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Vertretung in Deutschland
Pressemitteilung28. Juli 2022Vertretung in DeutschlandLesedauer: 9 Min

Index für die digitale Wirtschaft 2022: Deutschland im Mittelfeld

Digital growth

Deutschland steht im Index digitale Wirtschaft und Gesellschaft unter den 27 Mitgliedstaaten an 13. Stelle. In den vergangenen fünf Jahren (2017–2022) hat das Land aber relativ gute Fortschritte erzielt. Dies geht aus dem von der EU-Kommission veröffentlichten Index für die digitale Wirtschaft und Gesellschaft 2022 (Digital Economy and Society Index, DESI) hervor, der die Fortschritte der EU-Mitgliedstaaten im Bereich Digitales verfolgt. Finnland, Dänemark, die Niederlande und Schweden haben in der EU nach wie vor die Nase vorn. Doch auch sie sind mit Lücken in Schlüsselbereichen konfrontiert: Die Verbreitung fortgeschrittener digitaler Technologien wie KI und Big Data liegt nach wie vor unter 30 Prozent und ist damit sehr weit vom Ziel der digitalen Dekade bis 2030 von 75 Prozent entfernt. Weitverbreiteter Fachkräftemangel verlangsamt den Fortschritt insgesamt und führt zu digitaler Ausgrenzung.

Die Hauptergebnisse des DESI 2022 für Deutschland

Im Bereich Humanressourcen erzielt Deutschland gemischte Ergebnisse. Bei den Indikatoren „Mindestens grundlegende digitale Kompetenzen“ und „Mindestens grundlegende Kompetenzen bei der Erstellung digitaler Inhalte“ liegt das Niveau leicht unter dem EU-Durchschnitt. Dagegen rangiert der Anteil der Fachkräfte für Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) über dem EU-Durchschnitt.

Im Bereich Konnektivität erzielt Deutschland gute Ergebnisse. Die Abdeckung mit Festnetz mit sehr hoher Kapazität (VHCN) hat sich deutlich verbessert. Mit 75 Prozent liegt sie nun über dem EU-Durchschnitt. Für die Umsetzung des Ziels der digitalen Dekade, bis 2030 alle Haushalte an Gigabit-Netze anzubinden, stellt dies einen erheblichen Fortschritt dar.

Im Bereich Glasfaserabdeckung liegt Deutschland jedoch nach wie vor zurück (mit 15,4 Prozent zählt das Land zu den schwächsten Mitgliedstaaten in der EU in diesem Bereich); auch die digitale Kluft zwischen ländlichen und städtischen Gebieten besteht weiter (die Glasfaserabdeckung im ländlichen Raum liegt bei 11,3 Prozent, die ländliche VHCN-Abdeckung bei 22,5 Prozent). Bei der 5G-Netzabdeckung rangiert Deutschland mit 87 Prozent der besiedelten Gebiete an vierter Stelle unter den EU-Mitgliedstaaten.

Bei der Integration der Digitaltechnik durch Unternehmen liegen die meisten Indikatoren nahe am EU-Durchschnitt. Es besteht Verbesserungspotenzial, und von dem Ziel der digitalen Dekade, dem Erreichen einer mindestens grundlegenden digitalen Intensität durch mehr als 90 Prozent der kleinen und mittleren Unternehmen (KMU), ist Deutschland noch ein deutliches Stück entfernt.

Bei den digitalen öffentlichen Diensten sind die Ergebnisse gemischt. Hinsichtlich des Indikators „Offene Daten“ schneidet Deutschland gut ab, doch die Interaktion zwischen staatlichen Stellen und Öffentlichkeit könnte verbessert werden. Deutschland sollte seine aktuellen Bemühungen fortsetzen, um das im Programm für die digitale Dekade enthaltene Ziel einer 100%igen Online-Bereitstellung wesentlicher öffentlicher Dienste für europäische Bürger und Unternehmen zu erreichen.

