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Vertretung in Deutschland
Pressemitteilung12. September 2022Vertretung in DeutschlandLesedauer: 4 Min

Visa für russische Staatsangehörige: Kommission empfiehlt strikteres Vorgehen

Zu sehen sind EU-Flaggen

Anträge von russischen Staatsangehörigen auf Visa für einen kurzfristigen Aufenthalt in der EU sollen künftig strenger geprüft werden. Entsprechende Leitlinien hat die EU-Kommission am vergangenen Freitag vorgelegt. Sie sollen die Konsulate der Mitgliedstaaten bei der Bearbeitung von Visaanträgen unterstützen und ein gemeinsames Vorgehen gewährleisten. EU-Innenkommissarin Ylva Johansson erklärte: „Die EU als Tourist zu bereisen, ist kein Grundrecht. Mit den Leitlinien wird den Mitgliedstaaten empfohlen, Visumanträge russischer Staatsangehöriger gründlich und umfassend zu prüfen. Wenn die Konsulate Sicherheitsrisiken feststellen, sollten sie ein Visum verweigern. Die Konsulate sollten zudem Visumanträge von Personen, deren Reise in die EU nicht unbedingt notwendig ist, mit niedrigerer Priorität behandeln. Die EU wird weiterhin Personen offenstehen, denen wir Schutz bieten müssen, wie Journalisten, Dissidenten, Menschenrechtsaktivisten und Menschen, die aus familiären Gründen reisen.“

Die Leitlinien gehen auf die politische Einigung zurück, die die Außenministerinnen und -minister bei ihrer informellen Tagung vom 31. August über ein koordiniertes Vorgehen bei der Erteilung von Visa für russische Staatsangehörige erzielt haben. Sie begleiten den Beschluss des Rates zur Aussetzung des Visaerleichterungsabkommens zwischen der EU und Russland. Die Leitlinien bieten den Mitgliedstaaten einen großen Ermessensspielraum sowie eine Grundlage für eine eingehendere Prüfung von Anträgen russischer Staatsangehöriger auf Erteilung von Kurzaufenthaltsvisa.

Längeres und gründlicheres Antragstellungsverfahren

Die Konsulate können ihre Verfahren zur Bearbeitung von in Russland gestellten Anträgen auf Kurzaufenthaltsvisa anpassen, indem sie die im Rahmen der EU-Visavorschriften bestehenden Möglichkeiten voll ausschöpfen und bei der Prüfung der Anträge angesichts der erhöhten Risiken für die Sicherheit und die öffentliche Ordnung der Mitgliedstaaten infolge des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine strengere Maßstäbe anlegen. Weitere Anpassungen der Antragsverfahren sind außerdem erforderlich, weil die Konsulate aufgrund der Ausweisung konsularischer und diplomatischer Mitarbeiter zahlreicher Mitgliedstaaten durch die russischen Behörden mit deutlich weniger Personal arbeiten.

Im derzeitigen Kontext können die Konsulate

  • nicht unbedingt notwendige Reisen weniger dringlich behandeln: Die Konsulate sollen Anträge von Personen, die keinen dringenden Reisegrund haben, wie Touristen, bei der Vergabe von Visumantragsterminen weniger dringlich behandeln.
  • die Frist für die Entscheidung über Visumanträge verlängern: Die Konsulate können für die Entscheidung über Visumanträge bis zu 45 Tage ansetzen (im Regelfall sind es 15 Tage), um die von russischen Staatsangehörigen gestellten Anträge gründlicher prüfen zu können.
  • zusätzliche Belege anfordern: Die Konsulate der Mitgliedstaaten können zusätzliche Belege anfordern, die nicht in der Standardliste vorgesehen sind, um insbesondere im Hinblick auf mögliche Gefahren für die öffentliche Ordnung und die internationalen Beziehungen eine besonders genaue Prüfung zu gewährleisten.

