Die für Wettbewerbspolitik zuständige Exekutiv-Vizepräsidentin der Kommission Margrethe Vestager erklärte dazu: „Schokolade, Kekse und Kaffee sind aus dem Alltag der Bürgerinnen und Bürger Europas nicht wegzudenken. Wir leiten ein förmliches Prüfverfahren ein, um festzustellen, ob Mondelēz, ein wichtiger Hersteller dieser Produkte, den freien Wettbewerb auf den betreffenden Märkten durch die Behinderung von Handelsströmen eingeschränkt und auf diese Weise höhere Preise für die Verbraucher verursacht haben könnte. Handel im Binnenmarkt kann die Preise senken und das Produktangebot in den Mitgliedstaaten vergrößern. ”
Die Kommission befürchtet, dass Mondelēz den zwischen EU-Mitgliedstaaten erfolgenden sogenannten „Parallelhandel“ mit seinen Schokolade-, Keks- und Kaffeeprodukten mittels Vereinbarungen und einseitiger Handelspraktiken beschränkt haben könnte. Händler und Einzelhändler versuchen, Produkte in Mitgliedstaaten einzukaufen, in denen die Preise niedriger sind, um sie dann in anderen Mitgliedstaaten mit höheren Preisen wieder zu verkaufen. Dort sinken dadurch in der Regel die Preise. Beschränkungen des Parallelhandels können dazu führen, dass Hersteller oder Anbieter auf einem nationalen Markt zum Nachteil der Verbraucher höhere Preise verlangen können. Ferner kann die Produktvielfalt abnehmen.
Die Kommission wird insbesondere bestimmte potenziell wettbewerbswidrige Geschäftspraktiken von Mondelēz untersuchen, wie z. B.
- etwaige Beschränkungen der Verkaufsgebiete innerhalb der EU durch Vereinbarungen, in denen festgelegt wird, in welchem Mitgliedstaat ein Händler die Produkte verkaufen darf, oder in denen die passiven Verkäufe beschränkt werden,
- die etwaige Beschränkung des Parallelhandels durch Vereinbarungen über Preiserhöhungen oder Mengenbegrenzungen speziell für Kunden, die im Binnenmarkt mit den Produkten handeln,
- die etwaige Vereinbarung mit Kunden, von Parallelhandel abzusehen bzw. keine Erzeugnisse aus dem Parallelhandel zu beziehen, unter anderem im Gegenzug für Zahlungen oder andere Ausgleichsleistungen,
- die etwaige Einschränkung der auf Verpackungen verwendeten Sprachen, entweder einseitig oder durch Vereinbarungen mit Händlern, wodurch der Verkauf in bestimmte andere EU-Mitgliedstaaten erschwert wird,
- die etwaige Weigerung, bestimmte Händler zu beliefern, um die Einfuhren auf bestimmten Märkten zu beschränken.
Sollte sich der Verdacht der Kommission erhärten, würden die Vereinbarungen und Verhaltensweisen wettbewerbswidrige Hemmnisse für den Handel im EU-Binnenmarkt schaffen und gegen Artikel 101 bzw. Artikel 102 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) verstoßen.
Die Kommission wird diese eingehende Untersuchung vorrangig behandeln. Das Verfahren wird ergebnisoffen geführt.
Hintergrund
Im Rahmen dieser von Amts wegen eingeleiteten Untersuchung mutmaßlicher wettbewerbswidriger Praktiken in der EU hat die Kommission im November 2019 unangekündigte Nachprüfungen in den Räumlichkeiten von Mondelēz durchgeführt.
Bürgerinnen und Bürger, die Wettbewerbsbehörden der Mitgliedstaaten und das Europäische Parlament haben bereits wiederholt ihre Besorgnis geäußert, dass sich die Preise für gängige Lebensmittel und Getränke von einem EU-Mitgliedstaat zum anderen – auch zwischen Nachbarländern – stark unterscheiden können. Sie machten ferner geltend, dass Wirtschaftsbeteiligte Hemmnisse für den Handel zwischen Ländern mit niedrigeren Preisen und Ländern mit höheren Preisen (sogenannter Parallelhandel) errichten. Daher haben sie die Kommission aufgefordert, dagegen vorzugehen und für eine stärkere Preiskonvergenz im EU-Binnenmarkt zu sorgen.
Im November 2020 veröffentlichte die Kommission eine Studie über territoriale Angebotsbeschränkungen im Einzelhandel in der EU. Darin heißt es, bestimmte Lieferanten würden eine Reihe von Praktiken anwenden, die den Parallelhandel mit Lebensmitteln zum Nachteil der europäischen Verbraucher einschränken.
Allgemeine Informationen zu Kartellverfahren
Nach Artikel 101 AEUV sind Vereinbarungen zwischen Unternehmen und Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen, die eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Binnenmarkts bezwecken oder bewirken, verboten. Artikel 102 AEUV verbietet die missbräuchliche Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung. Artikel 102 AEUV verbietet die missbräuchliche Ausnutzung einer beherrschenden Stellung. Wie diese Bestimmungen umzusetzen sind, ist in der EU‑Kartellverordnung (Verordnung Nr. 1/2003 des Rates) festgelegt, die auch von den Wettbewerbsbehörden der Mitgliedstaaten angewendet werden kann.
Nach Artikel 11 Absatz 6 der Verordnung 1/2003 entfällt mit der Verfahrenseinleitung durch die Kommission die Zuständigkeit der mitgliedstaatlichen Wettbewerbsbehörden für die Anwendung des EU-Wettbewerbsrechts in der jeweiligen Sache. Artikel 16 Absatz 1 dieser Verordnung besagt ferner, dass die Gerichte der Mitgliedstaaten keine Entscheidungen erlassen dürfen, die einem Beschluss zuwiderlaufen könnten, den die Kommission in einem von ihr eingeleiteten Verfahren zu erlassen beabsichtigt.
Die Kommission hat Mondelēz und die Wettbewerbsbehörden der betreffenden Mitgliedstaaten über die Einleitung des Verfahrens in dieser Sache unterrichtet.
Es gibt keine verbindliche Frist für den Abschluss einer kartellrechtlichen Untersuchung. Die Dauer einer solchen Untersuchung hängt von verschiedenen Faktoren ab, u. a. von der Komplexität der Sache, der Kooperationsbereitschaft des Unternehmens mit der Kommission und der Ausübung der Verteidigungsrechte.
Weitere Informationen zu diesem laufenden Kartellfall können auf der Website der Generaldirektion Wettbewerb über das öffentlich zugängliche Register unter der Nummer AT.40632 eingesehen werden.
Pressekontakt: Reinhard [dot] HOENIGHAUSec [dot] europa [dot] eu (Reinhard Hönighaus), Tel.: +49 (30) 2280-2300
Anfragen von Bürgerinnen und Bürgern beantwortet das Team des Besucherzentrums ERLEBNIS EUROPA per frageerlebnis-europa [dot] eu (E-Mail) oder telefonisch unter (030) 2280 2900.
Einzelheiten
- Datum der Veröffentlichung
- 28. Januar 2021
- Autor
- Vertretung in Deutschland