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Vertretung in Deutschland
Presseartikel30. Juni 2017Vertretung in DeutschlandLesedauer: 3 Min

Kommission geht gegen polnische Steuer für internationale Handelsketten vor

Die Europäische Kommission ist zu dem Schluss gekommen, dass die polnische Einzelhandelssteuer gegen die EU-Vorschriften für staatliche Beihilfen verstößt. Sie ist der Auffassung, dass der umsatzbasierte progressive Steuersatz Unternehmen mit...

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(30.06.2017) - Auf eine Beschwerde hin hatte die Kommission im September 2016 eine eingehende Untersuchung zu dieser Maßnahme eingeleitet. Die neue Steuer wurde in Polen bislang nicht erhoben und in der Praxis somit keine staatliche Beihilfe gewährt. Daher ist auch keine Beihilfe zurückzufordern.

Die Kommission stellt Polens Recht, über das eigene Steuersystem sowie über die Zielsetzung einzelner Steuern und Abgaben zu entscheiden, nicht infrage. Das Steuersystem darf jedoch nicht gegen EU-Recht einschließlich der Beihilfevorschriften verstoßen oder bestimmen Unternehmen einen ungerechtfertigten Vorteil einräumen.

Im Rahmen der polnischen Maßnahme müssten im Land tätige Einzelhandelsunternehmen jeden Monat eine umsatzbasierte Steuer auf Einzelhandelsverkäufe entrichten. Die Steuer ist progressiv gestaltet und die drei vorgesehenen Spannen gehen mit drei verschiedenen Steuersätzen einher:

  • Für den Umsatzanteil eines Unternehmens, der unter 17 Mio. PLN (etwa 4,02 Mio. Euro) liegt, gilt eine Steuerbefreiung.
  • Der Umsatzanteil zwischen 17 Mio. PLN und 170 Mio. PLN (etwa 40,2 Mio. Euro) wird mit 0,8 Prozent besteuert.
  • Für den über 170 Mio. PLN (etwa 40,2 Mio. Euro) hinausgehenden Umsatz gilt ein Steuersatz von 1,4 Prozent.

Die eingehende Untersuchung der Kommission hat ergeben, dass die progressive Struktur der Steuersätze bestimmten Unternehmen in Abhängigkeit von ihrem Umsatz und ihrer Größe einen ungerechtfertigten Vorteil gegenüber anderen verschaffen würde. Ein solcher progressiver Steuersatz würde dazu führen, dass kleinere Unternehmen entweder überhaupt keine Einzelhandelssteuer zahlen (wenn ihr Umsatz unter 17 Mio. PLN liegt) oder mit einem geringeren Satz besteuert werden als größere Wettbewerber.

Somit hätten Unternehmen mit geringerem Umsatz einen unlauteren wirtschaftlichen Vorteil. Kleinere Unternehmen sollten in absoluten Zahlen selbstverständlich weniger Steuern entrichten als ihre größeren Wettbewerber, der als Steuern abzuführende Umsatzanteil sollte jedoch gleich sein.

Polen hat nicht belegt, dass der progressive Steuersatz durch das Ziel der Einzelhandelssteuer, die Einnahmen zu erhöhen, gerechtfertigt wäre oder dass Unternehmen, die den höheren Steuersätzen unterliegen, zahlungsfähiger wären.

Durch den heutigen Beschluss wird Polen verpflichtet, die nicht gerechtfertigte Diskriminierung bestimmter Unternehmen durch die Einzelhandelssteuer abzuschaffen und damit wieder für Gleichbehandlung auf dem Markt zu sorgen.

Hintergrund

Die Kommission begann im Februar 2016 aufgrund von Medienberichten über das Vorhaben der polnischen Regierung, im Einzelhandel eine progressive Steuer einzuführen, sich mit der Frage zu befassen. Polen hat die Gestaltung der Steuer nicht mit der Kommission abgestimmt und die Maßnahme nicht vor ihrer Umsetzung bei der Kommission zur Genehmigung angemeldet. Im August 2016 ging eine Beschwerde bei der Kommission ein, in der geltend gemacht wurde, dass die Einzelhandelssteuer in Polen unzulässige staatliche Beihilfen beinhalte.

Am 6. Juli 2016 hatte das polnische Parlament das Gesetz über die Einzelhandelssteuer beschlossen. Es trat am 1. September 2016 in Kraft. Am 19. September 2016 leitete die Kommission eine eingehende Untersuchung ein und forderte Polen auf, die Anwendung des progressiven Steuersatzes bis zum Abschluss des beihilferechtlichen Prüfverfahrens auszusetzen. Diese Anordnung war erforderlich, da die Steuer zum 1. September 2016 in Kraft trat und monatliche Zahlungen vorsah. Da aufgrund der Anordnung keine staatlichen Beihilfen gewährt wurden, muss kein Unternehmen rechtswidrige Beihilfen zurückzahlen.

Dies ist nicht das erste Mal, dass die Kommission progressive umsatzsteuerbasierte Steuersätze auf Grundlage der EU-Beihilfevorschriften geprüft hat. Am 4. Juli 2016 kam die Kommission zu dem Schluss, dass Ungarns Gebühr für die Kontrolle der Lebensmittelkette und Tabaksteuer mit den EU-Beihilfevorschriften unvereinbar sind. Am 4. November 2016 erklärte die Kommission auch die progressiven Steuersätze der ungarischen Werbesteuer für nach diesen Vorschriften unzulässig.

Die nichtvertrauliche Fassung des Beschlusses wird unter der Nummer SA.44351 über das Beihilfenregister der DG Wettbewerb veröffentlicht, sobald alle Fragen im Zusammenhang mit dem Schutz vertraulicher Daten geklärt sind. Über neu im Internet und im Amtsblatt veröffentlichte Beihilfebeschlüsse informiert der elektronische Newsletter State Aid Weekly e-News.

Pressekontakt: reinhard [dot] hoenighausatec [dot] europa [dot] eu (Reinhard Hönighaus), Tel.: +49 (30) 2280-2300

Anfragen von Bürgerinnen und Bürgern beantwortet das Team des Besucherzentrums ERLEBNIS EUROPA per frageaterlebnis-europa [dot] eu (E-Mail) oder telefonisch unter (030) 2280 2900.

Einzelheiten

Datum der Veröffentlichung
30. Juni 2017
Autor
Vertretung in Deutschland