Strengere Prüfung von Visumanträgen und bestehenden Visa

Angesichts der derzeitigen Sicherheitslage sollten die Konsulate der Mitgliedstaaten besonders eingehend prüfen, ob russische Staatsangehörige, die ein Visum für einen kurzfristigen Aufenthalt beantragen, als Gefahr für die öffentliche Ordnung, die innere Sicherheit oder die internationalen Beziehungen eines Mitgliedstaats angesehen werden könnten. Ist dies der Fall, sollte das Visum verweigert werden; die Entscheidung sollte dabei stets auf einer Einzelfallprüfung beruhen. Die Mitgliedstaaten sollten ein Visum auch verweigern, wenn Zweifel an der Absicht des Antragstellers bestehen, das Hoheitsgebiet der EU nach Ablauf der Gültigkeitsdauer des Visums zu verlassen.

Ebenso sollten die Mitgliedstaaten bei der Neubewertung gültiger Visa für einen kurzfristigen Aufenthalt, die russischen Staatsangehörigen bereits erteilt wurden, einen strikten Ansatz verfolgen. Wenn sich herausstellt, dass die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Visums nicht mehr erfüllt sind, z. B. weil der Visuminhaber nunmehr als Gefahr für die Sicherheit betrachtet wird, sollten die Mitgliedstaaten das bestehende Visum aufheben.

Die Mitgliedstaaten sollten von der Ausstellung von Visa für die mehrfache Einreise mit langer Gültigkeitsdauer absehen, da russische Staatsangehörige angesichts der wirtschaftlichen Instabilität, der restriktiven Maßnahmen und der politischen Entwicklungen in Russland langfristig möglicherweise nicht die Voraussetzungen für die Einreise in die EU erfüllen. In solchen Fällen sollten die Mitgliedstaaten die Ausstellung von Visa für die einmalige Einreise oder von Visa mit kürzerer Gültigkeitsdauer in Betracht ziehen.

Nächste Schritte

Die Leitlinien werden die Mitgliedstaaten und ihre Konsulate bei der Bearbeitung von Visumanträgen russischer Staatsangehöriger und bei der Umsetzung der vollständigen Aussetzung der Visaerleichterungen für russische Staatsangehörige unterstützen.

Die Mitgliedstaaten werden regelmäßig Informationen über die Umsetzung der heute vorgelegten Leitlinien austauschen, und zwar sowohl auf lokaler Ebene unter Koordinierung der EU-Delegation in Russland als auch auf EU-Ebene über die Arbeitsgruppe „Visa“ des Rates. Dies wird dazu beitragen, eine koordinierte Vorgehensweise zu gewährleisten.

Darüber hinaus werden die Mitgliedstaaten der Kommission regelmäßig Bericht erstatten.

Hintergrund

Die Außenministerinnen und -minister erzielten bei ihrer informellen Tagung vom 31. August eine Einigung über ein gemeinsames und koordiniertes Vorgehen in Bezug auf Visa für russische Staatsangehörige. Die Einigung umfasst die am Freitag vom Rat förmlich vereinbarte Aussetzung des EU-Visaerleichterungsabkommens mit Russland sowie den Vorschlag der Kommission vom 6. September für das gemeinsame Vorgehen der EU bei der Nichtanerkennung russischer Reisepässe, die in besetzten ausländischen Regionen ausgestellt werden. Ferner haben die Ministerinnen und Minister vereinbart, dass Visumanträge weiterhin auf der Grundlage einer Einzelfallprüfung bearbeitet werden sollen.

Weitere Informationen:

Vollständige Pressemitteilung

Mitteilung der Kommission mit Leitlinien zur generellen Vorgehensweise bei der Ausstellung von Visa für russische Antragsteller

Beschluss des Rates über die Aussetzung der Anwendung des Visaerleichterungsabkommens zwischen der EU und Russland

Pressemitteilung: Kommission schlägt vollständige Aussetzung des Visaerleichterungsabkommens mit Russland vor, 6. September 2022

Pressekontakt: katrin [dot] ABELEatec [dot] europa [dot] eu (Katrin Abele), Tel.: +49 (30) 2280-2140. Mehr Informationen zu allen Pressekontakten hier.

Anfragen von Bürgerinnen und Bürgern beantwortet das Team des Besucherzentrums ERLEBNIS EUROPA per frageaterlebnis-europa [dot] eu (E-Mail) oder telefonisch unter (030) 2280 2900.

Einzelheiten

Datum der Veröffentlichung
12. September 2022
Autor
Vertretung in Deutschland