EU-weite Fortschritte

Während der COVID-Pandemie haben die Mitgliedstaaten zwar Fortschritte bei ihren Digitalisierungsanstrengungen gemacht, haben aber nach wie vor Schwierigkeiten, die Lücken bei den digitalen Kompetenzen zu schließen sowie den digitalen Wandel von KMU und den Ausbau fortgeschrittener 5G-Netze umzusetzen. Die Aufbau- und Resilienzfazilität, die rund 127 Milliarden Euro für Reformen und Investitionen im digitalen Bereich bereitstellt, bietet eine beispiellose Gelegenheit zur Beschleunigung des digitalen Wandels, die sich die EU und ihre Mitgliedstaaten nicht entgehen lassen dürfen.

Die Ergebnisse zeigen, dass die meisten Mitgliedstaaten zwar Fortschritte beim digitalen Wandel machen, die Zahl der Unternehmen, die digitale Schlüsseltechnologien wie künstliche Intelligenz (KI) und Big Data einführen, jedoch nach wie vor gering ist. Für die vollständige Einführung der Vernetzungsinfrastrukturen (insbesondere 5G) müssen sollten die Anstrengungen verstärkt werden. Digitale Kompetenzen sind ein weiterer wichtiger Bereich, in dem die Mitgliedstaaten größere Fortschritte erzielen müssen.

Die für das Ressort „Ein Europa für das digitale Zeitalter“ zuständige Exekutiv-Vizepräsidentin Margrethe Vestager erklärte dazu: „Der digitale Wandel nimmt an Fahrt auf. Die meisten Mitgliedstaaten machen Fortschritte beim Aufbau widerstandsfähiger digitaler Gesellschaften und Volkswirtschaften. Seit Beginn der Pandemie haben wir erhebliche Anstrengungen unternommen, um die Mitgliedstaaten beim Übergang zu unterstützen – sei es durch die Aufbau- und Resilienzpläne, den EU-Haushalt oder in jüngerer Zeit auch durch den strukturierten Dialog über digitale Bildung und Kompetenzen. Wir müssen die Investitionen und Reformen, die zur Verwirklichung der Ziele der digitalen Dekade bis 2030 erforderlich sind, optimal nutzen. Daher muss es bereits jetzt zu Veränderungen kommen.“

Der für den Binnenmarkt zuständige Kommissar Thierry Breton sieht den DESI als Beleg, dass die EU ihre Initiativen z. B. bei der Förderung der Digitalisierung der Industrie, einschließlich der KMU, weiter intensivieren muss. Alle KMU, Unternehmen und Branchen in der EU sollten über die besten digitalen Lösungen verfügen und Zugang zu einer digitalen Vernetzungsinfrastruktur von Weltrang haben.

EU verbessert ihren Digitalisierungsgrad

Der Vorschlag der Kommission für den „Weg zur digitalen Dekade“, auf den sich das Europäische Parlament und die EU-Mitgliedstaaten geeinigt haben, wird eine engere Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten und der EU erleichtern, um alle vom DESI abgedeckten Dimensionen voranzubringen. Er bietet den Mitgliedstaaten einen Rahmen für gemeinsame Verpflichtungen und die Durchführung länderübergreifender Projekte, die ihre kollektive Stärke und Widerstandsfähigkeit im globalen Kontext erhöhen. Insgesamt besteht ein positiver Konvergenztrend: Die EU verbessert ihren Digitalisierungsgrad weiter, und die Mitgliedstaaten, die von einem niedrigeren Niveau gestartet sind, kommen schneller voran und holen allmählich auf. Insbesondere Italien, Polen und Griechenland haben ihre DESI-Werte in den letzten fünf Jahren erheblich verbessert, indem sie nachhaltige Investitionen getätigt und einen stärkeren politischen Schwerpunkt auf den digitalen Bereich gelegt haben, was auch durch EU-Mittel unterstützt wurde.

