Das sogenannte hinweisende Nuklearprogramm (Nuclear Illustrative Programme, PINC) ist der erste Bericht seit dem Atomunglück von Fukushima 2011 und legt den Schwerpunkt auf Investitionen im Zusammenhang mit dem sicheren Betrieb vorhandener Anlagen. Zudem geht es um den geschätzten Finanzierungsbedarf bei der Stilllegung von Kernkraftwerken und der Entsorgung radioaktiver Abfälle und abgebrannter Brennelemente. Der Bericht dient als Gesprächsgrundlage und zielt darauf ab, sämtliche Akteure, insbesondere die Zivilgesellschaft, an der Diskussion zu beteiligen.
In der EU gibt es derzeit 129 Kernkraftanlagen in 14 Ländern mit einer Gesamterzeugungskapazität von 120 GWe. Es gibt 89 AKW in der EU, die nicht mehr in Betrieb sind, und von denen bisher drei vollständig stillgelegt sind. Zehn Länder planen derzeit neue AKW. Den Finanzbedarf für Sicherheitsverbesserungen und den sicheren Betrieb vorhandener Anlagen beziffert der Bericht auf 45 bis 50 Mrd. Euro bis zum Jahr 2030. Die geschätzten Kosten für die Stilllegung von Kernkraftwerken und die Entsorgung radioaktiver Abfälle und abgebrannter Brennelemente belaufen sich bis zum Jahr 2050 auf 253 Mrd. Euro.
Die EU-Staaten entscheiden frei über ihren Energiemix. Allerdings wird in der Strategie für die Energieunion und der europäischen Strategie für eine sichere Energieversorgung hervorgehoben, dass Mitgliedstaaten, die beschließen, Kernkraft als Teil ihres Energiemixes zu nutzen, die höchsten Standards bei technischer Sicherheit, Sicherungsmaßnahmen, Entsorgung von Abfällen sowie Nichtverbreitung von Kernmaterial anlegen.
Kommissionsvizepräsident Maroš Šefčovič, zuständig für die Energieunion, sagte: "Beruhend auf dem Input der Mitgliedstaaten liefert das hinweisende Nuklearprogramm der Kommission (PINC) ein nützliches Gesamtbild des gesamten Lebenszyklus der Kernkraft in Europa: von der Brennstoffherstellung am „Front-End“ über Sicherheitsverbesserungen und Langzeitbetrieb bis zum „Back-end“ des Zyklus, der Abfallentsorgung und Stilllegung. Das PINC leistet einen Beitrag zur Umsetzung der Strategie für die Energieunion, indem die Investitionen der Mitgliedstaaten unter den Gesichtspunkten der technischen Sicherheit, Versorgungssicherheit und Diversifizierung sowie der Führungsrolle in Technologie und Wirtschaft betrachtet werden."
Der für Klimapolitik und Energie zuständige Kommissar, Miguel Arias Cañete, erklärte: "Fünf Jahre nach dem Unfall im Kernkraftwerk Fukushima Daiichi hat Europa seine Lektion gelernt. Das hinweisende Nuklearprogramm bietet erstmalig einen Überblick über alle Investitionsaspekte der Kernenergie in einem einzigen Dokument. So trägt es zur öffentlichen Debatte über Kernenergiefragen bei. Gemeinsam dürften wir in der Lage sein, Lösungen zu finden, um in ganz Europa zusammenzuarbeiten, so dass sichergestellt wird, dass das Wissen über den sicheren Betrieb von Kernkraftwerken ausgetauscht wird und nicht separat von jeder einzelnen Regulierungsbehörde erarbeitet werden muss, und dass die Entsorgung radioaktiver Abfälle bis zu ihrer endgültigen Beseitigung finanziell durch die Mitgliedstaaten abgesichert ist.“
Des Weiteren hat die Kommission heute eine Empfehlung an die Mitgliedstaaten für die Anwendung von Artikel 103 des Euratom-Vertrags vorgelegt. Die Empfehlung sieht vor, dass die Mitgliedstaaten die Kommission um eine Stellungnahme ersuchen, bevor sie Kernenergie-Abkommen mit Drittländern (zwischenstaatliche Abkommen) abschließen. Diese Empfehlung zielt darauf ab, dieses Verfahren effizienter zu machen. Sie stellt klar, welches die wichtigsten Aspekte und Anforderungen sind, die EU-Länder bei der Aushandlung solcher Abkommen berücksichtigen müssen, insbesondere in Bezug auf die neuen Richtlinien über nukleare Sicherheit und die sichere Entsorgung abgebrannter Brennelemente und radioaktiver Abfälle.
Das hinweisende Nuklearprogramm PINC beruht auf einer Verpflichtung nach Artikel 40 des Euratom-Vertrags. Es fußt auf der Analyse i) der Auswirkungen unlängst verabschiedeter politischer und legislativer Initiativen (z. B. Richtlinie über die Entsorgung abgebrannter Brennelemente und radioaktiver Abfälle, überarbeitete Sicherheitsstandards, geänderte Richtlinie über nukleare Sicherheit) und ii) öffentlich zugänglicher Daten (z. B. von der OECD/Kernenergie-Agentur, der internationalen Energieagentur, der Internationalen Atomenergie-Organisation und dem Weltnuklearverband veröffentlichte Dokumente) sowie auf iii) Informationen von Mitgliedstaaten und Akteuren (Sitzungen und Fragebögen). Die Kommission hat Fragebögen an Kernkraftswerksbetreiber in der EU und die Mitglieder der Sachverständigengruppe der Kommission für die Stilllegungsfinanzierung versandt, um dafür zu sorgen, dass der PINC-Analyse die neuesten verfügbaren Zahlen zugrunde liegen.
Weitere Informationen in der vollständigen Pressemitteilung. Zum Bericht selbst gelangen Sie hier.
Pressekontakt: claudia [dot] guskeec [dot] europa [dot] eu (Claudia Guske), +49 (30) 2280-2190
Anfragen von Bürgerinnen und Bürgern beantwortet der Infopunkt der Berliner Vertretung der Europäischen Kommission per infoeuropa-punkt [dot] de (E-Mail) oder telefonisch unter (030) 2280 2900.
Einzelheiten
- Datum der Veröffentlichung
- 4. April 2016
- Autor
- Vertretung in Deutschland