Der im April in Kraft getretene neue EU-Rahmen hat die wirtschaftspolitische Steuerung ehrgeizig und umfassend reformiert. Die Reform ist ein wesentlicher Schritt, um die wirtschaftspolitischen Ziele zu erreichen, den Rahmen einfacher, transparenter und wirksamer zu gestalten und die nationale Eigenverantwortung zu stärken. Die Kommission hat nun das erste Herbstpaket des Europäischen Semesters nach dieser Reform vorgelegt, das den Weg für gesunde Staatsfinanzen und ein nachhaltiges und integratives Wachstum vorgibt.
Nationale Eigenverantwortung für Haushalt, Investitionen und Reformen
Exekutiv-Vizepräsident Valdis Dombrovskis betonte, dass die neue wirtschaftspolitische Steuerung funktioniert. Die von der Kommission bewerteten mittelfristigen Pläne von 22 EU-Mitgliedstaaten „werden zur Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen beitragen und ein nachhaltiges und integratives Wachstum fördern. Die EU-Wirtschaft erholt sich allmählich, und wir müssen dafür sorgen, dass sie für die Zukunft wettbewerbsfähig bleibt und in der Lage ist, globalen Herausforderungen standzuhalten. Mit den mittelfristigen Plänen übernimmt jeder Mitgliedstaat Eigenverantwortung für ein kohärentes Maßnahmenpaket, das auf einer schrittweisen Haushaltskonsolidierung, vorrangigen öffentlichen Investitionen und wachstumsfördernden Reformen für die kommenden Jahre beruht. Die Pläne entsprechen somit den gemeinsamen Anliegen der EU: Stärkung der wirtschaftlichen und sozialen Krisenfestigkeit, Fortschritte beim ökologischen und digitalen Wandel und Verbesserung der Sicherheitskapazitäten Europas.“
Glaubwürdige Fahrpläne für tragfähige Finanzen und Wachstum
Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni sagte: „Die mittelfristigen Pläne der Mitgliedstaaten enthalten glaubwürdige Fahrpläne für die Tragfähigkeit ihrer öffentlichen Finanzen und das Wachstum. Für Mitgliedstaaten im Defizitverfahren bilden die haushaltspolitischen Anpassungspfade auch die Grundlage für die Empfehlungen im Rahmen dieses Verfahrens. Das sorgt für mehr Kohärenz und die Übernahme von mehr Eigenverantwortung für unsere Haushaltsregeln. Aus den Übersichten über die Haushaltsplanung für 2025 geht hervor, dass die Konsolidierung nach den neuen Vorschriften nicht auf Kosten von Investitionen geht. Gleichzeitig müssen wir flexibel und bereit bleiben, auf unerwartete Schocks zu reagieren. Innerhalb des durch die neuen Vorschriften für die wirtschaftspolitische Steuerung vorgegebenen Rahmens muss die europäische Wirtschaft ihre Wettbewerbsfähigkeit und Sicherheit stärken, um der schwierigeren geopolitischen Großwetterlage zu begegnen.“
Makröokonomische Stabilität, beherrschbare Schulden
Der neue Rahmen unterstützt die Mitgliedstaaten dabei, makroökonomische Stabilität mit realistischen und beherrschbaren Schulden zu erreichen. Das wird für die Wirtschaftskraft der EU in einem schwierigen globalen Umfeld von entscheidender Bedeutung sein. Außerdem werden Reformen und Investitionen gefördert, die die Grundlagen für langfristige wirtschaftliche Stabilität und nachhaltiges Wachstum schaffen werden. Letztlich trägt er zum Aufbau einer widerstandsfähigeren, faireren, wettbewerbsfähigeren und sichereren EU-Wirtschaft zum Nutzen der Bürgerinnen und Bürger bei.
Das Herbstpaket des Europäischen Semesters kommt zu einem Zeitpunkt, an dem die EU-Wirtschaft nach einer längeren Stagnation wieder zu einem bescheidenen Wachstum zurückkehrt. Es wird erwartet, dass die öffentlichen Investitionen 2025 in fast allen Mitgliedstaaten bei gleichzeitiger Haushaltskonsolidierung zulegen werden. Dabei wird in mehreren Mitgliedstaaten ein erheblicher Beitrag aus der Aufbau- und Resilienzfazilität von NextGenerationEU und aus EU-Mitteln geleistet.
