Die EU-Kommission hat (heute) eine Rahmenregelung mit einem Budget von rund 11 Mrd. Euro genehmigt, mit der Deutschland vor dem Hintergrund der Invasion der Ukraine durch Russland Unternehmen aller Wirtschaftszweige unterstützen will. „Diese Rahmenregelung wird es Deutschland ermöglichen, die wirtschaftlichen Auswirkungen von Putins Krieg in der Ukraine abzufedern und branchenübergreifend Unternehmen, die von der derzeitigen Krise und den damit verbundenen Sanktionen betroffen sind, weiter zu unterstützen“, so die Exekutiv-Vizepräsidentin der Kommission, Margrethe Vestager. „Wir stehen weiter an der Seite der Ukraine und des ukrainischen Volkes. Gleichzeitig arbeiten wir weiterhin eng mit den Mitgliedstaaten zusammen, sodass die nationalen Unterstützungsmaßnahmen rechtzeitig sowie auf koordinierte und effiziente Weise eingeführt werden können und gleichzeitig faire Wettbewerbsbedingungen im Binnenmarkt gewahrt werden.“
Die deutsche Rahmenregelung wurde auf der Grundlage des am 23. März 2022 von der Kommission erlassenen Befristeten Krisenrahmens für staatliche Beihilfen genehmigt, in dem die Kommission mit Blick auf Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe b des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) anerkennt, dass das Wirtschaftsleben der gesamten EU beträchtlich gestört ist.
Die deutsche Rahmenregelung
Deutschland hat vor dem Hintergrund der Invasion der Ukraine durch Russland eine Beihilfe-Rahmenregelung mit einem Volumen von rund 11 Mrd. Euro angemeldet, mit der Unternehmen aus allen Wirtschaftszweigen unterstützt werden sollen. Diese Regelung folgt auf eine Maßnahme, die die Kommission am 19. April 2022 genehmigt hatte (SA.102542).
Mit dieser Rahmenregelung, die von Bundes-, Landes- und Kommunalbehörden verwaltet wird, können Beihilfen in Form von Kreditbürgschaften („Garantieregelung“) und zinsvergünstigten Darlehen („Regelung für zinsvergünstigte Darlehen“) gewährt werden.
Angesichts der durch die gegenwärtige geopolitische Lage bedingten großen wirtschaftlichen Unsicherheit soll die Regelung dafür sorgen, dass bedürftigen Unternehmen ausreichende Liquidität zur Verfügung steht.
Die Regelung steht allen Wirtschaftszweigen außer Kredit- und Finanzinstituten offen. Im Rahmen der Garantieregelung können Unternehmen neue Darlehen aufnehmen, die durch eine staatliche Bürgschaft von bis zu 90 Prozent des Darlehensbetrags (oder 35 Prozent, wenn Verluste zunächst zu Lasten des Staates und erst danach zu Lasten der Kreditinstitute gehen) besichert werden. Im Rahmen der Regelung für zinsvergünstigte Darlehen können die Beihilfeempfänger Darlehen zu ermäßigten Zinssätzen erhalten, um ihren Investitions- und/oder Betriebsmittelbedarf zu decken.
Der maximale Darlehensbetrag je Empfänger, für den entweder Zinsvergünstigungen oder eine staatliche Bürgschaft in Anspruch genommen werden können, beträgt entweder 15 Prozent des durchschnittlichen jährlichen Gesamtumsatzes des Empfängers in einem festen Zeitraum oder 50 Prozent der während eines vorab festgelegten Zwölfmonatszeitraums angefallenen Energiekosten. In Ausnahmefällen und bei angemessener Begründung kann der Darlehensbetrag erhöht werden, um den Liquiditätsbedarf eines Begünstigten für einen Zeitraum von zwölf (im Falle kleiner oder mittlerer Unternehmen) oder von sechs Monaten (im Falle großer Unternehmen) zu decken.
Die Kommission hat festgestellt, dass die von Deutschland angemeldete Rahmenregelung die im Befristeten Krisenrahmen vorgesehenen Voraussetzungen erfüllt. Insbesondere darf die Laufzeit der Bürgschaften und Darlehen acht Jahre nicht überschreiten. Zudem stehen die Bürgschaftsprämien und die für die Darlehen zu entrichtenden (und gebunden an die Laufzeit des Darlehens progressiv ansteigenden) Zinssätze mit den im Befristeten Krisenrahmen festgelegten Mindestsätzen im Einklang. Schließlich dürfen Beihilfen aufgrund dieser Rahmenregelung nur bis zum 31. Dezember 2022 gewährt werden.
Darüber hinaus wird die Förderung unter anderem an folgende Auflagen zur Vermeidung übermäßiger Wettbewerbsverzerrungen geknüpft: Der Beihilfebetrag, den ein Unternehmen erhält, muss in einem angemessenen Verhältnis zum Umfang seiner wirtschaftlichen Tätigkeit stehen. Die mit der Maßnahme gewährten Vorteile müssen ferner über die Finanzintermediäre so weit wie möglich an die Endbegünstigten weitergegeben werden.
Die Kommission ist daher zu dem Schluss gekommen, dass die von Deutschland angemeldete Rahmenregelung erforderlich, geeignet und angemessen ist, um eine beträchtliche Störung im Wirtschaftsleben eines Mitgliedstaats zu beheben, und folglich mit Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe b AEUV und den im Befristeten Krisenrahmen festgelegten Voraussetzungen im Einklang steht. Entsprechend hat die Kommission die Regelung nach den EU-Beihilfevorschriften genehmigt.
