Zum Hauptinhalt
Vertretung in Deutschland
Pressemitteilung7. September 2022Vertretung in DeutschlandLesedauer: 6 Min

Kommission will Visaerleichterungsabkommen mit Russland vollständig aussetzen

Es sind zwei EU Flaggen zu sehen.
European Union 2021

Das Visaerleichterungsabkommen der EU mit Russland soll vollständig ausgesetzt werden. Nach einer politischen Einigung der Außenministerinnen und -minister hat die EU-Kommission diesen Schritt gestern formell vorgeschlagen. Damit werden russische Staatsangehörige keinen privilegierten Zugang zur EU mehr haben und mit einem langwierigeren, kostspieligeren und schwierigeren Visumantragsverfahren konfrontiert sein. Die Kommission legte zudem einen Vorschlag zur Nichtanerkennung russischer Reisepässe vor, die in besetzten Regionen der Ukraine ausgestellt wurden.

Kommissionsvizepräsident Margaritis Schinas erklärte dazu: „Die Visumpolitik der EU ist ein Zeichen des Vertrauens – Vertrauen, das Russland mit seinem grundlosen und ungerechtfertigten Angriffskrieg gegen die Ukraine vollständig untergraben hat. Solange die militärische Aggression Russlands gegenüber einem EU-Beitrittskandidatenland andauert, können russische Staatsangehörige keine Reiseerleichterungen nach Europa in Anspruch nehmen. Die EU legt erneut unerschütterliche Geschlossenheit in ihrer Reaktion auf die militärische Aggression Russlands an den Tag.“

EU-Innenkommissarin Ylva Johansson fügte hinzu: „Russland verstößt mit seinen illegalen Militäraktionen weiterhin gegen das Völkerrecht, begeht Gräueltaten gegen die ukrainische Bevölkerung und untergräbt die Sicherheit und Stabilität in Europa und weltweit. Diese Aktionen verstoßen gegen die Grundprinzipien, auf deren Grundlage das Visaerleichterungsabkommen geschlossen wurde, und laufen den Interessen der EU und ihrer Mitgliedstaaten zuwider. Der heutige Vorschlag zeigt, dass die EU entschlossen und geeint in ihrer Reaktion ist. In Kürze werden wir weitere Leitlinien vorlegen, auf deren Grundlage Visumanträge und Grenzübertritte russischer Staatsangehöriger einer strengeren Prüfung unterzogen werden sollen, ohne jedoch den Zugang russischer Dissidenten und der Zivilgesellschaft abzuschneiden.“

Beendigung des bevorrechtigten Zugangs russischer Bürgerinnen und Bürger zur EU

Mit dem Vorschlag zur Aussetzung des Visaerleichterungsabkommens werden alle Erleichterungen für russische Staatsangehörige, die ein Visum für einen kurzfristigen Aufenthalt im Schengen-Raum beantragen, ausgesetzt. Stattdessen gelten die allgemeinen Bestimmungen des Visakodexes.

In der Praxis bedeutet dies für russische Antragstellerinnen und Antragsteller künftig Folgendes:

  • eine höhere Visumgebühr: Die Visumgebühr wird für alle Antragsteller von 35 Euro auf 80 Euro angehoben.
  • längere Bearbeitungszeiten: Die Standardfrist für Konsulate für die Entscheidung über Visumanträge wird von 10 auf 15 Tage verlängert. Diese Frist kann in Einzelfällen auf höchstens 45 Tage verlängert werden, wenn eine weitere Prüfung des Antrags erforderlich ist.
  • restriktivere Vorschriften für Mehrfachvisa: Die Antragstellerinnen und Antragsteller haben keinen einfachen Zugang mehr zu Visa, die für die mehrfache Einreise in den Schengen-Raum gültig sind.
  • eine längere Liste von Belegen: Für Antragstellerinnen und Antragsteller gilt für die Beantragung eines Visums künftig die vollständige Liste der erforderlichen Nachweise. Sie werden nicht mehr in den Genuss der vereinfachten Liste des Visaerleichterungsabkommens kommen.

Die EU hat lediglich mit einer begrenzten Anzahl von Ländern Visaerleichterungsabkommen geschlossen. Diese Abkommen beruhen auf gegenseitigem Vertrauen zwischen der EU und dem jeweiligen Land und der gegenseitigen Achtung der gemeinsamen Werte. Die Invasion der Ukraine durch Russland ist mit vertrauensvollen Beziehungen unvereinbar und widerspricht dem Geist der Partnerschaft, auf dem die Visaerleichterungsabkommen beruhen. Sie rechtfertigt Maßnahmen zum Schutz der wesentlichen Sicherheitsinteressen der EU und ihrer Mitgliedstaaten.

Seit Beginn der Aggression Russlands gegen die Ukraine hat sich die Lage stetig verschlechtert. Die humanitären Folgen für die Zivilbevölkerung sowie die groß angelegte Zerstörung wichtiger Infrastrukturen sind gravierend.

