Erweiterungspaket 2024: historische Chance für Beitrittsländer, die EU-Staaten und die EU - Europäische Kommission
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  • 30. Oktober 2024
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Erweiterungspaket 2024: historische Chance für Beitrittsländer, die EU-Staaten und die EU

Die Europäische Kommission hat ihr jährliches Erweiterungspaket angenommen, mit einer detaillierten Bewertung des Sachstands und der Fortschritte der Länder Albanien, Bosnien und Herzegowina, Kosovo, Montenegro, Nordmazedonien, Serbien, Georgien, der Republik Moldau, der Ukraine und der Türkei auf ihrem jeweiligen Weg zum EU-Beitritt. Dazu kommen Leitlinien für die künftigen Reformprioritäten. Die Erweiterung ist sowohl für die Beitrittsländer als auch für die EU-Mitgliedstaaten und die EU insgesamt eine historische Chance. Eine größere und stärkere Union hat erhebliche sozioökonomische, politische und sicherheitspolitische Vorteile.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen verwies auf den angespannten geopolitischen Kontext. „Er macht es dringender denn je, dass wir die Wiedervereinigung unseres Kontinents unter denselben Werten der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit vollenden. Wir haben in den vergangenen Jahren bereits große Fortschritte bei der Integration neuer Mitgliedstaaten gemacht. Und die Erweiterung bleibt eine der obersten Prioritäten der neuen Kommission.“ 

Strategische Entscheidung für Beitrittsländer, Investition für alle

Der Hohe Vertreter der EU für Sicherheits- und Außenpolitik Josep Borrell sprach von beispiellosen Herausforderungen und wie wichtig eine neue Dynamik bei der Erweiterungsprozess ist: „Unsere Partner haben das ernst genommen. Mehr denn je ist die EU-Mitgliedschaft eine strategische Entscheidung. Die Angleichung an die Werte der EU, beginnend mit der Rechtsstaatlichkeit, und die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der EU sind der wichtigste Hinweis auf die strategische Ausrichtung im neuen geopolitischen Kontext. Durch unseren leistungsorientierten Prozess bauen wir gemeinsam eine stärkere Union auf.“ Der für Nachbarschaft und Erweiterung zuständige Kommissar Olivér Várhelyi bezeichnete den Erweiterungsprozess als geostrategische Investition „in Frieden, Stabilität, Sicherheit und sozioökonomisches Wachstum in Europa insgesamt“.  

Prozess ist gekoppelt an objektive Reformfortschritte

Der Erweiterungsprozess ist nach wie vor leistungsorientiert und hängt von den objektiven Fortschritten jedes Partners ab. Dies erfordert die Entschlossenheit, unumkehrbare Reformen in allen Bereichen des EU-Rechts unter besonderer Berücksichtigung der Grundlagen des Erweiterungsprozesses durchzuführen. Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Grundwerte werden weiterhin die Eckpfeiler der Erweiterungspolitik der EU sein. Die EU-Mitgliedschaft bleibt eine strategische Entscheidung. 

Die Bewertung der Länder im Einzelnen

Der Erweiterungsprozess hat in den Jahren 2023 und 2024 neue Impulse erhalten. Im Folgenden sind die Entwicklungen in jedem der zehn Länder aufgeführt.

Albanien hatte am 28. April 2009 den Antrag auf Mitgliedschaft in der Europäischen Union gestellt. Seit dem 24. Juni 2014 hat das Land den Status als Beitrittskandidat, nach einer entsprechenden Empfehlung der Europäischen Kommission kurz zuvor. Der Screening-Prozess wurde Ende 2023 abgeschlossen. Im Oktober 2024 wurde das Cluster „Wesentliche Elemente“ eröffnet. Die Kommission begrüßt diesen Schritt und hält es für entscheidend, dass die Behörden die EU-orientierten Reformen weiter beschleunigen. Das gilt insbesondere in Bezug auf die Rechtsstaatlichkeit, die Konsolidierung der Erfolgsbilanz bei der Strafverfolgung, die wirksame Bekämpfung von Korruption und organisierter Kriminalität und die Förderung der Grundrechte, einschließlich Medienfreiheit, Eigentumsrechte und Minderheiten.

Bosnien und Herzegowina hatte am 15. Februar 2016 den Antrag auf Mitgliedschaft in der Europäischen Union gestellt. Am 15. Dezember 2022 verlieh der Rat dem Land den Status eines Beitrittskandidaten. Im März 2024 beschloss der Europäische Rat die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen. Die Kommission bescheinigt dem Land greifbare Ergebnisse unter anderem bei der Migrationssteuerung, der vollständigen Angleichung an die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der EU sowie der Verabschiedung von Rechtsvorschriften über die Integrität der Justiz, die Bekämpfung von Geldwäsche und Interessenkonflikten. Die Kommission bereitet den Verhandlungsrahmen vor, damit er vom Rat angenommen werden kann, sobald alle in der Empfehlung der Kommission vom Oktober 2022 dargelegten einschlägigen Schritte unternommen wurden.