Hintergrund
Die Europäische Kommission hat am 23. März 2022 einen Befristeten Krisenrahmen für staatliche Beihilfen angenommen, der die Mitgliedstaaten in die Lage versetzt, den in den Beihilfevorschriften vorgesehenen Spielraum zu nutzen, um die Wirtschaft infolge der Invasion der Ukraine durch Russland zu stützen.
Dieser Befristete Krisenrahmen sieht vor, dass die Mitgliedstaaten folgende Arten von Beihilfen gewähren können:
- Beihilfen begrenzter Höhe in jeglicher Form: für von der Krise betroffene Unternehmen, die in Landwirtschaft, Fischerei oder Aquakultur tätig sind, Beihilfen von bis zu 35.000 Euro je Unternehmen, und für betroffene Unternehmen aus anderen Wirtschaftszweigen jeweils bis zu 400.000 Euro,
- Liquiditätshilfen in Form von staatlichen Garantien und zinsvergünstigten Darlehen und
- Beihilfen zur Entschädigung für die höheren Energiepreise. Die Beihilfen können in jeglicher Form gewährt werden. Sie sollen die Unternehmen, insbesondere energieintensive Unternehmen, von einem Teil der Mehrkosten entlasten, die ihnen aufgrund der außergewöhnlich hohen Gas- und Strompreise entstehen. Die Gesamtbeihilfe je Empfänger darf sich zu keinem Zeitpunkt auf mehr als 30 Prozent der beihilfefähigen Kosten oder mehr als 2 Mio. Euro belaufen. Wenn dem Unternehmen Betriebsverluste entstehen, können jedoch weitere Beihilfen erforderlich sein, um die Aufrechterhaltung der betreffenden wirtschaftlichen Tätigkeit zu gewährleisten. Daher sind die Beihilfeintensitäten bei energieintensiven Unternehmen höher, und die Mitgliedstaaten können diese Obergrenzen überschreitende Beihilfen von bis zu 25 Mio. Euro bzw. bei Unternehmen, die in besonders betroffenen Sektoren und Teilsektoren tätig sind, bis zu 50 Mio. Euro gewähren.
Diese Maßnahmen gelten nicht für von Russland kontrollierte Unternehmen, die mit Sanktionen belegt wurden.
Der Befristete Krisenrahmen enthält eine Reihe von Vorkehrungen:
- Verhältnismäßigkeit: Der Beihilfebetrag, der einem Unternehmen gewährt werden kann, muss in einem angemessenen Verhältnis zum Umfang seiner wirtschaftlichen Tätigkeit sowie zu dem Maß bestehen, in dem es von den wirtschaftlichen Auswirkungen der Krise betroffen ist;
- Beihilfefähigkeit: Beispielsweise ist der Begriff „energieintensiver Betrieb“ definiert als ein Unternehmen, dessen Energiebeschaffungskosten sich auf mindestens 3 % seines Produktionswertes belaufen; und
- Nachhaltigkeitskriterien: Die Mitgliedstaaten werden aufgefordert zu erwägen, für die Gewährung von Beihilfen zur Entschädigung für Mehrkosten aufgrund außergewöhnlich hoher Gas- und Strompreise in nichtdiskriminierender Weise Anforderungen in Bezug auf den Umweltschutz oder die Versorgungssicherheit festzulegen.
Der Befristete Krisenrahmen gilt bis zum 31. Dezember 2022. Um für Rechtssicherheit zu sorgen, wird die Kommission vor Ablauf dieser Frist prüfen, ob eine Verlängerung erforderlich ist. Außerdem wird die Kommission den Inhalt und den Anwendungsbereich des Rahmens während seiner Geltungsdauer vor dem Hintergrund der Entwicklungen auf den Energie- und anderen Inputmärkten sowie der allgemeinen Wirtschaftslage fortlaufend überprüfen.
Der Befristete Krisenrahmen ergänzt die umfangreichen Möglichkeiten der Mitgliedstaaten, Maßnahmen im Einklang mit den geltenden EU-Beihilfevorschriften zu konzipieren. Zum Beispiel können die Mitgliedstaaten auf der Grundlage der EU-Beihilfevorschriften Unternehmen unterstützen, die mit Liquiditätsengpässen zu kämpfen haben und dringend Rettungsbeihilfen benötigen. Darüber hinaus können die Mitgliedstaaten Unternehmen auf der Grundlage des Artikels 107 Absatz 2 Buchstabe b des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union Entschädigungen für Einbußen gewähren, die ihnen direkt durch ein außergewöhnliches Ereignis – wie die aktuelle Krise – entstanden sind.
Ferner nahm die Kommission am 19. März 2020 vor dem Hintergrund der COVID-19-Pandemie einen Befristeten Rahmen an. Der Befristete COVID-19-Rahmen wurde am 3. April, 8. Mai, 29. Juni und 13. Oktober 2020 sowie am 28. Januar und 18. November 2021 geändert.
Sobald alle Fragen im Zusammenhang mit dem Schutz vertraulicher Daten geklärt sind, wird die nichtvertrauliche Fassung des Beschlusses über das Beihilfenregister auf der Website der GD Wettbewerb der Kommission unter der Nummer SA.102631 zugänglich gemacht. Über neu im Internet und im Amtsblatt veröffentlichte Beihilfebeschlüsse informiert der elektronische Newsletter Competition Weekly e-News.
Weitere Informationen zu dem Befristeten Krisenrahmen und anderen Maßnahmen der Kommission zur Bewältigung der wirtschaftlichen Auswirkungen der Invasion der Ukraine durch Russland sind hier abrufbar.
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Einzelheiten
- Datum der Veröffentlichung
- 4. Mai 2022
- Autor
- Vertretung in Deutschland