Nichtanerkennung russischer Reisepässe, die in besetzten Regionen der Ukraine ausgestellt wurden

Die Kommission unterbreitet heute auch einen Vorschlag für einen gemeinsamen Ansatz der EU für die Nichtanerkennung russischer Reisepässe, die in besetzten ausländischen Regionen ausgestellt wurden, da Russland derzeit die Praxis der Ausstellung gewöhnlicher russischer Reisepässe auf Gebiete der Ukraine, die nicht von der Regierung kontrolliert werden, insbesondere die Regionen Cherson und Saporischschja, ausdehnt. Die Mitgliedstaaten sollten russische Reisepässe, die in besetzten Gebieten der Ukraine ausgestellt wurden, nicht als gültige Dokumente für die Ausstellung von Visa und das Überschreiten der EU-Außengrenzen anerkennen. Mit diesem Legislativvorschlag wird ein in allen Mitgliedstaaten geltender verbindlicher Ansatz gewährleistet, der die freiwilligen Maßnahmen ersetzt, die die Mitgliedstaaten seit der rechtswidrigen Annexion der Krim ergriffen haben. Dies ist ein weiterer Schritt im Rahmen der gemeinsamen Reaktion der EU auf die militärische Aggression Russlands gegen die Ukraine und die Praxis Russlands, Reisepässe in besetzten ausländischen Regionen auszuhändigen.

Nächste Schritte

Als nächstes muss der Rat nun den Vorschlag zur Aussetzung des Visaerleichterungsabkommens prüfen und annehmen. Nach der Annahme des Vorschlags tritt die Aussetzung am zweiten Tag nach der Veröffentlichung des entsprechenden Beschlusses im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft. Der Beschluss über die Aussetzung wird Russland spätestens 48 Stunden vor seinem Inkrafttreten mitgeteilt.

Es ist Sache des Europäischen Parlaments und des Rates, über den Vorschlag zur Nichtanerkennung russischer Reisedokumente, die in besetzten ausländischen Regionen ausgestellt wurden, zu entscheiden. Die Maßnahmen treten am ersten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Die Kommission wird demnächst zusätzliche Leitlinien vorlegen, um die Konsulate der Mitgliedstaaten bei allgemeinen Visumfragen mit Russland, darunter auch bei der Umsetzung der Aussetzung des Visaerleichterungsabkommens, zu unterstützen.

Hintergrund

Das Visaerleichterungsabkommen zwischen der EU und Russland ist im Juni 2007 in Kraft getreten. Es erleichtert die Erteilung von Visa für Bürgerinnen und Bürger der Union und der Russischen Föderation für geplante Aufenthalte von höchstens 90 Tagen je Zeitraum von 180 Tagen.

Mit Stand 1. September 2022 waren rund 963.000 russische Staatsangehörige im Besitz gültiger Visa für den Schengen-Raum.

Bei ihrem informellen Treffen am 31. August verständigten sich die Außenministerinnen und -minister auf ein gemeinsames und koordiniertes Vorgehen bei der Ausstellung von Visa für russische Staatsangehörige, einschließlich der vollständigen Aussetzung des Visaerleichterungsabkommens mit Russland. Sie vereinbarten ebenfalls, dass die von den russischen Behörden in den besetzten Gebieten der Ukraine ausgestellten Pässe nicht anerkannt werden sollen. Visumanträge sollen weiterhin auf der Grundlage einer Einzelfallprüfung bearbeitet werden.

Die EU hatte das Visaerleichterungsabkommen mit Russland bereits am 25. Februar 2022 teilweise ausgesetzt, und zwar in Bezug auf russische Amtsträger und Geschäftsleute. Mit dem heutigen Vorschlag wird das Abkommen vollständig ausgesetzt, wobei alle Erleichterungen für alle russischen Antragstellerinnen und Antragsteller ausgesetzt werden.

Der Vorschlag zur Nichtanerkennung von Reisepässen erfolgt, nachdem die Kommission bereits in den Jahren 2014, 2016 und 2019 eine Reihe von Leitlinien für die Mitgliedstaaten zur Abwicklung von Visumanträgen für Bewohner der Krim sowie der Regionen Donetsk und Luhansk und über die Nichtanerkennung bestimmter russischer Reisepässe herausgegeben hatte.

Die Union bekräftigt, dass sie die Unabhängigkeit, Souveränität und territoriale Unversehrtheit der Ukraine innerhalb ihrer international anerkannten Grenzen rückhaltlos unterstützt.

Weitere Informationen:

Vollständige Pressemitteilung

Fragen und Antworten

Vorschlag für einen Beschluss des Rates über die Aussetzung der Anwendung des Visaerleichterungsabkommens zwischen der EU und Russland

Vorschlag für einen Beschluss des Europäischen Parlaments und des Rates über die Nichtanerkennung russischer Reisedokumente, die in besetzten ausländischen Regionen ausgestellt wurden

Visaerleichterungsabkommen EU-Russland

Pressekontakt: katrin [dot] ABELEatec [dot] europa [dot] eu (Katrin Abele), Tel.: +49 (30) 2280-2140. Mehr Informationen zu allen Pressekontakten hier.

Anfragen von Bürgerinnen und Bürgern beantwortet das Team des Besucherzentrums ERLEBNIS EUROPA per frageaterlebnis-europa [dot] eu (E-Mail) oder telefonisch unter (030) 2280 2900.

Einzelheiten

Datum der Veröffentlichung
7. September 2022
Autor
Vertretung in Deutschland