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Vertretung in Deutschland
Zusatzinformation9. Mai 2019Vertretung in Deutschland

Mythos: Wirtschaftspartnerschaftsabkommen der EU mit Entwicklungsländern zerstören deren lokale Märkte

Fakt ist: Wirtschaftspartnerschaftsabkommen (WPA) zwischen der EU und den Staaten Afrikas, des karibischen Raums und des Pazifischen Ozeans (AKP) sind so zugeschnitten, dass sie auf die spezifischen Anforderungen und wirtschaftlichen...

Die AKP-Staaten, die ein solches Abkommen mit der EU geschlossen haben, können ihre Waren zoll- und kontingentfrei, also ohne jede Beschränkung, in die Europäische Union ausführen. Sie können zudem das für die Herstellung der Waren benötigte Werkzeug wie Maschinen oder Bauteile günstiger in ihr Land einführen. In den Abkommen ist außerdem ein entwicklungspolitischer Ansatz enthalten. Die EU unterstützt die Länder dabei, ihre Industrialisierung und Warenhandelskapazitäten voranzutreiben und so dauerhaft auf eigenen Füßen zu stehen und international wettbewerbsfähiger zu werden.

Produzenten vor Ort werden geschützt

Umgekehrt gilt, dass aus der EU in die AKP-Staaten eingeführte Waren jedoch mit Zöllen belegt werden können. Dabei steht der Schutz sensibler Güter, die dem internationalen Wettbewerb möglicherweise nicht standhalten können, an vorderster Stelle. Indem die AKP-Staaten auf für sie wichtige oder sensible Güter wie etwa besondere Lebensmittel Zölle beibehalten können, können sie ihre einheimischen Produzenten weiterhin schützen. So hat Ghana die Zölle auf europäisches Geflügelfleisch erhöht, um die heimische Herstellung nicht zu gefährden. Als weitere Schutzmaßnahme dienen Einfuhrkontingente. Sollte die Einfuhr bestimmter Waren plötzlich nach oben schnellen, können zu deren Eindämmung Einfuhrkontingente festgesetzt werden. Besonders schwache Länder sind durch einen Sonderstatus zusätzlich geschützt und behalten auch bei Nichtunterzeichnung der WPAs das Privileg des freien Marktzugangs zur EU.

Im vergangenen Jahr betrug das Handelsvolumen der Europäischen Union mit Staaten der sogenannten AKP-Gruppe – einem internationalen Zusammenschluss von aktuell 79 Ländern in Afrika, der Karibik und der Pazifik-Region – nur etwa 5 Prozent. Vor allem unverarbeitete Agrarprodukte erreichen die EU aus diesen Ländern, während die EU vermehrt hochwertige Produkte und Dienstleistungen dorthin exportiert.

Damit sich genau das ändert, wurde seitens der EU ein langjähriger Prozess in Gang gesetzt, bei dem durch die maßgeschneiderten Wirtschaftspartnerschaftsabkommen den einzelnen Partnerregionen und Ländern der Zugang zum Weltmarkt erleichtert werden soll.

Doch wie genau sieht so ein Übereinkommen aus? Was regelt es?

Um diese Fragen zu beantworten hilft ein Blick auf das Wirtschaftspartnerschaftsabkommen, mit den Ländern des südlichen Afrika, das im Juni 2016 durch Botswana, Lesotho, Namibia, Südafrika und Swasiland unterzeichnet wurde. Mosambik muss noch ratifizieren. Es sieht eine schrittweise, asymmetrische Marktöffnung vor. Das bedeutet, die Länder haben weiterhin freien Marktzugang zur EU, öffnen aber ihre Märkte nach und nach teilweise für EU-Exporte. So erhalten sie die Möglichkeit, die hochwertig verarbeiteten Produkte kostengünstiger einzuführen, die sie zur Ankurbelung des Wachstums benötigen.

Es bringt überdies für Hersteller aus Ländern des südlichen Afrikas mehr Flexibilität. Wenn sie Waren produzieren oder weiterverarbeiten, die in einem der Nachbarländer vorproduziert wurde, laufen sie nicht in Gefahr, ihren zollfreien Zugang zum EU-Markt zu verlieren. Das hat den Vorteil, dass die regionale Wertschöpfungskette unterstützt wird und die Länder ihre Beziehungen untereinander vertiefen.

Waffen und Munition sind laut Konvention explizit vom Handel ausgeschlossen. Außerdem verpflichten sich alle Partner des Abkommens zu hohen Standards in den Bereichen Umweltschutz und Arbeitsbedingungen, die nicht dem Streben nach Handel und Investitionen zum Opfer fallen dürfen. Alle diese Regelungen haben genau ein Ziel: Die Wirtschaft der AKPs stärken und das so risikoarm wie möglich.

Mit ihrem Fokus auf die Wahrung der Selbstbestimmung der Partnerländer, knüpfen die Verhandlungen um die Wirtschaftspartnerschaftsabkommen historisch an das Cotonou-Abkommen an, das im Jahr 2000 unterzeichnet wurde. Es handelt sich hierbei um einen völkerrechtlichen Vertrag, der das zwischenstaatliche Verhältnis im Bereich Entwicklungshilfe, Handel (v.a. in Hinblick auf Zollbestimmungen), Investitionen und Menschenrechte regelt.

Weitere Informationen:

Faktenblatt über die Vorteile der Wirtschaftspartnerschaftsabkommen in englischer Sprache

Ein Überblick über Wirtschaftspartnerschaftsabkommen allgemein und über den aktuellen Stand der Wirtschaftspartnerschaftsabkommen in englischer Sprache

Ein Überblick über die wirtschaftlichen Beziehungen der EU zu den AKP-Staaten und bisherige Abkommen.

Anfragen von Bürgerinnen und Bürgern beantwortet der Infopunkt der Berliner Vertretung der Europäischen Kommission per infoateuropa-punkt [dot] de (E-Mail) oder telefonisch unter (030) 2280 2900.

Einzelheiten

Datum der Veröffentlichung
9. Mai 2019
Autor
Vertretung in Deutschland