Das Kosovo hatte am 15. Juni 2022 den Antrag auf Mitgliedschaft in der Europäischen Union gestellt. Das Land setzt sich weiterhin für EU-bezogene Reformen ein. Die Kommission ist bereit, eine Stellungnahme zum Beitrittsantrag des Kosovos auszuarbeiten, sobald der Rat darum ersucht. Bei der Bekämpfung der organisierten Kriminalität wurden Fortschritte erzielt, und die Rahmenbedingungen für Unternehmen wurden verbessert. Die Visaliberalisierung für das Kosovo trat am 1. Januar 2024 in Kraft. Das Kosovo muss seine Anstrengungen zur Stärkung der Rechtsstaatlichkeit und der öffentlichen Verwaltung und zum Schutz der Meinungsfreiheit intensivieren.

Montenegro hatte am 15. Dezember 2008 die Mitgliedschaft in der Europäischen Union beantragt. Der Rat kam einer entsprechenden Empfehlung der Kommission im November 2010 nach und verlieh dem Land am 17. Dezember 2010 den Beitrittskandidaten-Status. Nachdem Montenegro die Zwischenkriterien für die Kapitel über Rechtsstaatlichkeit erfüllt hat, ist es auf dem Weg, weitere Verhandlungskapitel vorläufig abzuschließen. Im Juni 2024 bestätigte die Regierungskonferenz, dass Montenegro die Zwischenkriterien für die Kapitel 23 und 24 zur Rechtsstaatlichkeit insgesamt erfüllt hat, und bot die Gelegenheit, weitere Kapitel vorläufig abzuschließen, sofern die Bedingungen erfüllt sind. Im Bereich der Rechtsstaatlichkeit und im Justizwesen sind weitere Fortschritte erforderlich.

Nordmazedonien hat am 22. März 2004 den Antrag auf Mitgliedschaft in der Europäischen Union gestellt. Gut eineinhalb Jahre später, im Dezember 2005, verlieh der Rat dem Land den Status eines Beitrittskandidaten. Die Beitrittsverhandlungen wurden am 19. Juli 2022 aufgenommen, die Screening-Sitzungen für alle sechs Cluster des EU-Besitzstands wurden im Dezember 2023 abgeschlossen. Die Kommission kommt zu dem Schluss, dass das Land die Umsetzung der EU-bezogenen Reformen fortsetzen muss, insbesondere im Rahmen des Clusters „Wesentliche Elemente“ und da in den Bereichen Justiz, Bekämpfung von Korruption und organisierter Kriminalität. Das Vertrauen in das Justizsystem muss gestärkt werden. 

Serbien hat am 22. Dezember 2009 den Antrag auf Mitgliedschaft in der Europäischen Union gestellt, das Land bekam am 1. März 2012 den Status als Beitrittskandidat verliehen. Die Beitrittsverhandlungen begannen am 21. Januar 2014. Die Bewertung der Kommission, wonach Serbien die Benchmarks für die Eröffnung von Cluster 3 (Wettbewerbsfähigkeit und inklusives Wachstum) technisch erfüllt, hat nach wie vor Bestand. Es wird erwartet, dass Serbien im kommenden Jahr die Arbeit an der Umsetzung der mit dem EU-Beitritt zusammenhängenden Reformen in allen Bereichen beschleunigt. Ein besonderer Fokus liegt dabei auf den Zwischenbenchmarks für die Rechtsstaatlichkeit und darauf, ein wirklich günstiges Umfeld für die Zivilgesellschaft und die Medien sicherzustellen. Auch müssen glaubwürdige Anstrengungen unternommen werden, um Desinformation und ausländische Informationsmanipulation zu unterbinden.

Das offizielle Beitrittsgesuch der Türkei stammt aus dem Jahr 1987, den Status als Beitrittskandidaten erlangte das Land 1999 und Beitrittsverhandlungen begannen am 3. Oktober 2005. Im Dezember 2006 wurde eine teilweise Aussetzung beschlossen. Die Türkei ist ein Beitrittskandidat und ein wichtiger Partner für die Europäische Union. Die Beitrittsverhandlungen mit dem Land kamen jedoch seit 2018 im Einklang mit dem Beschluss des Rates zum Stillstand. In den Bereichen Grundrechte und Rechtsstaatlichkeit, einschließlich der Unabhängigkeit der Justiz, bestehen nach wie vor ernste Bedenken. Der Dialog über Rechtsstaatlichkeit und Grundrechte ist nach wie vor integraler Bestandteil der Beziehungen zwischen der EU und der Türkei. Im Anschluss an die strategischen Leitlinien des Europäischen Rates vom April 2024 waren die Beziehungen zur Türkei durch eine schrittweise Wiederaufnahme der Beziehungen gekennzeichnet, und es wurden konkrete Schritte für einen konstruktiven Austausch über Fragen von gemeinsamem Interesse unternommen.