Einfachere Regeln, auf individuelle Lage der Staaten zugeschnittene Überwachung
Der neue Rahmen für die wirtschaftspolitische Steuerung enthält einfachere und transparentere Haushaltsregeln. Dabei stützt sich die haushaltspolitische Überwachung auf einen einzigen operativen Indikator, nämlich den mehrjährigen Nettoausgabenpfad des Mitgliedstaats. Das erleichtert die Kontrolle, ob der angemahnte haushaltspolitische Kurs eingehalten wird. Der Rahmen sieht auch eine risikobasierte Überwachung vor, die auf die individuelle Haushaltslage der einzelnen Mitgliedstaaten zugeschnitten ist, und erlaubt eine schrittweisere Haushaltsanpassung, wenn sie durch spezifische Reformen und Investitionen unterlegt wird.
So ermöglicht er einen schrittweisen und realistischen Abbau des öffentlichen Schuldenstands, der nach derCOVID-19-Pandemie und der anschließenden Energiekrise erheblich gestiegen ist. Gesunde Staatsfinanzensind eine Voraussetzung für makroökonomische Stabilität und nachhaltiges Wirtschaftswachstum.
Wachstumsfördernde Reformen und Investitionen erleichtern
Innerhalb des neuen Rahmens nehmen alle Mitgliedstaaten Reformen und Investitionen in ihre mittelfristigen Pläne auf, mit denen gemeinsame Prioritäten der EU und die Herausforderungen angegangen werden, die in den länderspezifischen Empfehlungen im Rahmen des Europäischen Semesters festgehalten wurden. Zu diesen Prioritäten gehören:
- der ökologische und der digitale Wandel,
- die soziale und wirtschaftliche Resilienz,
- die Energieversorgungssicherheit und
- der Aufbau von Verteidigungsfähigkeiten.
Bewertung der mittelfristigen Pläne
Die mittelfristigen Pläne sind der Eckpfeiler des neuen Rahmens für die wirtschaftspolitische Steuerung. Die Zusammenführung von Haushalts-, Reform- und Investitionszielen in einem einzigen mittelfristigen Plan schafft ein stimmiges und schlankes Verfahren.
Die Kommission hat ihre Bewertung für 21 der 22 vorgelegten Pläne abgeschlossen:
- 20 Pläne erfüllen die Anforderungen des neuen Rahmens und geben nach Einschätzung der Kommission einen glaubwürdigen haushaltspolitischen Kurs vor, um sicherzustellen, dass der Schuldenstand der jeweiligen Mitgliedstaaten auf einen nachhaltigen Abwärtspfad gebracht oder auf einem beherrschbaren Niveau gehalten wird. Dies betrifft die folgenden Mitgliedstaaten: Dänemark, Estland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Italien, Irland, Kroatien, Lettland, Luxemburg, Malta, Polen, Portugal, Rumänien, Schweden, Slowakei, Slowenien, Spanien, Tschechien und Zypern. Für diese Mitgliedstaaten empfiehlt die Kommission dem Rat, den in ihren Plänen dargelegten Nettoausgabenpfad zu billigen.
- Im Falle der Niederlande hat die Kommission dem Rat vorgeschlagen, einen Nettoausgabenpfad zu empfehlen, der mit den von der Kommission im Juni übermittelten technischen Informationen im Einklang steht.
- Noch nicht abgeschlossen ist die Prüfung des mittelfristigen Plans Ungarns.
- Bei fünf der positiv bewerteten Pläne (Finnlands, Frankreichs, Italiens, Spaniens und Rumäniens) beruht der Nettoausgabenpfad auf einer Verlängerung des Anpassungszeitraums von vier auf sieben Jahre. Dies geht mit einer Reihe von Reform- und Investitionszusagen einher.
Bewertung der Übersichten über die Haushaltsplanung 2025
Die Kommission hat auch die von 17 Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets vorgelegten Übersichten über die Haushaltsplanung 2025 bewertet und geprüft, ob sie geeignete erste Schritte zur Umsetzung der jeweiligen mittelfristigen Pläne darstellen. Dabei nimmt die Kommission vor allem das Wachstum der Nettoausgaben im Zeitraum 2024-2025 in den Blick und prüft, ob die Nettoausgaben innerhalb der in den mittelfristigen Plänen der Mitgliedstaaten festgelegten Obergrenzen liegen (sofern ein solcher Plan vorliegt und als mit dem neuen Rahmen vereinbar angesehen wird).
- Acht Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets stehen mit Nettoausgaben innerhalb der Obergrenzen im Einklang mit den haushaltspolitischen Empfehlungen: Griechenland, Kroatien, Zypern, Lettland, Slowenien, die Slowakei, Italien und Frankreich.
- Sieben stehen teilweise im Einklang: Deutschland (kumulative Nettoausgaben werden voraussichtlich über den einschlägigen Obergrenzen liegen), Estland, Finnland, Irland, Luxemburg, Malta und Portugal.
- Die Niederlande stehen nicht im Einklang mit den haushaltspolitischen Empfehlungen.
- Litauen läuft Gefahr, von den Empfehlungen abzuweichen.
