit genommen werden, wenn der Zusammenschluss vollzogen würde.
  • Die Stärkung der marktbeherrschenden Stellung von Booking hätte seine Verhandlungsposition gegenüber Hotels weiter gestärkt und die Nachfrage von billigeren Vertriebskanälen auf Booking umgeleitet. Dies hätte höhere Kosten für Hotels und möglicherweise für die Verbraucher zur Folge haben können.

Die von Booking vorgeschlagene Abhilfemaßnahmen

Die von Booking angebotenen Abhilfemaßnahmen waren nicht ausreichend, um die wettbewerbsrechtlichen Bedenken der Kommission ausräumen. Auf dieser Grundlage hätte die Kommission nicht davon ausgehen können, dass der Wettbewerb auf Dauer erhalten bleiben würde. Booking schlug vor, den Flugkunden auf der Check-out-Seite, die den Reisenden nach dem Kauf ihrer Flugtickets angezeigt wird, einen Auswahlbildschirm mit Angeboten konkurrierender Hotelportale anzuzeigen, sodass Kunden nach einem Klick auf das angezeigte Hotelangebot zur Website des betreffenden Hotelportals weitergeleitet würden. Der präsentierte Auswahlbildschirm sollte folgende Merkmale aufweisen:

  • Er wäre von KAYAK, dem Metasuchdienst von Booking, erstellt worden.
  • Der Auswahlbildschirm wäre sowohl auf dem unter der Marke Booking.com betriebenen Flugportal als auch auf dem unter der Marke eTraveli betriebenen Flugportal angezeigt worden. Er wäre im EWR ansässigen Flugkunden und nicht im EWR ansässigen, aber dort reisenden Flugkunden gezeigt worden.
  • Auf diesem Bildschirm wären vier Hoteloptionen von Online-Reisebüros gezeigt worden. Unter jeder der vier Unterbringungsoptionen wäre ein Dropdown-Menü mit bis zu vier zusätzlichen Angeboten verschiedener Hotelportale für dasselbe Hotel zu sehen gewesen.
  • An erster Stelle wäre das empfohlene Online-Reisebüro aufgeführt worden, das für jedes Hotel den niedrigsten Preis angeboten hätte. Für die Ermittlung der vier Hotels für den Auswahlbildschirm und der im Dropdown-Menü der einzelnen Unterkünfte aufgeführten weiteren Online-Reisebüros wäre der KAYAK-Algorithmus verwendet worden. Dieser Algorithmus umfasst einen Bietermechanismus, d. h., dass Booking von den Wettbewerbern für Weiterleitung vom Auswahlbildschirm vergütet worden wäre.
  • Hotelportale könnten angezeigt werden, wenn sie den technischen Standards und den Qualitätsstandards von KAYAK für Partnerportale entsprechen und mindestens 60 Prozent ihrer Gesamteinnahmen aus der Vermittlung von Hotelzimmern erzielen. Die Angebote von Booking könnten ebenfalls angezeigt werden.

Die Kommission prüfte die angebotenen Verpflichtungen eingehend und holte Stellungnahmen zu ihrer Wirksamkeit von den relevanten Marktteilnehmern ein. Aus den eingegangenen Rückmeldungen geht hervor, dass die vorgeschlagenen Abhilfemaßnahmen nicht umfassend und wirksam genug waren und die festgestellten wettbewerbsrechtlichen Bedenken nicht vollständig ausgeräumt haben:

  • Die Auswahl und Rangfolge der Angebote konkurrierender Hotelportale war nicht transparent und diskriminierungsfrei genug, da KAYAK – eine Tochtergesellschaft von Booking – mehrere Aspekte der Umsetzung hätte kontrollieren können.
  • Die Angebote konkurrierender Hotelportale wären nur auf der Check-out-Seite von Flugbuchungen angezeigt worden, nicht aber bei anderen wichtigen Querverkaufsmöglichkeiten wie E-Mails, Benachrichtigungen oder anderen Seiten der Website. Darüber hinaus macht die Check-out-Seite nur einen kleinen Teil der Querverkaufsmöglichkeiten aus, die Booking durch den Erwerb von eTraveli hätte wahrnehmen können.
  • Die Verpflichtungen hätten nur schwer wirksam überwacht werden können, insbesondere weil der Algorithmus von KAYAK wie eine Blackbox funktioniert.

Auf dieser Grundlage stellte die Kommission fest, dass die von Booking angebotenen Abhilfemaßnahmen nicht ausreichten, um die wettbewerbsrechtlichen Bedenken auszuräumen und die nachteiligen Auswirkungen des Zusammenschlusses auf den Wettbewerb zu verhindern. Folglich hat die Kommission beschlossen, den geplanten Zusammenschluss zu untersagen.

Unternehmen und Produkte

Booking mit Sitz in den USA ist mit Marken wie Booking.com, Rentalcars, Priceline und Agoda auf dem Markt für Online-Reisebüros tätig. Im EWR ist Booking vor allem in der Online-Hotelvermittlung unter der Marke Booking.com tätig und stellt in begrenztem Umfang auch Online-Flugvermittlungsdienste bereit, die es von eTraveli bezieht. Über seine Sparte KAYAK erbringt Booking unter Marken wie KAYAK, Momondo, Cheapflights und HotelsCombined auch Metasuchdienste für Unterkünfte, Mietwagen und Flüge. Zudem bietet Booking bestimmten konkurrierenden Online-Reisebüros, die solche Dienste selber nicht bereitstellen können, über kommerzielle Partnerschaftsprogramme Zugang zu seinen Online-Unterkunftsvermittlungsdiensten.

eTraveli mit Sitz in Schweden betreibt über seine Marken GotoGate, My Trip, Seat24 und SuperSaver ein Online-Reisebüro, über das es vor allem Flüge vermittelt.

Weitere Informationen

Vollständige Pressemitteilung vom 25. September

Pressekontakt: fabian [dot] weberatec [dot] europa [dot] eu (Fabian Weber). Tel.: +49 (0) 30 2280-2250. Mehr Informationen zu allen Pressekontakten hier.

Anfragen von Bürgerinnen und Bürgern beantwortet das Team des Besucherzentrums ERLEBNIS EUROPA per frageaterlebnis-europa [dot] eu (E-Mail) oder telefonisch unter (030) 2280 2900.

Einzelheiten

Datum der Veröffentlichung
25. September 2023
Autor
Vertretung in Deutschland