Die Ukraine hatte am 28. Februar 2022 ihren Antrag auf Mitgliedschaft in der Europäischen Union gestellt. Seit dem 24. Juni 2022 ist sie Beitrittskandidat, die entsprechende Empfehlung dafür hatte die Kommission wenige Tage zuvor, am 17. Juni 2022, ausgesprochen. Am 14. Dezember 2023 beschloss der Europäische Rat die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen, im Juni fanden die ersten Regierungskonferenzen statt. Der bilaterale Screening-Prozess (Prüfung des Besitzstandes) geht reibungslos voran. Die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine war eine wichtige Anerkennung der Entschlossenheit der Ukraine, Reformen auf dem Weg zum EU-Beitritt fortzusetzen. Sofern die Ukraine alle Bedingungen erfüllt, sieht die Kommission der Aufnahme von Verhandlungen über Cluster, beginnend mit den Grundlagen, so bald wie möglich im Jahr 2025 erwartungsvoll entgegen.

Die Republik Moldau hatte am 3. März 2022 ihren Antrag auf Mitgliedschaft in der Europäischen Union gestellt. Seit dem 24. Juni 2022 ist sie Beitrittskandidat, die entsprechende Empfehlung dafür hatte die Kommission wenige Tage zuvor, am 17. Juni 2022, ausgesprochen. Am 14. Dezember 2023 beschloss der Europäische Rat die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen. Ebenso wie im Fall Ukraine fanden die ersten Regierungskonferenzen im Juni statt und der bilaterale Screening-Prozess läuft reibungslos. Die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen war eine wichtige Anerkennung der Entschlossenheit Moldaus, trotz der anhaltenden Einmischung Russlands und der Auswirkungen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine Reformen auf dem Weg zum EU-Beitritt fortzusetzen. Sofern Moldau alle Bedingungen erfüllt, sieht die Kommission der Aufnahme von Verhandlungen über Cluster, beginnend mit den Grundlagen, schnellstmöglich im Jahr 2025 entgegen.

Georgien hatte am 3. März 2022 den Antrag auf Mitgliedschaft in der Europäischen Union gestellt. Seit dem 24. Juni 2022 hatte das Land eine Beitrittsperspektive, die entsprechende Empfehlung dafür hatte die Kommission wenige Tage zuvor, am 17. Juni 2022, ausgesprochen. Der Europäische Rat beschloss am 14. Dezember 2023, Georgien den Status eines Bewerberlandes zuzuerkennen, unter der Voraussetzung, dass das Land die von der Kommission kurz zuvor benannten Maßnahmen ergreift. Der EU-Beitrittsprozess wurde aufgrund der Maßnahmen, die die georgische Regierung seit dem Frühjahr 2024 ergriffen hat, mittlerweile de facto zum Stillstand gebracht. In den vorläufigen Ergebnissen der gemeinsamen internationalen Wahlbeobachtungsmission unter OSZE-Leitung wurden mehrere Mängel bei der Parlamentswahl am 26.10.2024 festgestellt, die in einem angespannten und stark polarisierten Umfeld stattfand. Zu den gemeldeten Schwachstellen gehören unter anderem die jüngsten Gesetzesänderungen am Wahlprozess, häufige Kompromisse in Bezug auf das Wahlgeheimnis, verfahrenstechnische Inkohärenzen, Einschüchterung und Druck auf Wählerinnen und Wähler, die sich negativ auf das Vertrauen der Öffentlichkeit in den Prozess ausgewirkt haben. Diese vorläufigen Ergebnisse bestätigen die Notwendigkeit einer umfassenden Wahlreform, die bereits in den wichtigsten Empfehlungen der Vergangenheit hervorgehoben wurde.

Nächste Schritte

Es ist nun Sache des Rates, die von der Kommission vorgelegten Empfehlungen zu prüfen und über die nächsten Schritte zu entscheiden.

Weitere Informationen

Vollständige Pressemitteilung

Mitteilung 2024 über die Erweiterungspolitik der EU

PK von Josep Borrell und Oliver Várhelyi 

Der EU-Beitritt Schritt für Schritt Factsheet (Prozess, Verhandlungskapitel/Cluster)

Erweiterungspaket 2023

Erweiterungspaket 2022

Erweiterungspaket 2021

Erweiterungspaket 2020

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Datum der Veröffentlichung
30. Oktober 2024
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