Einleitung der nächsten Schritte - Defizitverfahren
Beim Verfahren bei einem übermäßigen Defizit handelt es sich um die sogenannte korrektive Komponente des Stabilitäts- und Wachstumspakts.
Das Herbstpaket enthält die Empfehlungen der Kommission für die mehrjährigen Nettoausgabenpfade zur Korrektur des übermäßigen Defizits für die acht Mitgliedstaaten (Belgien, Frankreich, Italien, Malta, Polen, Rumänien, die Slowakei und Ungarn), die derzeit ein Defizitverfahren durchlaufen.
Für die meisten dieser Mitgliedstaaten basiert der Korrekturkurs auf dem Nettoausgabenpfad, den sie in ihren mittelfristigen Plänen festgelegt haben. Das entspricht der Philosophie des neuen Rahmens für die wirtschaftspolitische Steuerung, in der die nationale Eigenverantwortung für haushaltspolitische Verpflichtungen nachdrücklich betont wird.
In Ermangelung eines Plans oder einer Empfehlung zum mittelfristigen Plan, wie dies bei Belgien und Ungarn der Fall ist, beruht der Korrekturpfad in der im Rahmen des Defizitverfahrens abgegebenen Empfehlung auf dem vierjährigen, auf der Grundlage der jüngsten Daten aktualisierten Referenzpfad der Kommission.
Das Paket umfasst auch einen Bericht nach Artikel 126 Absatz 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union für Österreich und Finnland, in dem die Einhaltung des Defizitkriteriums durch diese Mitgliedstaaten bewertet wird.
Österreich hat für 2024 ein geplantes Defizit über dem Referenzwert von 3 Prozent des BIP gemeldet, und die Kommission geht in ihrer Prognose für 2025 oder 2026 unter der Annahme einer unveränderten Politik nicht davon aus, dass das Defizit unter diesen Wert sinken wird. Die Kommission gedenkt daher dem Rat vorzuschlagen, im Falle Österreichs das Bestehen eines übermäßigen Defizits festzustellen. Die österreichischen Behörden haben ihre Absicht bekundet, die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um das Defizit im Jahr 2025 unter 3 Prozent zu senken. Die Kommission ist bereit, hinreichend detaillierte neue Maßnahmen zu prüfen, sobald die Regierung sie förmlich angenommen hat.
Im Falle Finnlands, das für 2024 ebenfalls ein geplantes Defizit von mehr als 3 Prozent des BIP gemeldet hat, beabsichtigt die Kommission nicht, die Einleitung eines Defizitverfahrens vorzuschlagen, da das Defizit den Projektionen zufolge den Referenzwert bereits ab 2025 auch ohne zusätzliche politische Maßnahmen nichtmehr überschreiten wird.
Berichte über die Überwachung nach Abschluss des Anpassungsprogramms
Bei der Überwachung nach Abschluss des Anpassungsprogramms wird die wirtschaftliche, haushaltspolitische und finanzielle Lage der Mitgliedstaaten, die Finanzhilfeprogramme in Anspruch genommen haben (Griechenland, Irland, Portugal, Spanien und Zypern), insbesondere im Hinblick auf ihre Rückzahlungskapazitäten bewertet. In den Berichten wird der Schluss gezogen, dass alle fünf Mitgliedstaaten weiterhin zum Schuldendienst in der Lage sind.
Nächste Schritte
Der Rat und die Euro-Gruppe werden nun die im Rahmen des Herbstpakets des Europäischen Semesters vorgestellten Papiere erörtern.
Sobald der Rat die mittelfristigen Pläne gebilligt hat, wird die Kommission beobachten, ob die Mitgliedstaaten die in diesen Plänen enthaltenen Verpflichtungen während des gesamten von dem Planabgedeckten Zeitraums einhalten. Die Mitgliedstaaten werden jährliche Fortschrittsberichte vorlegen, um eine wirksamere Kontrolle und Durchsetzung zu erleichtern.
Die Kommission wird in den kommenden Wochen den zweiten Teil des Herbstpakets des Europäischen Semesters, einschließlich der Jährlichen Strategie für nachhaltiges Wachstum, der Empfehlung für das Euro-Währungsgebiet, des Warnmechanismus-Berichts und den Vorschlag für einen gemeinsamen Beschäftigungsbericht vorlegen.
Weitere Informationen:
Pressemitteilung in voller Länge
Fragen und Antworten zum haushaltspolitischen Teil des Herbstpakets 2024 des Europäischen Semesters
Herbstpaket des Europäischen Semesters 2024 – Dokumente
Fragen und Antworten zum neuen Rahmen für die wirtschaftspolitische Steuerung
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Einzelheiten
- Datum der Veröffentlichung
- 26. November 2024
- Autor
- Vertretung in Deutschland