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Vertretung in Deutschland
Pressemitteilung30. November 2023Vertretung in DeutschlandLesedauer: 2 Min

Schutz von Journalisten und Zivilgesellschaft: EU-Gesetzgeber einigen sich auf Regeln gegen missbräuchlichen Klagen

Die EU bekommt erstmals ein verbindliches europäisches Rechtsinstrument gegen missbräuchliche Klagen, sogenannte SLAPP-Klagen. Darauf haben sich Europäisches Parlament und Rat politisch geeinigt.

Die missbräuchlichen Klagen werden vor allem gegen Journalistinnen und Journalisten, Menschenrechtsaktivistinnen und ‑aktivisten sowie Organisationen der Zivilgesellschaft eingesetzt. Wie die Kommission im April 2022 vorgeschlagen hatte, werden mit der Richtlinie wirksame verfahrensrechtliche Schutzmaßnahmen für grenzüberschreitende SLAPP-Klagen eingeführt. Dies hatte die Zivilgesellschaft nach der Ermordung der maltesischen Journalistin Daphne Caruana Galizia gefordert.

EU-Kommissionsvizepräsidentin Věra Jourová begrüßte die Einigung: „Strategische Klagen gegen öffentliche Beteiligung treten in der EU inzwischen häufiger auf. Hier werden Geld und Macht gezielt eingesetzt, um Journalistinnen und Journalisten oder auch Menschenrechtsaktivistinnen und -aktivisten mundtot zu machen. Das neue Gesetz wird all jene abschrecken, die mit solchen missbräuchlichen Klagen liebäugeln. Zugleich werden die Rechte der Opfer von SLAPP-Klagen gestärkt, damit sie sich besser wehren können. Wir wollen diejenigen schützen, die Gefahren auf sich nehmen, um die Bürgerinnen und Bürger über gesellschaftlich relevante Fragen zu informieren.“

Die neuen Vorschriften beinhalten unter anderem Folgendes:

  • die vorzeitige Abweisung offensichtlich unbegründeter Klagen sowie Rechtsbehelfe gegen missbräuchliche Gerichtsverfahren, insbesondere auch die Auferlegung von sämtlichen Kosten, Sanktionen oder sonstigen geeigneten Maßnahmen mit gleicher Wirkung,
  • den Schutz vor Drittlandsurteilen, die in der EU nicht anerkannt oder vollstreckt werden.

Die Richtlinie gehört zum selben Paket wie die horizontale Empfehlung der Kommission gegen SLAPP-Klagen, die 2022 angenommen wurde und bereits umgesetzt wird.

Nächste Schritte

Der Text, auf den sich das Europäische Parlament und der Rat politisch verständigt haben, muss nun noch von beiden Organen förmlich angenommen werden.

Hintergrund

In dem im Dezember 2020 angenommenen Aktionsplan für Demokratie in Europa wurde eine Reihe konkreter Initiativen angekündigt, um die Medienfreiheit und den Medienpluralismus zu fördern und zu schützen. Dazu gehörte auch eine Maßnahme zum Schutz von Journalistinnen und Journalisten sowie Organisationen der Zivilgesellschaft vor SLAPP-Klagen. Klagemissbrauch ist in der EU auf dem Vormarsch. Nicht selten sind Betroffene in mehreren Rechtsräumen mit mehreren Klagen gleichzeitig konfrontiert.

In manchen Mitgliedstaaten sind SLAPP-Klagen ein ernsthaftes Problem, wie in den Rechtsstaatlichkeitsberichten 2020 und 2021 festgestellt wurde. Im Rahmen des Projekts „Media Freedom Rapid Response“ (MFRR) wurden im Jahr 2021 in der EU 626 Verstöße gegen die Pressefreiheit, darunter zahlreiche SLAPP-Klagen, dokumentiert, die 1063 Personen und Medienunternehmen in 30 Ländern trafen.

Ein tragisches Beispiel ist die Journalistin Daphne Caruana Galizia, gegen die 2017 zum Zeitpunkt ihrer Ermordung 43 Klagen anhängig waren. Bei SLAPP-Klagen geht es nicht um Gerechtigkeit, sondern darum, die Verklagten durch langwierige Verfahren finanziell und anderweitig unter Druck zu setzen, einzuschüchtern und mundtot zu machen. Wer solche Gefahren auf sich nimmt, um seinen Informationsauftrag gegenüber der Öffentlichkeit gewissenhaft zu erfüllen, muss konkret unterstützt und geschützt werden können.

Zielscheibe sind aber nicht nur Journalistinnen Journalisten. Auch wer sich für Menschenrechte oder die Umwelt einsetzt, kann, ebenso wie Organisationen der Zivilgesellschaft, Opfer von SLAPP-Klagen werden.

Weitere Informationen:

Vollständige Pressemitteilung

Vorschlag für eine Richtlinie zum Schutz von Personen, die sich öffentlich beteiligen, vor offenkundig unbegründeten oder missbräuchlichen Gerichtsverfahren („strategische Klagen gegen öffentliche Beteiligung“)

Pressekontakt: katrin [dot] ABELEatec [dot] europa [dot] eu (Katrin Abele), Tel.: +49 (30) 2280-2140. Mehr Informationen zu allen Pressekontakten hier.

Anfragen von Bürgerinnen und Bürgern beantwortet das Team des Besucherzentrums ERLEBNIS EUROPA per frageaterlebnis-europa [dot] eu (E-Mail) oder telefonisch unter (030) 2280 2900.

Einzelheiten

Datum der Veröffentlichung
30. November 2023
Autor
Vertretung in Deutschland