Problem digitale Kompetenz

Da digitale Instrumente zu einem integralen Bestandteil des Alltags und der Teilhabe an der Gesellschaft werden, besteht die Gefahr, dass Menschen ohne angemessene digitale Kompetenzen abgehängt werden. Nur 54 Prozent der Europäerinnen und Europäer im Alter zwischen 16 und 74 Jahren verfügen zumindest über grundlegende digitale Kompetenzen. Das Ziel der digitalen Dekade liegt bei mindestens 80 Prozent bis 2030. Obwohl zwischen 2020 und 2021 500 000 IKT-Fachleute in den Arbeitsmarkt eingetreten sind, liegen die 9 Millionen IKT-Spezialistinnen und -Spezialisten der EU weit hinter dem EU-Ziel von 20 Millionen bis 2030 zurück und reichen nicht aus, um den Fachkräftemangel zu decken, mit dem die Unternehmen derzeit konfrontiert sind. Im Jahr 2020 meldete mehr als die Hälfte der Unternehmen in der EU (55  Prozent) Schwierigkeiten bei der Besetzung freier Stellen für IKT-Fachkräfte. Diese Engpässe stellen ein erhebliches Hindernis für die Erholung und Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen in der EU dar. Der Mangel an spezialisierten Kompetenzen hält die EU auch in ihren Bemühungen um die Verwirklichung der Ziele des Grünen Deals zurück. Daher sind massive Anstrengungen zur Umschulung und Weiterbildung der Arbeitskräfte erforderlich.

Schlüsseltechnologien mit enormem Potential

Was die Einführung von Schlüsseltechnologien betrifft, so haben die Unternehmen während der COVID-Pandemie die Nutzung digitaler Lösungen vorangetrieben. Die Nutzung von Cloud Computing beispielsweise erreichte 34 Prozent. Die Nutzung von KI und Big Data durch Unternehmen beträgt jedoch nur 8 Prozent bzw. 14 Prozent (Ziel: 75 Prozent bis 2030). Diese Schlüsseltechnologien bergen ein enormes Potenzial für erhebliche Innovations- und Effizienzgewinne, insbesondere bei KMU. Allerdings verfügen nur 55 Prozent der KMU in der EU über ein Mindestmaß an Digitalisierung (Ziel: mindestens 90 Prozent bis 2030), was darauf hindeutet, dass fast die Hälfte der KMU nach wie vor nicht die Chancen wahrnehmen, die sich aus der Digitalisierung ergeben. Die Kommission hat heute eine Umfragezur Datenwirtschaft unter Unternehmen veröffentlicht.

Netzabdeckung/Lücken bei 5G-Abdeckung

2021 nahm die Gigabit-Konnektivität in Europa weiter zu. Die Netzabdeckung von Gebäuden mit Glasfaseranschluss hat 50 Prozent der Haushalte erreicht, was einer Gesamtabdeckung mit Festnetzen mit sehr hoher Kapazität von bis zu 70 Prozent entspricht (Zielvorgabe von 100 Prozent bis 2030). Auch die 5G-Abdeckung stieg im vergangenen Jahr und erreichte 66 Prozent der besiedelten Gebiete in der EU. Dennoch ist die Frequenzzuteilung, eine wichtige Voraussetzung für die kommerzielle Einführung von 5G, noch immer nicht abgeschlossen: In der überwiegenden Mehrheit der Mitgliedstaaten wurden nur 56 Prozent der gesamten harmonisierten 5G-Frequenzen zugeteilt (Ausnahmen: Estland und Polen). Darüber hinaus ergeben sich einige der sehr hohen Abdeckungsquoten aus der gemeinsamen Nutzung von 4G-Frequenzen oder Low-band-5G-Frequenzen, was die vollständige Einführung fortgeschrittener Anwendungen noch nicht ermöglicht. Diese Lücken müssen unbedingt geschlossen werden, um das Potenzial von 5G freizusetzen und neue Dienste mit hohem wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Wert wie vernetzte und automatisierte Mobilität, fortgeschrittene Fertigung, intelligente Energiesysteme oder elektronische Gesundheitsdienste möglich zu machen. Die Kommission hat heute außerdem Untersuchungen über Mobilfunk- und Festnetz-Breitbandpreise in Europa im Jahr 2021 und über die Breitbandabdeckung in Europa veröffentlicht.

Öffentliche Dienstleistungen online

Die Bereitstellung wichtiger öffentlicher Dienste online ist in den meisten EU-Mitgliedstaaten weitverbreitet. Schon vor der Einführung einer europäischen Brieftasche für die digitale Identität (EUid-Brieftasche) verfügen 25 Mitgliedstaaten über mindestens ein eID-System, allerdings haben nur 18 von ihnen ein oder mehrere im Rahmen der eIDAS-Verordnung notifizierte eID-Systeme, die eine wichtige Voraussetzung für sichere grenzüberschreitende digitale Transaktionen sind. Die Kommission hat heute auch die eGovernment-Benchmark 2022 veröffentlicht. 

Milliardensummen für den digitalen Wandel

Die EU hat erhebliche Mittel zur Unterstützung des digitalen Wandels bereitgestellt. 127 Milliarden Euro sind für digitale Reformen und Investitionen in die 25 nationalen Aufbau- und Resilienzpläne vorgesehen, die bisher vom Rat gebilligt wurden. Dies ist eine beispiellose Gelegenheit, die Digitalisierung zu beschleunigen, die Widerstandsfähigkeit der Union zu erhöhen und durch Reformen und Investitionen externe Abhängigkeiten zu verringern. Die Mitgliedstaaten sehen durchschnittlich 26 Prozent ihrer Mittel aus der Aufbau- und Resilienzfazilität für den digitalen Wandel vor, was über dem obligatorischen Schwellenwert von 20 Prozent liegt. Österreich, Deutschland, Luxemburg, Irland und Litauen haben sich dafür entschieden, mehr als 30 Prozent ihrer Mittel aus der Aufbau- und Resilienzfazilität in den Bereich Digitales zu investieren. Im deutschen Aufbau- und Resilienzplan ist die Digitalisierung der Hauptschwerpunkt. Über 50 Prozent des Gesamtbudgets von 26,5 Milliarden Euro  sind für die Digitalisierung vorgesehen.

Die Bestimmung der digitalen Wirtschaft als Schlüsselpriorität, die Bereitstellung politischer Unterstützung und die Einführung einer klaren Strategie, robuster politischer Maßnahmen und solider Investitionen sind unverzichtbare Elemente, um den Weg zum digitalen Wandel zu beschleunigen und die EU auf Kurs zu halten, sodass die mit der digitalen Dekade vorgegebene Vision Wirklichkeit wird.

Hintergrund

Der jährlich veröffentlichte Index für die digitale Wirtschaft und Gesellschaft misst die Fortschritte der EU-Mitgliedstaaten auf dem Weg zur digitalen Wirtschaft und Gesellschaft auf der Grundlage von Daten, die sowohl von Eurostat als auch aus Fachstudien und speziellen Erhebungen stammen. Der DESI hilft den EU-Mitgliedstaaten, die Bereiche zu ermitteln, in denen besonders dringender Investitions- und Handlungsbedarf besteht. Der DESI ist auch ein wichtiges Instrument zur Analyse der digitalen Aspekte im Europäischen Semester.

Das im September 2021 vorgestellte Politikprogramm „Weg in die digitale Dekade“, das voraussichtlich bis Ende des Jahres in Kraft treten wird, sieht zur gemeinsamen Verwirklichung der Ziele, Vorgaben und Grundsätze der digitalen Dekade einen neuartigen Governance-Mechanismus in Form eines Zyklus der Zusammenarbeit zwischen den EU-Organen und den Mitgliedstaaten vor. In dem Programm ist vorgesehen, dass die Beobachtung der Ziele der digitalen Dekade anhand des DESI erfolgen soll, weshalb die DESI-Indikatoren nun an den vier Kernpunkten des digitalen Kompasses 2030 ausgerichtet worden sind.

Weitere Informationen:

Pressemitteilung: Index für die digitale Wirtschaft und Gesellschaft 2022: Fortschritte insgesamt, aber Rückstände bei digitalen Kompetenzen, KMU und 5G-Netzen

Fragen und Antworten – DESI 2022

Index für die digitale Wirtschaft und Gesellschaft.

Leistungsstand der einzelnen Mitgliedstaaten

Anmerkung zur Methodik  

PREDICT-Studie 2022 zu IKT und FuE 

Pressekontakt: nikola [dot] johnatec [dot] europa [dot] eu (Nikola John), Tel.: +49 (30) 2280 2410. Mehr Informationen zu allen Pressekontakten hier.

Anfragen von Bürgerinnen und Bürgern beantwortet das Team des Besucherzentrums ERLEBNIS EUROPA per frageaterlebnis-europa [dot] eu (E-Mail) oder telefonisch unter (030) 2280 2900.

Einzelheiten

Datum der Veröffentlichung
28. Juli 2022
Autor
Vertretung in Deutschland